Reisebranche

Auf die Zukunft! - Das touristische Streben der Malediven

Die Malediven blicken auf 50 Jahre Tourismus zurück. Und sie blicken im Zeichen des Klimawandels und mit „Sustainable Tourism“ nach vorne. Das wurde bei der Storytellers Conference Maldives 2023 deutlich.

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Katja Bauroth
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Traumziel Malediven: Direkt von den Wasservillen aus geht's ins türkisfarbenes Wasser. © Bauroth

Malé. Thoyyib Mohamed war sieben Jahre alt, als die ersten Touristen zum Tauchen auf die Malediven kamen. Das war vor fast 51 Jahren, am 3. Oktober 1972. Die Einheimischen auf den Inseln wohnten meist in einfachen Hütten, es gab keinen Strom, keine eisgekühlte Coca-Cola. Doch lebten sie im Paradies auf Erden: Für viele Menschen ist es ein Lebenstraum, einmal die Füße in den weißen Puderzuckersand zu graben, sich auf dem türkisschimmernden Wasser treiben zu lassen, mit Meeresschildkröten zu schwimmen, unter Kokospalmen beim Blick in den stahlblauen Himmel den Alltag zu vergessen und auf der Privatterrasse einer Wasservilla den Sonnenuntergang zu genießen.

Und das ist heute Thoyyib Mohameds Job: Als Leiter des Tourismusbüros der Malediven (Visit Maldives) möchte er seine Heimat unter dem Motto „Die Malediven – die Sonnenseite des Lebens“ zum beliebtesten Inselreiseziel der Welt werden lassen.

Das Podium der Storytellers Conference 2023. Klimapolitikerinnen der Malediven sprechen mit international bekannten Journalisten, Autoren und Influencern. © Bauroth

Die Zahlen der zurückliegenden drei Jahre sprechen für sich: Die Malediven erwirtschafteten 2020 allein 1,23 Milliarden Euro und damit knapp 27 Prozent des Bruttoinlandprodukts mit Tourismus. In 2021 reisten 1,3 Millionen Gäste auf die Atolle, durften die Malediven doch als eines der ersten Länder während der Pandemie wieder öffnen. 2022 waren es 1,6 Millionen Urlauber. Rein rechnerisch kommen damit auf einen Einheimischen drei Touristen. Deutschland ist derzeit der viertgrößte Quellmarkt mit 61 674 Ankünften (Stand: 6. Juni). Geht es nach den Tourismusmachern des Inselstaates im Indischen Ozean, sollen nicht nur diese Zahlen wachsen.

Ideen für Lösungen diskutiert

70 Journalisten, Blogger und Influencer aus 22 Ländern erfuhren gerade bei der Storytellers Conference 2023, wie sich die Malediven ihre Zukunft vorstellen – mit der klaren Ausrichtung auf „Sustainable Tourism“ (Englisch für nachhaltigen Tourismus). „Wir warten nicht, bis die Welt zu uns kommt, um uns zu retten“, lautet die klare Botschaft der Konferenz. Schon vor 40 Jahren gab es Aussagen, wonach die Malediven in den 2020ern „untergehen“ würden. „Doch wir sind noch da! Klar, die Malediven bestehen zu 98 Prozent aus Wasser. Wenn die Welle kommt, können wir nicht sehr weit rennen“, ist Sabra Noordeen, Sondergesandte für den Klimawandel auf den Malediven, realistisch. Und doch spielen Untergangsszenarien keine Rolle, der Klimawandel jedoch schon. Und für den braucht es zielgerichtete Lösungen.

In den Resorts auf den Malediven wird versucht, Plastik zu vermeiden. Das Wasser in den Restaurants und Zimmer zum Beispiel gibt es in Glasflaschen - wie hier im Le Meridien Maldives Resort & Spa. © Bauroth

Das können zumeist nur kleine Schritte sein. Die Resorts zum Beispiel verzichten auf Plastikflaschen. Das Wasser in Restaurants und Zimmern wird in wiederverwertbares Glas abgefüllt. Für das Trinkwasser wird Meerwasser entsalzen und aufbereitet. Es gibt Programme, um Riffe (drei Prozent der weltweiten Riffe befinden sich auf den Malediven) zu bewahren und geschädigte wieder aufzubauen, um Korallen, die noch nicht vollends abgestorben sind, aufzupeppeln, und um Meeresschildkröten zu schützen.

