Das Gespräch

Dominic Friedel inszeniert Satire „Jeeps“ am Nationaltheater

Der frühere Hausregisseur Dominic Friedel in Mannheim bringt einen Komödien-Tanz auf dünnem Boden der Gerechtigkeit auf die Bühne. Was würde passieren, wenn das Erbe von Reichen in der Lotterie neu verteilt würde

Von 
Martin Vögele
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Der ehemalige NTM-Regisseur Dominic Friedel vor dem Alten Kino Franklin, wo „Jeeps“ seine Premiere feiert. © Christian Kleiner/NTM

Mannheim. Der ehemalige Hausregisseur Dominic Friedel inszeniert am Mannheimer Nationaltheater Nora Abdel-Maksouds Komödie „Jeeps“, in der nach einer Erbschaftsreform reichen Menschen das Erbrecht entzogen und das Erbe in einer Lotterie des Jobcenters neu verteilt wird: Eine satirische Zukunftsvision, die den Blick auf die Gegenwart scharf stelle, so der Regisseur. Premiere ist am heutigen Freitag, 23. Februar, 19.30 Uhr im Alten Kino Franklin.

Nora Abdel-Maksouds Komödie „Jeeps“ am Mannheimer NTM

Vielleicht zur Vorbereitung ein nüchterner Blick auf einige Zahlen: Im Jahr 2022 lebten 16,7 Prozent der Menschen in Deutschland in Armut, 10,1 Prozent sogar in strenger Armut, schreibt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung in einer Mitteilung zum aktuellen WSI-Verteilungsbericht von 2023. Fünf Jahre zuvor hatte die Stiftung ermittelt, dass die wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte zusammen etwa 60 Prozent des Gesamtvermögens besitzen, netto, also abzüglich von Schulden.

Die unteren 20 Prozent besitzen gar kein Vermögen. Die einen können also etwas (möglicherweise auch ziemlich viel) vererben, die anderen eben nicht - womit wir mitten in der Lotterie des Lebens und damit bei der Komödie „Jeeps“ wären, die der ehemalige Hausregisseur Dominic Friedel am Mannheimer Nationaltheater (NTM) auf die Bühne bringt.

Geschrieben wurde das Stück von der Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Nora Abdel-Maksoud, die 2021 auch selbst die Uraufführung an den Münchner Kammerspielen ihrer Heimatstadt inszeniert hatte. Zum Inhalt: In einer Gesellschaft, in der die Kluft zwischen Arm und Reich unaufhörlich wächst, wird reichen Menschen das Erbrecht entzogen und das Erbe in einer Lotterie des Jobcenters neu verteilt. Silke, frisch enterbte Start-up-Gründerin, verbündet sich mit der Hartz-IV-Empfängerin Maude, um bei einem Überfall auf ein Jobcenter die (Verteilungs-)Gerechtigkeit in die eigene Hand zu nehmen.

"Jeeps" schlägt mit einfachen Kniffen eine Zukunft vor

Abdel-Maksoud entwirft in dieser Satire eine Art Zukunftsvision, „und das ist auch das Tolle an dem Text“, meint Friedel, „dass die Autorin sehr genau recherchiert hat und aus dieser sehr genauen Recherche der Gegenwart mit einem ganz einfachen Kniff eine Zukunft vorschlägt, die plötzlich gar nicht so unvorstellbar ist.“ Indem das Stück das Heute weiterdenke, stelle es „die Gegenwart scharf.“ Parallel lässt es aktuelle Debatten wie die ums Bürgergeld, um ein Grund- oder Gesellschaftserbe mitklingen. „Jeeps“, so der Regisseur, sei zwar eine Komödie, aber eine, die „wahnsinnig lustig“ und erschreckend zugleich sei, „die auf einem dünnen Boden“ tanze, der die darunterliegende Tiefe durchscheinen lässt.

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Er inszeniert mit den Ensemblemitgliedern Rahel Weiss (Silke), Almut Henkel (Maude) sowie Boris Koneczny und Rocco Brück (Sachbearbeiter), die eine „sehr unwahrscheinliche Gruppe von Menschen“ bilden, die alle aus einer eigenen Welt kommen aber gemeinsam eine Geschichte erzählten. Ein reales Auto wird es auf der Bühne geben, ansonsten wird das (von Michael Köpke kreierte) Bühnenbild eher reduziert sein - mit einer Lostrommel und einer Bank. „Der Text braucht ja eigentlich auch nicht viel, weil er alles erzählt“, merkt der Theatermacher an. Man habe versucht, die konkreten Orte des Stücks, das durchaus „sehr auf München hingeschrieben wurde“ nach Mannheim zu übersetzen. „Es spielt hier“, sagt Friedel.

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