Oftersheim. Beim Aufräumen seiner Fotokiste hat unsere Mitarbeiter Gerhard Rieger eine interessante Postkarte gefunden. Sei zeigt zwei markante Gebäude in Oftersheim, die nicht einmal 40 Meter Luftlinie voneinander entfernt waren, und einen „Fremdkörper“, der sich eingeschmuggelt hat: Oben das Gasthaus „Kornblume“, das auch heute noch als Eckhaus an der Mannheimer und Lessingstraße steht – mittlerweile durch eine Lärmschutzwand von den Gleisen getrennt. In der Mitte sieht man Bahnhofsstation auf der anderen Seite der Schienen mit dem heute nicht mehr existenten Bahnhofshäuschen – und schließlich den Schwetzinger Schlossgarten.
Die Karte war im Kriegsjahr 1915 im Handel erhältlich, das verrät die Rückseite beziehungsweise der Poststempel. Geschrieben hat den Gruß aus der Heimat Luise Gieser. Adressat war ihr Cousin, der verwundet im Lazarett lag, was Luise bereits von ihrer Tante Babett erfahren hatte, und – so ist es zu lesen – der Besuch von seinem Schwager bekam.
Sie notiert weiter: „Es ist ein wahres Glück, dass es nur Fleischwunden sind.“ Was im ersten Augenblick für uns skurril klingt, wird durch Luises nächsten Satz aber wieder relativiert. Dort heißt es nämlich, dass ihr älterer Bruder durch eine russische Handgranate gefallen sei. So relativiert sich vieles, wenn man es in die jeweilige Zeit – in diesem Fall in den Ersten Weltkrieg – und die damaligen Umstände einordnet. Immerhin erfährt der Cousin auch: „Bei uns geht es soweit gut.“
Und Luises abschließende Worte „auf ein baldiges Wiedersehen“ und „gute baldige Genesung“ lassen hoffen, dass für den Empfänger der Postkarte tatsächlich Hoffnung bestand, dass er in absehbarer Zeit wieder seine Lieben in der Heimat in die Arme schließen konnte. rie/az