Speyer. Ein Mann verprügelt eine Frau. Dabei geht er so gefühllos und brutal vor, dass sie im Krankenhaus ihren Verletzungen erliegt. Diese Szene steht am Beginn eines Thrillers, den der Speyerer Autor Christoph Lode verfasst hat. „Wahnspiel“ ist sein erster Krimi; bisher hatte Lode unterm Pseudonym Daniel Wolf historische Romane veröffentlicht. In Speyer stellte Lode, der als Krimiautor unterm Pseudonym Kilian Eisfeld firmiert, seinen Erstling vor.
Man mag dem sympathischen, locker auftretenden Schriftsteller gar nicht zutrauen, sich mit Gewalt und Mord zu befassen. Doch der ehemalige Sozialpädagoge, der seit 2009 Romane schreibt, konfrontiert seine Leser in „Wahnspiel“ mit schonungsloser Direktheit. Die Anfangsszene schildert er sachlich, ohne erkennbare Anteilnahme. Sein Schreibstil beansprucht kein literarisches Niveau; die Aufmerksamkeit seiner Rezipienten erreicht er durch Schnörkellosigkeit und Faktizität.
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Lode alias Eisfeld legt großen Wert auf authentische Realitätsbezüge. In Heidelberg, wo der Thriller spielt, hat er recherchiert, wie Kriminalbeamte arbeiten. Damit habe er jenen Klischees und Verzerrungen entgegentreten wollen, die im Filmgenre üblich seien, wie Lode in Speyer kritisiert. Für seine Hauptfiguren wie den Kriminaloberkommissar Alexander Schwerdt oder die Erste Kriminalhauptkommissarin Sofija Markovic hat er ein präzises Personalprofil erstellt. Der Totschläger mit seinem Hass auf Frauen versteckt er hingegen hinter einer Froschmaske. Die Prügelszene nimmt der Frauenhasser auf und stellt sie anschließend ins Netz, wo sie von Millionen Betrachtern gesehen wird.
Die Froschmaske weist auf eine Subkultur hin, die sich im Internet unter dem Begriff „Incel“ über den Hass auf Frauen definiert. Ihr schließen sich Männer an, die keine befriedigende Beziehungen zu Frauen aufbauen können. Die Froschfigur ist eines ihrer Erkennungsmerkmale, wie Lode erläutert. Er weist auf Verbindungen dieser Subkultur zur rechtsextremistischen Szene hin. Der Täter rangiert in Ermittlerkreisen fortan unter dem Namen „Kermit“. Er wird aufgegriffen, kommt ins Gefängnis und taucht nach seiner Entlassung unter. Doch mitten in Heidelberg wird irgendwann eine abgetrennte Hand gefunden.
Untiefen der Frauenfeindlichkeit in Lodes Thriller "Wahnspiel"
Neben Einblicken ins Polizei- und Strafmilieu werden die Leserinnen und Leser dieses Thrillers in die Untiefen des Darknets und der Misogynie – Frauenfeindlichkeit – geführt. Seine Lesung illustriert Christoph Lode mit Fotos von den Schauplätzen seines Romans. Das lässt seinen Inhalt umso gruseliger wirken, ist die psychopathische Radikalisierung doch keine literarische Erfindung, sondern erweist sich in beunruhigender Weise als Teil unserer Alltagswirklichkeit.
Doch weil Christoph Lode ein netter Mensch ist und alles andere als verdächtig, sich ausschließlich in den Dunkelbereichen der Realität aufzuhalten, lockert er seinen Thriller mit ironisch-liebenswürdigen Personenbeschreibungen auf. So hat Kriminaloberkommissar Alexander Schwerdt eine Schwäche für Lakritzschnecken. Ganz so wie sein Erfinder, der sich vor dem belustigten Publikum freimütig dazu bekennt. Beim anschließenden Umtrunk kommen die Gäste denn auch in den Genuss dieser Spezialität.
Dass das Schreiben dieses Krimis „Spaß gemacht“ habe, beteuert der Autor dann auch – und das trotz des bedrückenden Sujets. Wer Christoph Lode alias Daniel Wolf als Verfasser von historischen Romanen kennt, muss hingegen nicht lange darben: Die werde er auch künftig schreiben, beteuert der Autor. Ein neuer Roman sei bereits im Entstehen. Der Schriftzug auf Lodes Kapuzenshirt lautet: „Writer“ („Schreiber“). Wenn das keine Selbstverpflichtung ist.