Ein Anstieg von mit dem Coronavirus infizierten Menschen macht sich auch auf den Intensivstationen bemerkbar. Aber wie wird die Belegung der Betten erfasst? Gibt es Engpässe? Und wie reagieren Kliniken darauf? Wir geben einen Überblick. Unsere Karte zeigt täglich aktuelle Zahlen zur Belegung in Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und Rhein-Neckar.
Karte: So viele Intensivbetten sind aktuell belegt
Die Zahl der Covid-19-Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden, ist in der Pandemie ein wichtiger Faktor in der Gesundheitsversorgung. Auch in der Region wird die Entwicklung mit Aufmerksamkeit beobachtet.
In der folgenden Karte sehen Sie tagesaktuell, wie viele Intensivbetten in den Kreisen und kreisfreien Städten der Metropolregion Rhein-Neckar und im Main-Tauber-Kreis (unser Verbreitungsgebiet) frei sind. Auch die Zahl der intensivmedizinisch betreuten Covid-19-Patienten stellen wir dar und zeigen, wie viele von ihnen beatmet werden.
Divi-Intensivregister erfasst Intensivbetten zur Akutbehandlung
Das Divi-Register erfasst seit April 2020 die Lage aller Kliniken, die über Intensivbetten zur Akutbehandlung verfügen. Das sind in Deutschland rund 1300 Häuser. Sie sind verpflichtet, täglich vor 12 Uhr mittags die Belegung auf ihren Intensivstationen sowie die Zahl der an Covid erkrankten Personen zu melden. Ziel ist es, Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu handeln - etwa indem Patienten und Patientinnen in weniger stark betroffene Kliniken verlegt oder geplante Operationen verschoben werden.
Die Daten sind im Internet unter www.intensivregister.de für die Öffentlichkeit einsehbar. Dort können Interessierte die zeitliche Entwicklung nachverfolgen oder die Situation in den Bundesländern vergleichen. Das Register wird gemeinsam von Divi e.V. (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) und dem Robert Koch-Institut betrieben und weiterentwickelt.
Intensivstationen: Aufwendige Pflege der schwerkranken Patienten
Auf Intensivstationen werden Patienten und Patientinnen behandelt, die - wie es der Name schon sagt - eine besonders intensive Betreuung benötigen. Das sind in der Regel Personen mit schweren bis lebensbedrohlichen Krankheiten oder Verletzungen sowie frisch Operierte. Manche Kliniken verfügen zudem über sogenannte Intermediate-Care-Stationen für nicht ganz so schwere Fälle, die aber zu pflegeintensiv für die Normalstationen sind.
Überblick: Coronavirus - so viele Fälle sind in der Metropolregion Rhein-Neckar bekannt
Ein besonderes Kennzeichen von Intensivstationen ist der Einsatz von medizinischen Hightech-Apparaten. Dazu gehören Geräte, die die Vitalfunktionen der Patienten kontinuierlich überwachen sowie Beatmungs- oder ECMO-Geräte. Letztere übernehmen die Funktion der Lunge, sie entfernen außerhalb des Körpers CO2 aus dem Blut und reichern es wieder mit Sauerstoff an. Diese Behandlung wird auch bei schwerstkranken Corona-Patienten angewandt.
Die Pflege von beatmeten Patienten ist sehr aufwendig, dazu kommt, dass Pflegekräfte besondere Kenntnisse für die Bedienung der Geräte benötigen. In der Regel betreut ein Pfleger auf Intensivstationen ein bis maximal drei Personen. Es werden auch mehr Ärzte und Ärztinnen als auf Normalstationen benötigt.
Patienten mit einer Covid-Infektion kommen in der Regel dann auf die Intensivstation, wenn sie unter Atmennot - mehr als 25 Atemzüge pro Minute - leiden oder der Sauerstoffgehalt im Blut trotz Sauerstoffzufuhr unter 90 Prozent sinkt. Auch ein starker Blutdruckabfall führt in der Regel zu einer Verlegung auf die Intensivstation.
