Reilingen. Wenn am heutigen Aschermittwoch die Karnevalisten einige Tränen verdrücken, dürften es nicht nur, wie in den vergangenen Jahren, Krokodilstränen sein. Denn heuer haben die Narren allen Grund zur Trauer. Verabschieden sie sich doch von einer fünften Jahreszeit, die eigentlich keine war, die vom Coronavirus ins Abseits gedrängt wurde. Wenn es trotzdem etwas Positives gibt, dann die Kreativität, mit der sich die Narren wehrten und mit der sie den Karneval flugs im virtuellen Raum feierten.
Als Beispiel sei der Hockenheimer Marketing Verein (HMV) genannt, der am Fasnachtssamstag zum virtuellen Faschingsumzug eingeladen hatte und sich über große Resonanz freuen durfte. Nicht nur von Jecken, die das Spektakel mit Luftschlangen und Sekt vor dem heimischen Bildschirm verfolgten, sondern auch von Karnevalsvereinen aus der Region, die sich aktiv am Umzug beteiligten. So der Karnevalverein Reilingen „Die Käskuche“ (KVR), dessen Gardemädchen ein Video einschickten mit einer getanzten Polonaise.
Über 100 Teilnehmer bundesweit
Dass der KVR mit der Nummer beim Umzug dabei sein konnte, hatte seine Ursache in einem Aufruf des Bunds Deutscher Karneval (BDK), der alle Mitgliedsvereine aufforderte, sich an der „längsten Polonaise der Welt“ zu beteiligen. Als Song wurde der Titel „Die längste Polonaise der Welt“ von Michl Müller, bekannt aus der „Fastnacht in Franken“, ausgewählt. Der Kabarettist hat den Song zusammen mit dem BDK extra für diese Ausnahmesaison produziert.
Die gedrehten Videos aller teilnehmenden Faschings- und Karnevalsgesellschaften sollten zum BDK gesendet werden, woraus ein Gremium aus dem Bundesverband die drei besten Einsendungen auswählen und mit Preisen belohnt würden.
Keine Frage, dass der KVR da mitmachen würde, wie Mike Supper, der Vorsitzende der „Käskuche“ im Gespräch mit unserer Zeitung betont. Schnell war eine Idee geboren, wie sich der Reilinger Beitrag gestalten könnte und schon machten sich die Gardemädchen an die Umsetzung. Die Idee war einfach aber genial: Aus vielen Fotos der Gardeabteilung wurden ganz viele Einzelpersonen ausgeschnitten und aneinandergereiht. Natürlich mit dem in Corona-Zeiten notwendigen Abstand. Dann wurden die Fotos abfotografiert, in bewegte Bilder umgewandelt und das Video an den HMV geschickt, sodass sich die Region schon am Fasnachtssamstag einen Eindruck von der gelungenen Umsetzung machen konnte.
Das Video gefielt nicht nur in der Verwaltungsgemeinschaft, auch beim BDK stieß es auf große Zustimmung und kam bei weit über 100 Einsendungen in die engere Auswahl der Jury. Bewertet wurde nach den Vorgaben Einhaltung der Corona-Vorschriften, Kreativität und Originalität. 36 Einsendungen blieben nach der ersten Sichtung übrig, darunter der KVR. Und letztlich, da war die Freude in Reilingen besonders groß, erzielten die „Käskuche“ mit ihrem Scherenschnitt einen beachtlichen dritten Platz.
Womit die Saison, zumindest für die „Käskuche“, noch einen versöhnlichen Abschluss gefunden hat und ein Ergebnis, an dem man sich bis zum 11.11. aufrichten kann. aw
Info: Das Video finden Sie unter www.schwetzinger-zeitung.de