Vertrauen – Grundpfeiler des Zusammenlebens

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Gedanken über Würde, Schutz und Erhaltung der Menschheit:

Zahlen gelten als zuverlässige Maßstäbe des Zusammenlebens. Ähnlich wie die Gebote der Bibel. Sie werden auch von vielen Nichtgläubigen hoch geachtet. Beide zusammen bilden eine kleine Zahl zuverlässiger Pfeiler des Lebens: Erschaffung in sieben Tagen, zehn Gebote, zwölf Stämme Israels, 40 Jahre Rückkehr in die alte Heimat.

Wie aber wirken sie? Wie gelingt es, den Menschen vertrauensvoll zusammenzuleben? Das war wohl der Sinn der Frage, die Petrus einst Jesus stellte: Wie oft müssen wir einander vergeben? Siebenmal? Die Antwort seines Rabbis: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Erst das dann folgende Vergehen müsste bestraft werden. Das 491. So hieß auch 1963 ein Film über verkommene Jugendliche, der schilderte, wie viel Missachtung und Bosheit sich unter ihnen ausbreiten konnte.

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Die Wurzel dieses Unfriedens wächst wahrscheinlich aus dem Mangel an Respekt und Vertrauen, die die Grundlage der gegenseitigen Achtung bilden. Wer gegen sie verstößt, verletzt die Würde der anderen, genauso wie die eigene. Selbst dann, wenn er seine Opfer nicht körperlich, sondern „nur“ emotional angreift, verletzt er sie. Und wie oft hängen beide zusammen. Beinahe täglich, sagen wir es offen: Unerträglich oft, berichten unsere Zeitungen davon. Tausende Kleinkinder werden durch sexuelle Übergriffe lebenslang seelisch und körperlich geschädigt. Auf Schulhöfen mobben Machtsüchtige ihre Mitschüler, vor ein paar Tagen haben sogar zwei Mädchen ein drittes getötet. Hinzu kommt noch eine unüberschaubare Zahl von Trainern, die sich an jungen Sportlern vergreifen und am Ende sogar Seelsorgern, denen Eltern ihre Kinder anvertraut haben.

Wie gehen wir damit um? Es geht immerhin um Straftaten, zum Teil schweren. Und viele Schuldige werden nicht einmal entdeckt. Als „Dunkelziffer“ werden sie nicht erfasst und noch weniger verurteilt. Sie erhöhen aber die vermutete Zahl solcher Delikte. Es ist jedoch eine Gegenbewegung entstanden: Der sexuelle Missbrauch von Kleinkindern wird seit Jahren zunehmend schärfer geahndet, inzwischen ähnlich hart wie die Tötung eines Menschen. Darüber hinaus müssen Verurteilte einen lebenslangen Ehrverlust befürchten und hinnehmen. Die trifft seit etwa einem halben Jahrhundert besonders Seelsorger, die das Vertrauen von Eltern und Kindern missbraucht haben. Mit der moralischen Abwertung ihrer Person bezahlen sie das Ansehen, das ihnen ursprünglich entgegengebracht worden ist. Darunter leidet jeder selbst, doch mit ihm betrifft es seine geistlichen Mitbrüder und am Ende auch ihre Gemeinden, deren Gottesdienste von Woche zu Woche schlechter besucht werden. Anfang 2023 war der Anteil der Kirchentreuen unter den Deutschen auf weniger als die Hälfte gesunken.

Ein Leben in Würde und gegenseitigem Vertrauen fällt Menschen leichter, die einander als Kinder Gottes ansehen. Gelingt ihnen dieser in der Bibel und der Beziehung Gottes zu den Menschen grundgelegte Schritt, werden sie fähig, ihre Umwelt, die Schöpfung, zu achten und das gemeinsame Überleben zu erhalten. Das aber muss ihr absolut gelingen, wenn sie sich nicht in Kriegen vernichten will. Sie muss ihre Ehre in die Bewahrung dieses Lebens setzen. Damit ihr dies gelingt, muss es ihr, anders als beim Missbrauch, gelingen, sich in einer offenen Weltgesellschaft vor Betrug und „Dunkelziffern“ zu schützen.

Helmut Mehrer, Brühl