Schwetzingen. Schon seit einem Vierteljahrhundert ist der Verein Kunst im Amtsgericht aktiv. Bis zu drei Ausstellungen pro Jahr werden seitdem in dem historischen „Prinzenhaus“ genannten Gebäude in der Zeyherstraße, erbaut vor genau 300 Jahren veranstaltet. Mit einer Vernissage wurde nun am Montag die Ausstellung „Traumwelten“ mit Werken des aus Armenien stammenden Weinheimer Künstlers Tigran Grigoryan eröffnet. Der klassisch ausgebildete Maler fasziniert mit Arbeiten in Öl und Acryl, die, teils komplett abstrakt sind und teils fotorealistisch Menschen zeigen.
Es ist eine lang gepflegte Tradition, dass die gut 50 Mitglieder des Vereins Kunst im Amtsgericht (KA), so gut wie alles Richter und Anwälte, Ausstellungen in ihrem Dienstgebäude organisieren. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger unter anderen Vorzeichen als der dienstlichen, in das Gebäude einzuladen – und das mit vollem Erfolg. Zahlreiche Besucher waren erschienen, um an der Vernissage teilzunehmen. Amtsleiter Kai Günther begrüßte die Gäste herzlich, auch wenn die Stimmung eine wenig gedrückt war.
Denn gerade erst vor ein paar Tagen sei einer seiner Amtsvorgänger, Hans Moser, gestorben, der über Jahrzehnte Vorstand und eine der tragenden Säulen des Vereins gewesen sei. Ihm im Stillen gedenkend, meinte Günther: „Ihn hätte gefreut, dass es weiter geht mit der Kunst im Amtsgericht.“ Zu den in allen drei Stockwerken ausgestellten Gemälden von Tigran Grigoryan meinte Kai Günther: „Da war sogar mein Sohn ‚geflasht‘. Er meinte, die dargestellten Frauen sähen aus wie Menschen, die auch unter der Woche hier anzutreffen sind.“
Auch Peter Pristl, zweiter Vorsitzender und aktuell kommissarischer Leiter des KA, sprach ein Grußwort und schilderte dabei eine Anekdote mit Hans Moser, seinem ehemaligen Chef, und warb für seinen Verein: „Der Jahresbeitrag beträgt gerade mal 10 Euro.“ Kunsthistorikerin Caroline Messelhäußer, M.A., hielt fach- und sachkundig die Einführung in Grigoryans Schaffen. Seit über 20 Jahren sei er nun in Weinheim zuhause und auch als Restaurator sakraler Kunst bundesweit bekannt. „Er verwendet entweder Acryl- oder Ölfarben. Manchmal beides, was dann einen grandiosen visuellen Effekt zur Folge hat“, so die Expertin. Der 1967 in Armenien geborene Künstler hätte die klassische Malerei von der Pike auf am renommierten Therlemesjan-Institut in seiner alten Heimat gelernt. Seine Ausbildung habe er mit der höchsten Auszeichnung abgeschlossen. Oft seien seine Bilder abstrakt. Stelle er Menschen dar, seien diese zum Teil schemenhaft verdeckt und würden so auf den Betrachter eine geradezu mystische Wirkung ausüben.
Tigran Grigoryans Bilder entfalten eine beeindruckend fotorealistische Wirkung
„Ich fragte ihn, wie seine Vorgehensweise bei der Schaffung neuer Arbeiten sei. Er antwortete mir, dass er zuerst eine Idee im Kopf habe, sich dann dazu einen Titel überlege und erst danach an die konkrete Umsetzung ginge“, so Messelhäußer. Oft werde die Frage gestellt, ober er, wie es so mancher heute machen würde, Fotografien ausdrucke und diese dann einfach nachmale, was aber bei ihm nicht der Fall sei: „Nein, Tigran Grigoryan malt frei ohne Vordrucke“, so ihre Antwort. Ein umso erstaunlicherer Fakt bei einer meist beeindruckend fotorealistischer Wirkung.
Die Besucher Siegfried und Maren Sessler meinten: „Der Künstler hat etwas übrig für schöne junge Frauen. Wir konnten kaum glauben, dass es frei entstandene Gemälde sind, weil sie wie ein Foto wirken. Das ist faszinierend.“ Andrea Gadamer, Amtsvorgängerin von Kai Günther und seit vielen Jahren im KA aktiv, meinte: „Hans Moser fehlt sehr. Aber die Organisation der Ausstellungen ist auch dieses Mal eine Gemeinschaftsleistung. Jeder bringt sich im Verein ein und trägt zum Gelingen bei.“
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