Über mögliche Wege zum Frieden im Nahen Osten schreibt uns dieser Leser:
Antony Blinken, Außenminister der USA, ist nicht zu beneiden. Er reist durch die Welt, kann derzeit aber nichts bewegen und weckt nur Unmut. In der Ukraine muss er gegenüber Präsident Selenskyi die halbe Zusage von Kampfflugzeugen wieder ganz zurücknehmen. Der Krieg wird also weitergehen.
Bei Netanjahu und seinen Nationalisten in Israel hält er die Aufteilung Palästinas in zwei Staaten aufrecht, die aber nie funktionieren wird. Sie ist eine Quelle von Attentaten, Übergriffen und Revanchen, die fast nahtlos ineinander übergehen. Eine Totgeburt, auch wenn die Mehrheit der westlichen Welt sie immer noch hinnimmt. Und in Ramallah protestiert der Palästinenserchef nicht gegen die völkerrechtswidrigen Siedlungen Israels auf seinem Boden, sondern schweigt grimmig vor sich hin. Vermutlich weil sein Staat ohne die Unterstützung der USA nicht lebensfähig wäre.
Überall Unzufriedenheit, Unterdrückung und Frustration. Dabei liegt die Lösung auf der Hand und ist sogar schon erprobt worden. Und zwar in Israel. Mansour Abbas, der Vorsitzende der Palästinenserpartei Ra’am, ist in die jüdisch geführte Koalitionsregierung von Naftali Bennett eingetreten. Danach haben von Juli 2021 bis Dezember 2022 beide Teilnationen im Geist der Demokratie und Gerechtigkeit gemeinsam regiert. Ohne Übergriffe und Attentate und folglich auch ohne die Notwendigkeit, Rache zu nehmen.
Nicht einmal anderthalb Jahre könnte man da einwenden. Bedenkt man aber die Eiertänze, die Netanjahu vollführen muss, um seine Macht mit Ultrareligiösen zu verteidigen, wirken die Monate Bennetts wie eine Phase der Stabilität, obwohl acht Parteien an seiner Regierung beteiligt waren.
Da kann man nur fragen, warum und wie lange noch die USA und die EU ihre Prinzipien der Demokratie und Gerechtigkeit den Völkern des Nahen Ostens vorenthalten werden. Wer einwendet, dass die Unterschiede zwischen ihnen zu groß seien, sollte die ultrabreite Kluft zwischen ihren Lebensbedingungen bedenken. Den Palästinensern in Israel geht es weit besser als ihren Brüdern im Westjordanland und im Gaza-Streifen. Und zwar in jeder Hinsicht.
Den meisten fallen dabei die Einkommen und die Qualität der Wohnungen ein. Das aber reicht auf die Dauer nicht, man muss an die Bildung denken und sollte die beteiligten Staaten auffordern, eine alle umfassende Konferenz zum Unterricht und Studium einzuberufen.
Man sollte nicht nur, man muss es sogar. Die Früchte der Bildung zeigen sich rasch, sie wecken Hoffnungen auf eine bessere Zukunft und verschaffen den Arabern die Chance auf eine Ansiedlung von Industrie. Bessere Voraussetzungen für Wohlstand und Frieden lassen sich nicht vorstellen. Was für ein Gewinn wäre es, wenn das Pulverfass Naher Osten zur Ruhe käme!
Helmut Mehrer, Brühl