Eppelheim. Auf der bislang landwirtschaftlich genutzten Fläche am Ende der Rudolf-Wild-Straße, unmittelbar vor der ehemaligen US-Siedlung Patrick-Henry-Village, will ein Investor einen großen Edeka-Markt errichten. Die Gemeinderatsfraktion der Grünen kritisiert dabei, dass die von der Stadt unterstützten Pläne der Bevölkerung bisher so gut wie nicht bekannt seien. Zudem sei das Projekt „unökologisch, unsozial und allen Zielen einer nachhaltigen Stadtentwicklung zuwiderlaufend“.
Der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan „Sondergebiet Gewann Lochäcker“ hätte eigentlich in der Gemeinderatssitzung im November zur Abstimmung kommen sollen. Die Entscheidung war aber kurz vorher von der Tagesordnung genommen worden. „Weil sich damals offenbar keine Mehrheiten abzeichneten“, vermuten die Grünen. Weil einer der Projektbeteiligten aufgrund der Corona-Pandemie nicht habe teilnehmen können, antwortete Bürgermeisterin Patricia Rebmann auf Nachfrage unserer Zeitung.
15 000 Quadratmeter Fläche
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst ein halbes Dutzend verschiedener Flurstücke mit über 15 000 Quadratmetern Fläche, zeigt die Beschlussvorlage vom November. „Anlass der Entwicklungsmaßnahme ist die große Nachfrage nach Handelsflächen, der nur ein geringes Angebot an geeigneten Immobilien gegenübersteht. Der Lebensmitteleinzelhandel in Eppelheim konzentriert sich im Wesentlichen im Norden der Stadt. Die Anbindung und Zentralität der Handelsflächen ist damit für das Gesamtgebiet der Stadt ungünstig. Durch die geplante Bebauung soll der Konzentration der Handelsflächen im Norden Eppelheims entgegengewirkt werden“, heißt es im Abstimmungsvorschlag weiter.
Der bestehende Edeka-Markt in der Rudolf-Wild-Straße könne nicht erweitert werden. Wesentliches Planungsziel des Bebauungsplans „Sondergebiet Gewann Lochäcker“ sei, „einen attraktiven Gegenpol zum nördlichen Versorgungsbereich See- und Handelsstraße zu realisieren und einer Verschlechterung der Nahversorgung und einer Erhöhung des innerörtlichen Verkehrs entgegenzuwirken“.
Die Grünen zweifeln massiv am Nutzen eines so großen Einkaufszentrums im Süden der Stadt. Bei einem Vor-Ort-Termin am Gemarkungsrand kritisierte Fraktionssprecherin Christa Balling-Gündling die mangelnde Transparenz beim Vorgehen von Bürgermeisterin Patricia Rebmann: „Man sollte mit offenen Karten spielen, nur dann hat die Bürgerschaft auch die Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden.“ Balling-Gündling forderte einen sofortigen Stopp der Planungen und umfassende Informationen für die Einwohner: „Alle Fakten müssen jetzt auf den Tisch.“ Bislang sei von einem neuen Edeka-Markt nicht die Rede gewesen. Auf der Tagesordnung habe lediglich die Aufstellung eines Bebauungsplans gestanden. Nur wer sich die Mühe gemacht habe, die Vorlage im Onlineportal der Stadt herunterzuladen, habe erfahren können, was dahintersteckt. „Das ist ein fragwürdiges Projekt. Das hat für uns nichts mehr mit bürgernaher Politik zu tun“, so die Fraktionssprecherin.
Das geplante „Mega-Einkaufszentrum“, eventuell noch mit einem Drogeriemarkt und weiteren Läden, bringe nur Nachteile, nicht nur für die Bürger im Süden, monierte Stadtrat Marc Böhmann. So profitierten vor allem die Investoren: „Die schielen natürlich in erster Linie auf Patrick-Henry-Village.“ Eppelheim würde Fläche hergeben und Heidelberg hätte mit dem neuen Wohngebiet einen Vorteil.
Stadträtin Nika Weiss fehlten bei dem Projekt die sicheren Fuß- und Radwege nach draußen. Den älteren Mitbürgern könnten so weite Strecken auch gar nicht zugemutet werden. Weitere Kritikpunkte der Grünen-Stadträte: Eine große Fläche würde versiegelt und der Landwirtschaft entzogen. Eine wertvolle Frischluftschneise in Richtung Süden wäre zerstört. Nicht zuletzt befürchte man ein weiteres Ladensterben in der Ortsmitte.
Antrag in der Märzsitzung
Stadtrat Martin Gramm hält den bisherigen Edeka-Markt für ausreichend. Viele Kunden schätzten die gute Erreichbarkeit: „Der Süden braucht keinen größeren Verbrauchermarkt.“ Das Projekt habe weitreichende Auswirkungen auf Nahversorgung, Verkehr und Stadtentwicklung Eppelheims. Das könne man nicht einfach im Vorbeigehen beschließen, erklärte Balling-Gündling.
Der Aufstellungsbeschluss solle nach dem Antrag des Investors in der Märzsitzung des Gemeinderats eingebracht werden, teilte Bürgermeisterin Rebmann auf unsere Nachfrage mit: „Dem Wunsch werde ich nachkommen.“ Die Grünen fordern dagegen, dass vor einer Entscheidung zuerst die Bevölkerung über das Vorhaben umfassend informiert werde. „Auch unter Corona-Bedingungen muss die Beteiligung der Bürger möglich sein“, so Fraktionssprecherin Balling-Gündling abschließend.