Eine Musik-Ära geht in Mannheim zu Ende. 21 Jahre lang hat Jochen "Doc" Wenz als Frontmann, Kopf, Komponist und Konzeptionalist den Sound der Mardi Gras.bb geprägt und die Gruppe zu internationalem Erfolg geführt (Auftritte unter anderem beim Montreux Jazz Festival, beim Filmfestival Cannes, in London und Moskau). Nun steigt Wenz aus der Band aus. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt er, warum.
Warum verlassen Sie nach 21 Jahren die Mardi Gras.bb?
Doc Wenz: Entscheidend ist der Bankrott unserer Plattenfirma Hazelwood und das Ausscheiden unseres Produzenten Gordon Friedrich aus dem aktiven Musikgeschäft. Ich glaube, dass es in einem wirtschaftlich nicht gerade ertragreichen Bereich wie der Independent-Musik, die ein Überzeugungstäter-Segment ist, ziemlich unwahrscheinlich ist, einen Produzenten zu finden, der mit ähnlich viel Herzblut und Einsatz an eine Produktion herangeht. Damit hat für mich dieses ganze Konstrukt, das uns in 21 Jahren zwölf Platten hat aufnehmen lassen, entscheidende Risse bekommen, so dass sich Mardi Gras.bb nun als Liveband definieren muss. Und das ist ein entscheidender Grund dafür, dass für mich die Motivationslage nicht mehr stimmt.
Wie hat sich die Entwicklung weg von physischen Tonträgern und hin zu Downloads für Ihre Band ausgewirkt, die ja gerade durch Konzeptalben erfolgreich wurde?
Wenz: Die mp3-Kultur hat zu einer Art Pulverisierung der Musik geführt. Sie hat durch die reine Reduktion auf Daten ganz entscheidend an Haptik und Erotik verloren. Wie soll sich ein Musikhörer in ein durch den Zufallsgenerator seines Computers hereingespültes Datenwölkchen ohne ein Bild des Interpreten, ohne irgendwelche Informationen, in eine neue Band verlieben? Ich glaube, dass die Anonymität, die das mp3-Format mit sich bringt, zwangsläufig dazu führen muss, dass die Beziehung der Hörer zur Musik oberflächlicher, unverbindlicher und weniger leidenschaftlich wird. Und gerade der Independent-Bereich leidet unter dem spürbaren Verlust dieser Bindung.
Was planen Sie nach dem Ausstieg aus der Band?
Wenz: Ich bin mir noch nicht so ganz sicher. Ich warte erst mal auf das große Vakuum, dass sich bei mir nach 21 Jahren Mardi Gras.bb sicherlich einstellen wird. Ich werde erst mal in der für mich ungewohnten Situation sein, überlegen zu müssen, womit ich die Löcher in meinem Leben fülle. Ob das wieder etwas Musikalisches sein wird, kann ich im Moment nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich liebäugle mit der Schriftstellerei, aber vielleicht auch der Hotellerie. Ich habe einige Ideen und nur wenige sind mit Musik verknüpft.
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