Ich nenne ihn „Leopold“. Er ist gefühlt immer da, wenn ich abends nach Hause gehe. Da steht er mit seinen dürren Stelzen im Leimbach unter der Brücke am Schlossgarteneingang zum Dreibrückentor – egal, wie hoch oder niedrig das Wasser steht, egal, wie kalt es ist. Im Sommer lässt er sich oftmals am Morgen die ersten Sonnenstrahlen auf dem Dach der Invalidenkaserne auf den Schnabel scheinen. Manchmal denke ich, der Graureiher wartet nur auf mich, damit ich ihm guten Morgen beziehungsweise gute Nacht sage – ja, ich weiß, dass das eine Illusion ist. Die nimmt mir auch Dr. Andre Baumann in einem Gespräch über die Reiher im Schlossgarten. Der Naturschützer und Schwetzinger hat über die Jahrzehnte schon Kolonien von Graureihern im kurfürstlichen Park erlebt, die sich dort sehr wohl fühlen und gerade in der Brutzeit ordentlich mit den Nilgänsen (wie Reiher auch Baumbrüter) zanken. Über die Reihergenerationen hat sich auch herumgesprochen, dass die Schwetzinger das Federvieh durchaus verwöhnen. Da flog schon mal so manch Wurstzipfel verbotenerweise (Wildtiere füttert man da nicht!) zu den Wartenden unter der Brücke, weiß Andre Baumann noch.
Von mir bekommt „Leopold“ ein Lächeln und einen Gruß. Sie wissen ja: Der Reiher ist in der griechischen Mythologie ein Kraftsymbol, wie der Phönix, der immer wieder aufsteht. Und bei den Chinesen bedeutet er Glück. Und das kann jeder brauchen.