Flugsaurier, Flammenwerfer und Tausende Fans: Bei ihrem Konzert in der Mannheimer SAP Arena haben Bonez MC und RAF Camora bewiesen, dass eine gute Idee reicht, um auch noch Jahre später die Erfolgswelle surfen zu können. Auf ihrer „Palmen aus Plastik III“-Tour servieren sie im frisch eingeschneiten Mannheim hitzige Offbeats, aufgenommen irgendwo zwischen Kreuzberg und Kingston.
Bei der Show wird nicht gekleckert
Vor sechs Jahren lösten der Hamburger Rapper Bonez MC und sein österreichischer Kollege RAF Camora eine Welle im deutschen Hip-Hop aus, die seitdem die Charts flutet: deutschsprachiger Hip-Hop gepaart mit Dancehall. Ihr 2016 erschienenes Album „Palmen aus Plastik“ („PAP“) mit One-Drop-Rhythmen und großzügigem Einsatz der Stimm-Software Autotune hat den Vibe vorgegeben: „Unter Palmen aus Plastik, am Meer aus Benzin, ohne Sand, aber macht nichts.“ In ihrer Welt ist seitdem viel Platz für Superlative. Meistgestreamte Artists in Deutschland. SAP Arena ausverkauft. Anheizer machen Genre-Kollegen wie Olexesh („Magisch“) und Dardan, die alleine schon kleine Hallen füllen.

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Entsprechend wird auch nicht gekleckert bei ihrer Show. Pünktlich zur Primetime erscheint das Logo zur Tour, das an die „Jurassic Park“-Filme erinnert. Zum Intro aus ihren Hits wie „500 PS“ oder „Letztes Mal“ tanzen mutmaßlich lebensgroße Dinos auf der Bühne.
Dinosaurier und Feuerfontänen
Feuerfontänen und Tänzerinnen sorgen schnell für abgelegte Jacken und Pullover. Zum Puma-Tracksuit trägt man Techwear von Prada. Dreimal Diamant als Verkaufsstatus bei einem Album lassen niemand bescheiden zurück. Dass der dritte und letzte Wurf der komplett auf Platz eins der Album-Charts positionierten „PAP“-Trilogie musikalisch wie inhaltlich ziemlich langweilig daherkommt, scheint hier hingegen niemand zu stören.
"Zwei Tage lang nur gesoffen"
Denn es gibt wichtigere Kriterien. Immerhin werden die beiden Texter von gut der Hälfte der an Schlagzeilen nicht armen Rap-Crew 187 Straßenbande auf Tour begleitet. Etwa Maxwell, der zu einem mäßigen Playback zumindest beherzt im Schlauchboot durch die Menschenmassen surft. Der weitaus umstrittenere Kollege Gzuz, der im September zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde - unter anderem weil er einem weiblichen Fan ins Gesicht geschlagen hat - klingt und schaut einfach nicht gut aus. „Ich habe zwei Tage lang nur gesoffen“, erklärt er sich und macht auch exakt den Eindruck. Das Publikum feiert ihn trotzdem.
Was dann als weitere Überraschung aufhorchen lässt, sorgt bald für Enttäuschung. Kurz verstummt die Halle, als die Lokal-Chaoten HoodBlaq angekündigt werden. Die stets mit Bandanas und Sturmmasken vermummte Rap-Crew aus Ludwigshafen machte zuletzt mit riesigen Fan-Aufläufen und verwüsteten Studios auf sich aufmerksam. Musikalisch ist der Mix aus vielsprachigem Straßenrap und Drill aufregend. Nach einem Playback-Auftritt bleibt jedoch der Eindruck, dass der Polizeiskandal noch das spannendste an den jungen Rappern ist.
„Nie wieder ein Palmen aus Plastik“
Gewohnt liefern hingegen die Gastgeber. Nach wie vor fährt der Dancehall-Sound direkt in die Beine. Ein bisschen Eurodance, ein bisschen Ballermann: Die verwendeten Samples und Melodien sind alle bekannt, groß nachdenken will und muss niemand.
Nach rund zwei Stunden wird zum großen Hit „Nicht ohne mein Team“ als Zugabe eben jenes auf die Bühne geholt. Mit einem beherzten Sprung ins Publikum lässt sich Bonez MC davon tragen. Ein letztes Mal. Denn die Straßenrap-Dancehall endet mit „Palmen aus Plastik III“, wie Bonez MC im Oktober verkündet hat: „Es wird nie wieder ein PAP kommen, das steht fest, und wir haben über 6 Jahre bewiesen, dass wir kein Hype sind.“
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