Hockenheim. Groß war die Freude bei der Stadtverwaltung und den Bürgern Hockenheims, als im Mai 2018 das VRN-Leihradsystem „NextBike“ auch in der Rennstadt eingeführt wurde. Mobilität sollte mit Klimaschutz und Lärmminderung verbunden werden, wofür insgesamt 32 neue Mieträder angeschafft und acht Stationen innerhalb des Stadtgebiets installiert wurden. Nun, fünf Jahre später und mit dem Auslaufen des Vertrages mit dem VRN verabschieden sich die stabilen himmelblauen Bikes wieder aus der Rennstadt und hinterlassen ein ernüchterndes Fazit: Für eine Vertragsverlängerung wurde das Angebot nicht wie gewünscht angenommen, womit sich das Kosten-Nutzen- Verhältnis zu sehr verschoben hat.
Dass die Stadt nun vom Mietrad absteigt, wurde bereits bei der Gemeinderatssitzung im vergangenen Februar entschieden. Eine Fortsetzung des Angebots würde die Stadt 100 000 Euro kosten. Zuviel, wie der Gemeinderat entschied und die Kündigung mit elf zu acht Stimmen beschloss. Eine Verlängerung hätte einen Zeitraum bis 2025 beinhaltet.
Aus von "NextBike" in Hockenheim: Konzept greift, Nachfrage nicht
Wie das Abstimmungsergebnis von damals zeigt, herrschte im Gremium Uneinigkeit bei der Beschlussfassung. Vorrangig, weil die Leihräder nicht nur in vielen Städten zum Standardangebot gehören, sondern auch zur Mobilitätswende beitragen sollten. Doch die Ausleihzahlen aus dem vergangenen Jahr sprechen für sich und die Kosten waren ebenfalls schlagkräftige Argumente.
So wurden in keinem Monat mehr als 250 Räder genutzt, der Januar vermeldet sogar weniger als 50 Ausleihen. Beliebteste Ausleih- und Rückgabestation war der Bahnhof und die meisten der Leihen hatten eine Fahrdauer von unter 15 Minuten, was zeigt, dass zumindest das Konzept der Leihräder gegriffen hat: Die Bikes wurden für Kurzstrecken und zum Erreichen einer Station der öffentlichen Verkehrsmittel genutzt und reduzierten damit unnötige und klimaschädliche Wege mit dem Auto.
Doch bei einem System, in dem die Stadt 16 Euro pro Leihe bezuschussen muss, deckt sich die geringe Nachfrage nicht mit der Wirtschaftlichkeit, was letztendlich zum Abschied der „NextBikes“ führte.
Aus von "NextBike" in Hockenheim: Konzept Deinstallation wird übernommen
Laut Christian Engel vom Fachbereich Bauen und Wohnen zahlt die Stadt gemäß der Finanzierungsvereinbarung im Zeitraum vom 1. Juni 2018 bis 31. Mai 2023 insgesamt 88 774 Euro an Zuschüssen. Sobald der Vertrag Ende Mai ausläuft, wird sich der VRN um die Abholung der Räder und die Deinstallation der Stationen kümmern, der Stadt entstehen keine weiteren Kosten.
Ein alternatives Leihradsystem sei nicht in Planung, so Engel weiter. Gleiches gelte für einen kostenlosen innerstädtischen Busverkehr, wie er seit Jahresbeginn in Schwetzingen und Brühl angewendet wird. Allerdings steht noch eine andere Möglichkeit als Nachfolger des „NextBike“-Angebots im Raum, wie Engel mitteilt: „Es ist beabsichtigt, den Gemeinderat über ein E-Scooter-Leihsystem beraten zu lassen.“
Die elektrischen Flitzer sind mittlerweile in fast allen größeren Städten der Nation vertreten und bieten noch mehr Flexibilität: Im Vergleich zu den Leihrädern sind die E-Scooter nicht an eine feste Station gebunden und können nach Gutdünken abgestellt werden. Zudem könnte der Faktor der Bequemlichkeit weitere Nutzer anlocken – schließlich fahren die Roller komplett selbst und benötigen keine Muskelkraft.
Jedoch dürften auch die kleinen Flitzer mit Zusatzkosten verbunden sein, was wiederum vom Gemeinderat abzuwägen sein wird. Trotz aller Vorteile stehen die E-Scooter in vielen Städten auch in der Kritik: Gerade der Punkt der Flexibilität stößt hierbei auf, da die Roller an vielen Stellen rücksichtslos abgestellt werden und teilweise in Flüsse und Bäche geworfen werden. Doch die von Engel geschilderte Absicht, das E-Scooter-Leihsystem dem Gemeinderat zu präsentieren zeigt, dass sich die Stadt trotz des Abgesangs der Leihräder weiterhin mit dem Thema Mobilitätswende auseinandersetzt.