Comedy - Helge Schneider persifliert im ausverkauften Mannheimer Rosengarten seine Kollegen des Musikbetriebs

Aus der Wundertüte des Lebens

Von 
Annika Wind
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Auch am Saxofon ein Könner: Helge Schneider in Mannheim. © Rinderspacher

Mannheim. Immer diese Technik! Gerade wollte Helge Schneider zu einer Liebeserklärung an Mannheim ansetzen und dann das: Tonausfall. Zumindest auf jeder zweiten, dritten gesprochenen Silbe. So geht es an diesem Abend im Rosengarten oft: Kaum hat sich die Combo eingespielt, quietscht der Meister dazwischen. Inszeniert Wackelkontakte im Mikrofon, pustet in Tröten, lässt seinen Synthesizer aufheulen oder schickt Harfenklänge per Tastendruck in den Saal.

Der ist übrigens ausverkauft, das Publikum aber ungeduldig: Kaum geht zur Pause das Saallicht an, strömen schon viele hinaus – dabei steht Schneider noch auf der Bühne. Ähnliches wiederholt sich zum Ende: Da kehrt der 63-Jährige zwar nicht zu einer Zugabe, aber zu einer herzlichen Verabschiedung noch einmal an den Mikrofonständer zurück – die Reihen aber haben sich schon gelichtet.

Hat sich das Publikum sattgesehen an seiner Show aus Komik, Ein-Mann-Hörspieldialogen und großartiger Musik? Unverwechselbar bleibt sein Spiel aus Erwartbarem und Überraschungen allemal. Aber an diesem Abend monologisiert Helge Schneider, der seinen dunklen Anzug noch mehrfach mit Perücken, Masken und Posen variieren wird, dann doch sehr lang. Oft verstreicht die Zeit ereignislos, schier endlos fummelt er an einem Mikrofonständer herum, um im Anschluss über das richtige Aufstellen eines Cellos zu sinnieren.

Zumindest geht es groovig los: „Dance to the music“ lautet eine Textzeile, die er in ewiger Wiederholung singt und dafür den Funk der 1970er Jahre immer weiter verzerrt. Er parodiert munter die Stile, von Klassik über Techno bis zum Schlager („Wundertüte des Lebens“), er spielt Xylophon, Panflöte am pastellfarbenen Flügel, E-Gitarre und Cello. Schneider ist Komiker und Komponist, Multi-Instrumentalist, Regisseur, Schauspieler – und: begnadeter Entertainer der Selbstparaphrase.

Eingespielte Combo

Dafür variiert er Dauerkalauer wie den „Meisenmann“, den wieder einmal sein Ausdruckstänzer Sergej Gleithmann begleitet (und dafür eine braune Cordhose fast bis unter die Achseln zieht). Auf seinem „Dänzfloar“ ruft er laut „Move your body“ und lässt nach Konfirmanden-Art die Hüfte kreisen. Dazwischen liefert seine bestens aufeinander eingespielte Combo, zu der Jazzbassist Ira Coleman, Peter Thoms (Schlagzeug) und der neue Gitarrist Henrik Freischlader gehören, den passenden Background aus soliden Jazz-Sequenzen und überzeugenden Soli. Schneider kokettiert mit seinem Alter, schiebt Stühle wie einen Rollator, knöpft das Hemd fast bis zur Hüfte auf, um die bleiche Brust zu zeigen und mit Langhaarperücke einen Altrocker zu mimen, der sein Genuschel als politisches Statement verstanden wissen will.

„Alles in Ordnung“ heißt das Programm, das er doch noch zur gelungenen Parodie auf das Musikbusiness im Allgemeinen und den einen oder anderen Kollegen im Speziellen ausbaut. Zu einer Persiflage auf die immer gleichen Gesten, Posen und Textpassagen, auf die Selbstinszenierungen und Eitelkeiten des Konzertbetriebs. In dem man einen Zweiten wie ihn noch nicht gesichtet hat. Und wohl nicht sichten wird.

Info: Fotostrecke unter morgenweb.de/kultur

Mannheim

Helge Schneider gastiert im Rosengarten

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