Vortrag  von Dr. Tobias Lindner

Staatsminister in Speyer über die grüne Außenpolitik

Staatsminister Dr. Tobias Lindner (Grüne) spricht über Krieg, Energiepolitik und China.

Von 
zg
Lesedauer: 
Dr. Tobias Lindner © Elias Keilhauer

Speyer. Können Sie in 20 Minuten Ihren Koffer für einen sehr kurzfristigen Abflug nach Irgendwo packen? Für einen Staatsminister im Auswärtigen Amt wie Dr. Tobias Lindner ist das die leichteste Übung. Er war diese Woche zu Gast im Kreisverband der Grünen in Speyer. Bei zahlreichen Terminen vertritt er die Bundesaußenministerin und damit die Bundesrepublik Deutschland.

Sein Themen- und Aufgabenspektrum im Ministerium in Berlin ist laut Pressemitteilung der Partei breit: Außenpolitik, Sicherheitspolitik, internationale Ordnung, Haushaltsausschuss, Vertretung der Ministerin, Unterrichtung der Fraktion. Die Gelegenheit, von Tobias Lindner aus erster Hand Antworten auf die Fragen dieser aktuell schwierigen Zeiten zu bekommen, ließen sich viele Parteimitglieder auch weit über den Kreisverband Speyer hinaus nicht entgehen. Die Moderatoren Pia Versch und Ansgar Parzich leiteten den Diskurs.

In gut 90 Minuten wurde die grüne Außenpolitik kritisch hinterfragt und ehrlich beleuchtet: Wie lassen sich Waffenlieferungen vor dem Hintergrund pazifistischer Werte begründen? Wie soll eine Nachkriegsordnung für die Ukraine und die Welt aussehen? Warum spricht ein Wirtschaftsminister der Grünen mit Erdöl- und Gaslieferanten, die die Menschenrechte nicht achten? Welche Rolle spielt Europa in einer neu zu gestaltenden internationalen Ordnung? Welchen politischen Bedarf gibt es bezüglich Afrikas? Wie wird sich die Situation zwischen China und Taiwan weiterentwickeln?

Mehr zum Thema

„Reggio-inspirierte Einrichtung“

Kita Cité de France in Speyer freut sich über Zertifikat

Veröffentlicht
Von
zg
Mehr erfahren
Weltgebetstag

Ökumenische Texte und Lieder aus Taiwan in Speyer

Veröffentlicht
Von
Landeskirche
Mehr erfahren
Regierung

Außenpolitik wird feministisch

Veröffentlicht
Von
Jan Dörner
Mehr erfahren

Geduldig – ganz wie ein Diplomat eben – der trotzdem die Fähigkeit besitzt, Tacheles zu reden, antwortete der Gast. Die Bundesregierung handle auf der Grundlage des Völkerrechts gemäß der Charta der Vereinten Nationen und entsprechender internationale Verträge, die auch Russland unterzeichnet habe. Doch bei aller Unterstützung: Deutschland sei nicht Kriegspartei. Diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges und für eine Nachkriegsordnung liefen auf allen verfügbaren Kanälen im Hintergrund.

Bemühungen stärker unterstützen

Herzstück der Diplomatie sei Vertrauen. Voreilige Publikationen und öffentliche Debatten um Details könnten lange, mühsame und harte Arbeit zunichte machen und weitere Schritte in eine positive Richtung für lange Zeit blockieren. Deshalb warb Lindner um Unterstützung im politischen System in Deutschland. Politiker seien für eine Amtsperiode gewählt und ihrem Gewissen verantwortlich. Die Ergebnisse politischen Handelns bewerteten dann die Bürger in freien Wahlen an der Urne. Das sei das Prinzip der politischen Arbeitsorganisation in einer parlamentarischen Demokratie, sagt Tobias Lindner.

Die schwierige Versorgungslage mit Öl und Gas sei vor allem durch die einseitige Abhängigkeit von Russland entstanden. Ziel der aktuellen Politik müsse eine Risikostreuung durch verschiedene Lieferanten sein. In den Gesprächen mit möglichen Vertragspartnern spielten Fragen nach Achtung der Menschenrechte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit platten Verurteilungen und direkter Konfrontation erreiche man hier allerdings gar nichts und in manchen Fällen sogar das Gegenteil. Stattdessen sei hochsensibles Fingerspitzengefühl notwendig.

In der europäischen Politik gelte inzwischen das alte Denken in Blöcken von Ost und West als vollkommen überholt. Europa arbeite an möglichst vielen eigenständigen und friedlichen Verbindungen zu einzelnen Ländern sowie der Ausweitung bestehender Bündnisse. In den Beziehungen zu afrikanischen Staaten sei eine Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit unumgänglich. Das gegenseitige Vertrauen müsse weiter aufgebaut und verbessert werden. Einen eindeutig grünen Stempel trügen vor allem Klimaschutzallianzen. Diese böten großes Potenzial für eine zukunftsorientierte und partnerschaftliche Zusammenarbeit.

China sei für Deutschland ein wichtiger Partner. Wie die meisten Staaten der internationalen Gemeinschaft, habe Deutschland Taiwan nicht als eigenständigen Staat anerkannt. Neu sei in den Beziehungen zwischen China und Taiwan, dass militärische Gewalt in diesen jahrzehntelangen Spannungen plötzlich nicht mehr ausgeschlossen werde. Dies sei ein Grund zur Besorgnis und Anlass zu strategischen und diplomatischen Bemühungen.

Die Speyerer Grünen zeigten sich interessiert und nutzten die Gelegenheit, um sich mit den Fragen und Problemstellungen eines Spitzenpolitikers zu befassen. Einblicke in die Bundespolitik seien angesichts der schwierigen Zeiten wertvoll und wichtig, heißt es abschließend in der Pressemitteilung.