Das größte Problem ist und bleibt der Müll. Es muss ja so ziemlich alles auf die Malediven importiert werden. Die Landwirtschaft zum Beispiel ist noch ein zartes Pflänzchen. Es gibt vertikale Modelle und Hydrokulturen. Einzig nennenswerter Exportschlager an dieser Stelle sind Produkte aus der Kokospalme, also Kokosnussöl, Kopra und die Kokosfasern. Ein Tourist lässt im Schnitt 3,5 Kilo Müll am Tag auf den Inseln, ein Einheimischer fabriziert die Hälfte. Mülltrennung und -wiederverwertung sind große Themen. Warum den Touristen nicht verbieten, Plastik überhaupt mitzubringen, so wie das im afrikanischen Ruanda der Fall ist?, lautet ein Konferenzvorschlag.

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Größte Hürde im Kampf gegen CO2: die Transportmittel. Da wären die Langstrecken- und Wasserflugzeuge, ohne sie geht es nicht. Die Idee auf der Konferenz: Wenn nur ein Dollar oder ein Euro beziehungsweise ein Prozent vom Preis eines Flugtickets in Schutzprogramme für die Malediven fließen würden, käme einiges zusammen. Und wären nicht Elektroantriebe für Boote eine Option?

Wirtschaftszweig Fischerei

Boote gibt es logischerweise viele. Auch, weil der zweitgrößte Wirtschaftszweig der Malediven die Fischerei ist. Viele Einheimische leben davon. Oftmals ist es eine Familientradition, die über Generationen fortgeführt wird, so wie bei Afrah. Der 32-Jährige stammt von der Insel Hirilandhoo. Er fährt täglich auf See, um Fisch zu fangen und dann direkt zum Endverbraucher zu bringen – etwas, auf das die Malediven stolz sind. Das gilt zudem für die Angelmethode: Thunfisch, mit 90 Prozent der meist gefangene Fisch, wird einzeln und nacheinander aus dem Wasser geholt. Die „Pole-and-Line“-Methode (Angeln mit der Angelrute) wird als besonders nachhaltig angesehen.

Afrah ist 32 Jahre alt und lebt auf der Insel Hirilandhoo auf den Malediven. Er ist ein stolzer Fischer und zeigt hier, wie man Thunfisch – ein Vier-Kilo-Brocken – zerlegt. © Bauroth

Jährlich werden über 180 000 Tonnen Fisch auf den Malediven gefangen, um die 120 000 Tonnen werden zum Großteil als Konserven weltweit exportiert und das seit den 1980er Jahren. Großbritannien ist dabei Exportland Nummer eins in Europa, Deutschland ebenfalls ein starker Abnehmer. Hier gibt es Thunfisch in der Dose von den Malediven unter anderem bei Rewe. Hinter der gezielten Vermarktung steckt seit 1993 mit der Maldives Industrial Fisheries Company Ltd (MIFCO) ein staatliches Fischereiunternehmen, das gegründet wurde, um wirtschaftliche Möglichkeiten für die lokale Fischereigemeinschaft zu schaffen und die Wirtschaft der Malediven zu unterstützen.

Noch ein Funfact am Rande: Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch auf den Malediven liegt bei 145 Kilo im Jahr. Damit ist das Land Weltspitze. Japan liegt mit 84 Kilo auf Platz zwei.

Die Fischgerichte sind auch einfach unwiderstehlich und stehen schon Morgens auf dem Tisch. Mashuni ist ein typisches maledivisches Frühstück. Dafür werden Thunfisch, Zwiebeln, Kokosnuss, Kräuter und Chili fein gehackt und mit Limettensaft, etwas Salz und Pfeffer kräftig per Hand vermischt. Das Ganze wird in ein Fladenbrot (Roshi) gerollt und dann gegessen. Eine erfrischende Speise, mit dem sich so manch Urlauber den Sehnsuchtsort zumindest für den Gaumen nach Hause holt.

Eine tiefergehende Botschaft

Für Thoyyib Mohamed von Visit Maldives ist die touristische Entwicklung seiner Heimat einerseits ein Wunder, andererseits logisch. Er meint das vor allem in Bezug auf die Einheimischen: „Gastfreundschaft ist seit Generationen Teil unserer Kultur und der Geschichte der Malediven“, betont er bei der Storytellers Conference 2023. Die klassischen Luxusresortgäste kommen mit dieser Geschichte und Kultur nicht unbedingt in Berührung. Anders im Crossroads Maldives, einem Resort knapp 20 Schnellbootminuten von der maledivischen Hauptstadt Malé entfernt. Es dient als Tagungsort der Konferenz.

