Villa Ecarius

Ein fruchtbares Bibliotheksangebot

In der Stadtbücherei kann man ab sofort Tüten mit regionaltypischem Saatgut mitnehmen und damit zu den Naturzielen der Agenda 2030 beitragen

Von 
Susanne Kühner
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Es müssen nicht immer nur Bücher sein: Kerstin Bürger (v. l.) vom Leitungsteam der Stadtbibliothek unterhält sich mit VHS-Leiterin Anke Mertens und Bürgermeisterin Monika Kabs über das Projekt. © Klaus Venus

Speyer. Bücher, Spiele, CDs und Zeitschriften in einer Bücherei auszuleihen ist nichts Außergewöhnliches. Das Angebot der Speyerer Stadtbibliothek ist seit gestern um einen Bereich erweitert, der nicht unbedingt zwischen Lesewerken und Hörabenteuern vermutet wird.

Selbst Bürgermeisterin Monika Kabs (CDU) hatte sich anfangs nichts unter dem Begriff der Saatgutbibliothek vorstellen können. Ein Blick auf die praktische Ausfertigung am Vormittag im Bildungszentrum Villa Ecarius erklärte mehr. Wie bei anderen Medien kann Saatgut ausgeliehen und ausgesät werden. Was danach passiert unterscheidet sich jedoch vom üblichen Fortgang.

„Das Saatgut wird bei der Ernte entnommen, getrocknet, in Tüten verpackt und in die Bibliothek gebracht, sodass es dort von anderen wieder ausgeliehen werden kann“, schilderte Kabs die einzelnen Schritte. Als tolle Idee bezeichnete die Bürgermeisterin die Saatgutbibliothek, würden dadurch doch rückläufige Pflanzenarten wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt.

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zg
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„Fakt ist, dass die Pflanzen- und Sortenvielfalt zurückgegangen ist. Dem Trend kann die Saatgutbibliothek entgegenwirken“, betonte Kabs. Im Besonderen sollen alte, regionale Sorten durch das Angebot in ihrer Ansiedlung und im Wachstum gefördert werden. „Das ist auch ein Beitrag zur Erreichung unserer Natur-Ziele in der Agenda 2030“, so Kabs.

Gemeinsam für Nachhaltigkeit

Diese griff Speyers Nachhaltigkeitsmanagerin Sandra Gehrlein auf und hob Punkt vier von insgesamt 17 nachhaltigen Zielen hervor, hinter dem sich die „hochwertige Bildung“ steht. Die Stadtbibliothek sei daher der richtige Ort zur Umsetzung des Saatgutprojekts. „Dieses veranschaulicht perfekt, dass Nachhaltigkeit nur gemeinsam gelingen kann“, stellte Gehrlein heraus.

In Zusammenarbeit mit der Bieneninitiative Speyer habe Gehrlein und das Team der Stadtbibliothek – hier Mitarbeiter Albert Schmitt an der Spitze – in akribischer Kleinarbeit Samen zum Angebot in der Ausleihe ausgewählt.

„Alle sind regionaltypisch“, untermauerte die Verwaltungsmitarbeiterin. Wer sich ein Päckchen Saatgut entleiht, trägt dies auf einem entsprechenden Schein ein. Im Herbst erfolgt dann die Erinnerung, dass der nachgewachsene Samen zum Verpacken vorbereitet werden kann.

Mit einer wissenschaftlichen Betrachtung zur Entwicklung der rückläufigen Sortenvielfalt ergänzte Heinz-Peter Wierig von der Bieneninitiative die Einführung in die Saatgutbibliothek. Der Biologe schlug den Bogen über Millionen Jahre hinweg und zeigte dabei die Änderung des Weltökosystems auf. „65 000 Arten an wildlebenden Pflanzen sind zurzeit vom Aussterben bedroht“, zeigte er auf. Der Erhalt der Arten- und Genvielfalt müsse das Anliegen der Menschen sein. „Deshalb ist es wichtig, den Samen in die Zukunft zu retten“, machte Wierig deutlich.

Verein „Freie Saaten“ involviert

Für die Leiterin der Speyerer Volkshochschule, Anke Mertens, war die Einweihung der besonderen Ausleihstation ein „richtig schöner Anlass“. Die Samen seien vom Verein „Freie Saaten“ zur Verfügung gestellt worden.

Die Bibliothek in der Villa Ecarius ist dienstags und donnerstags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs und freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr geöffnet.