Schwetzingen/Ketsch. Gerlinde Kuttelwascher versteht die Welt nicht mehr. Die 70-jährige Schwetzingerin hat die Nachricht erhalten, dass ihre Mutter Gisela Lenz nicht gegen Covid-19 geimpft werden soll.
Die 91 Jahre alte Frau lebt im Avendi Wohn- und Pflegeheim in Ketsch und war im Dezember positiv auf das Coronavirus getestet worden. Knapp ein Dutzend Bewohner hatten damals keine oder nur milde Symptome gezeigt (wir berichteten).
Jetzt wurde Gerlinde Kuttelwascher mitgeteilt, dass ein mobiles Impfteam die Einrichtung in der Parkstraße am 12. Februar anfahren wird. Die zweite Impfung soll dann am 5. März erfolgen. Der Hinweis, dass „Personen, welche bereits an Covid-19 erkrankt waren, nicht geimpft werden“, irritiert die Tochter von Gisela Lenz.
„Ich kann nicht nur abwarten“
Zweimal in der Woche besucht sie ihre Mutter im Avendi und wird dabei immer einem Schnelltest unterzogen. Die Erlaubnis, dass die 91-Jährige geimpft werden darf, habe sie schon im Dezember ausgefüllt: „Ich kann nicht einfach nur ruhig dasitzen und abwarten, was passiert.“ Auf Nachfrage unserer Zeitung teilte eine Sprecherin der Avendi Senioren Service GmbH in Mannheim mit: „Wir verstehen die Sorgen der Angehörigen, haben darauf aber leider keinen Einfluss. Die Entscheidung, Bewohner, die bereits an Covid-19 erkrankt waren, nicht zu impfen, liegt beim Gesundheitsamt. Dieses entscheidet auch, ob Betroffene zu einem späteren Termin geimpft werden.“
Vorgaben erstellt Ministerium
In der Einrichtung in Ketsch ist bei jedem Besuch eine Selbstauskunft auszufüllen und ein Antigen-Schnelltest durchzuführen. Der Test ist maximal 48 Stunden gültig. „Die Impfungen durch die mobilen Impfteams in den Alten- und Pflegeeinrichtungen richten sich nach den Vorgaben des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg. Demnach sollen Personen, die eine labordiagnostisch gesicherte Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, zunächst nicht geimpft werden“, teilte ein Sprecher des Landratsamtes auf Anfrage mit und verwies auf das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg.
Von dort war keine Stellungnahme zu bekommen. In einer Pressemitteilung am vergangenen Freitag zog Gesundheitsminister Manne Lucha aber eine Zwischenbilanz nach den ersten sechs Wochen Impfen gegen das Coronavirus: „Die vom Land Baden-Württemberg gemeinsam mit den Kommunen, den Uniklinika, der Ärzteschaft und weiteren Unterstützern in kürzester Zeit aufgebaute Impf-Infrastruktur mit Impfzentren und Mobilen Teams arbeitet reibungslos und effektiv - durch den Impfstoffmangel allerdings vorerst noch mit halber Kraft.“
Die Avendi-Sprecherin wies schließlich darauf hin, dass die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts (RKI) erklären, warum die Mutter von Gerlinde Kuttelwascher nicht gleich geimpft wird. „Es ist davon auszugehen, dass Personen, die von einer SARS-CoV-2-Infektion oder Covid-19 genesen sind, zumindest vorübergehend über einen gewissen Schutz vor einer Erkrankung verfügen“, lautet die Begründung der Impfkommission.
Aufgrund dieser anzunehmenden Immunität nach durchgemachter Infektion, zur Vermeidung überschießender Nebenwirkungen und in Anbetracht des bestehenden Impfstoffmangels sollten ehemals erkrankte Personen unter Berücksichtigung der Priorisierung im Regelfall etwa sechs Monate nach Genesung geimpft werden, heißt es.