Neben den beiden Hotels – dem ruhigen SAii Lagoon und dem legendären Hard Rock Hotel – bildet Marina Island das Herzstück mit Restaurants und Bars, dem Hard Rock Café, Boutiquen, einem Wassersportcenter und dem Discovery Center. Interaktiv und kindgerecht wird hier das Ökosystem der Inseln vorgestellt sowie dessen Schutz. Die Jahrhunderte alte Schifffahrt bereicherte mit vielen Kulturen. Asiatische, indische und europäische Einflüsse sind vorhanden.

Sultan vom Maldives Discovery Centre auf Crossroads trägt die traditionelle Kleidung für Männer (Feyli). An der Wand ist das Gewand für Frauen zu sehen. © Bauroth

Die Einheimischen sprechen Dhivehi und von Atoll zu Atoll diverse Dialekte. Sie haben eine eigene Schreibschrift und traditionelle Kleidungsstücke: Feyli für Männer, ein schwarzes oder braunes Wickeltuch mit weißen Streifen am unteren Rand, und Kasabu Libaas für Frauen, ein Tunikakleid mit einem aus Gold- und Silberfäden bestickten Ausschnitt.

Auch das ist eine Botschaft der Storytellers Conference 2023, die vor allem an die fotolastige, oft oberflächlich wirkende Influencerwelt geht: „Die Malediven sehen zwar aus wie ein großes schönes Bild, doch die Menschen machen sie aus.“ So formuliert es der indische Schriftsteller Vikas Swarup, in Deutschland bekannt durch den Bestseller „Rupien! Rupien!“. Das Buch wurde 2008 unter dem Titel „Slumdog Millionär“ verfilmt, der Film erhielt acht Oscars.

Hintergrund und Infos

  • Land: Die Malediven sind eine Kette von rund 1190 Inseln im Indischen Ozean. Etwa 220 von ihnen sind bewohnt, auf 167 gibt es je ein Resort. Das Land ist muslimisch.
  • Anreise: Diverse Fluggesellschaften wie Emirates fliegen von Deutschland aus direkt oder mit Zwischenstopp nach Malé.
  • Einreise: Bürger aus EU-Staaten benötigen einen gültigen Reisepass und sie müssen vor dem Abflug eine Reiseerklärung online ausfüllen (https://imuga.immigration.gov.mv/ethd).
  • 98 Prozent der Malediven sind Wasser, ein Urlaub auf dem Boot ist daher ebenfalls eine Option inklusive Inselhopping.
  • Neben den Resorts wie dem Crossroads, dem Le Méridien Maldives Resort & Spa oder dem W Escapes mit den für die Malediven berühmten Wasservillen, also Chalets, die über Stege erreichbar sind und jeweils einen eigenen Meerzugang haben, ist der Urlaub in so genannten Guesthouses beliebt. Davon gibt es etwa 830 auf den Malediven. Guesthouse-Übernachtungen gibt es schon ab zirka 25 US-Dollar pro Person und Nacht.
  • Für Resorturlaube empfiehlt sich von Deutschland aus eine Pauschalbuchung über Reisebüros etwa mit Dertour oder TUI, bei denen auch gleich die Transfers etwa mit Wasserflugzeugen inkludiert sind: Sechs Nächte mit Flug und Halbpension gibt es ab zirka 1500 Euro. Auf den Malediven wird von den Resorts aus schon nach Ankunft am Flughafen alles koordiniert, Gäste können direkt entspannt in ihren Urlaub starten.
  • Die Hauptsaison ist von November bis April, da gilt das Wasser als besonders glatt, es gibt wenig Wind und keinen Regen. Der Mai und Juni sind mittlerweile ein Geheimtipp, da relativ wenig Gäste da sind, das Wetter jedoch prima ist. Temperaturen kratzen an der 30-Grad-Marke.
  • Mehr Informationen unter www.visitmaldives.com

Und doch bleibt es in erster Linie die unbeschreibliche Natur, die die Menschen von den Malediven träumen lässt. Von den weißen Puderzuckersandstränden, dem türkisschimmernden Wasser und dem Sonnenuntergang über der Wasservilla. Möge es auch die nächsten fünf Jahrzehnte so bleiben. Mindestens.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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