Zahl der Intensivbetten kann angepasst werden
In Deutschland gibt es offiziell rund 30 000 Intensivbetten. In den Mannheimer Krankenhäusern sind es derzeit rund 150. Am Uniklinikum Heidelberg gibt es 242 Betten auf Intensiv- und Intermediate-Care-Stationen. Die GRN-Kliniken in Schwetzingen, Weinheim, Sinsheim und Eberbach zählen insgesamt 44 Intensivbetten. Dabei handelt es sich - bundesweit wie regional - keinesfalls um feste Größen. „Diese Zahl kann jederzeit an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Steigt die Zahl Corona-Infizierter, können wir auch die Intensivkapazitäten anheben“, berichtet etwa GRN-Sprecherin Frauke Sievers.
Allerdings ist es auch denkbar, dass die Zahl der Plätze im Ernstfall niedriger ausfällt als gedacht. Etwa weil nicht ausreichend Beatmungsgeräte oder Personal zur Verfügung stehen. Entsprechend warnte Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, im Gespräch mit dieser Redaktion, dass viele Intensivbetten „wegen des dramatischen Mangels an Pflegekräften“ nicht genutzt werden könnten.
Personalmangel als Problem auf den Intensivstationen
Die Personalknappheit entwickelt sich zunehmend zum zentralen Problem bei der Versorgung. „Wir hatten ja schon vor der Pandemie nicht genügend Pflegekräfte“, kritisiert Divi-Präsident Janssens. Zwar haben deutsche Kliniken in der Pandemie viele zusätzliche Intensivbetten geschaffen, doch gibt es Zweifel, ob diese im Fall der Fälle wirklich alle belegt werden können. Auch in den Krankenhäusern der Region ist die Lage zum Teil schwierig, am Klinikum Ludwigshafen sowie in anderen Häusern haben sich einige Mitarbeitende selbst mit dem neuen Coronavirus infiziert oder sind in Quarantäne, was für zusätzliche Engpässe sorgt. Auch in der Mannheimer Universitätsmedizin sind Pflegekräfte knapp. Zur Not müssten ganze Bereiche geschlossen werden, damit die dort tätigen Personen dann auf den Intensivstationen einspringen können.
Einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin zufolge gehen 97 Prozent der Mitarbeiter auf Intensivstationen davon aus, dass nicht ausreichend Pflegekräfte für die Versorgung aller Betten zur Verfügung stehen. An der Anfang November 2020 veröffentlichten Umfrage beteiligten sich 1098 Personen, die auf deutschen Intensivstationen beschäftigt sind - darunter 72 Prozent Intensivpflegekräfte und 25 Prozent Ärzte und Ärztinnen. Mehr Personal ist derzeit nicht in Sicht.
Aufwendig und teuer zu bertreiben: Intensivbetten daher meist belegt
Intensivbetten sind immer nahezu vollbelegt - einfach, weil sie sehr aufwendig und teuer zu betreiben sind. Selbst ohne Corona müssen daher mitunter planbare Operationen verschoben werden. Sollten Plätze aufgrund der Pandemie noch knapper als sonst werden, gibt es mehrere Möglichkeiten zu reagieren. „Wenn erkennbar wird, dass viele Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt werden müssen, wird das OP-Programm schrittweise auf Notfälle und dringende Eingriffe reduziert“, erklärt Dirk Schuhmann, Sprecher der Mannheimer Universitätsmedizin, die die Belegung aller Intensivstationen in Mannheim steuert. Dadurch würden Intensivbetten verfügbar, die sonst für frisch operierte Patienten und Patientinnen reserviert wären. Außerdem können Intensiv-Pflegekräfte aus den OP-Bereichen auf den Intensivstationen eingesetzt werden. Die sonst für Operationen verwendeten Atemgeräte werden frei.
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