Kunst

Eloïse Bonneviot und Anne de Boer im Kunstverein Heidelberg

Die multimediale Installation "Tracing a Seeping Terrain" von Eloïse Bonneviot und Anne de Boer im Heidelberger Kunstverein führt durch einen Parcours aus miteinander vernetzten Skulpturen

Von 
Susanne Kaeppele
Lesedauer: 
Die multimediale Installation von Eloïse Bonneviot und Anne de Boer führt durch einen Parcours aus miteinander vernetzten Skulpturen. © Heidelberger Kunstverein

Heidelberg. Überraschung, Überraschung: Am Eingang zur großen Halle des Heidelberger Kunstvereins steht ein Zelt in wunderbaren Farben, das Freundinnen und Freunde mittelalterlicher Kunst anspricht, erinnert es doch an das militärische Zeltlager von Simone Martini in San Francesco in Assisi. Aber es ist wie immer ganz anders: Auf dem Zelt sind Holzpaneele befestigt, die auf den ersten Blick schon an Rorschachtests erinnern, die Tests zur Feststellung der psychischen Gesundheit aus grauer Vorzeit (1920er Jahre).

Im Zentrum dieser Gestalt und der gesamten Ausstellung „Tracing a Seeping Terrain“ dann eine zunächst unerklärliche Form, die aber das Ganze in Gang bringt. Dabei helfen Gürtel, die an der Wand hängen, die auch wieder sehr schön gestaltet sind und Module enthalten, mit denen das Zentrum jeder Figur im Raum mittels RFID-Technik aktiviert werden kann (Radio Frequency Identification, kennen wir vom kontaktlosen Bezahlen). Durch diese Gürtel, die man sich als Besucher anlegen kann, werden wir alle automatisch zu mittelalterlichen Gestalten, die ihre Siebensachen in kleinen Beutelchen an solchen Gürteln aufhoben. Hier sind noch Spielkarten enthalten, die einzelne Aufgaben für die Spieler enthalten.

Aber der Reihe nach: Was sich das Künstlerinnenpaar Eloïse Bonneviot und Anne de Boer hier in ihrer ersten großen Einzelausstellung in Deutschland ausgedacht hat, ist phänomenal, verknüpft es doch hochkomplexe virtuelle System aus der Game-Szene mit Elementen aus der sogenannten DIY-Bewegung (Mach es selbst, ohne wissenschaftliche oder handwerkliche Vorbildung). Einerseits sind alle hier verwendeten Stoffe handgefärbt aus Naturmaterialien, auch gebatikt, was natürlich an die 1970er Jahre erinnert, andererseits basieren die hier verwendeten Modelle auf hochkomplexer Programmiertechnik. Auch auf die Rorschachelemente trifft das zu: Sie wurden mit CAD-Technik aus Sperrholzplatten ausgeschnitten.

Auch Klänge wirken mit

Wenn wahrscheinlich gameaffine Menschen am meisten Freude in dieser Ausstellung haben, gelingt das auch ohne Spielekstase. Etwa die Sessel aus einer älteren Schau in ihrer Mischung aus DIY-Charme mit Ästen oder die Drucke im ersten Stock, die einerseits wieder ästhetisch sehr anregend wirken, aber dann eine virtuelle Kartierung von Naturkatastrophen zum Inhalt haben. Noch gar nicht gesprochen haben wir über den ökologischen Ansatz der Künstler, der ihr Wirken nachhaltig beeinflusst. Kurz zu den beiden: Eloïse Bonneviot, 1986 in Paris geboren und Anne de Boer, 1987 in Enschede, Niederlande, haben sich auf der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam kennengelernt, wo beide studierten und auch unterrichteten. Sie hatten schon etliche Ausstellungen international und leben in Berlin.

Mehr zum Thema

Jesuitengruft

Tag des offenen Denkmals zeigt den Dom zu Speyer mit besonderem Highlight

Veröffentlicht
Von
is
Mehr erfahren

Im Untergeschoss gibt es eine Projektion von Videos, genannt „Winds of Anthropocene“. Der Titel verweist schon auf den Inhalt und das Konzept: Fünf Künstlerfilme beschäftigen sich mit den biologischen und technologischen Konzepten unserer Zeit, dem Anthropozän, der vom Menschen dominierten, auch geologischen Kraft, die den Klimawandel zur Folge hatte. Heather Dewey-Hagborg, Kyriaki Goni, Arjuna Neuman und Denise Ferreira da Silva, Sybille Neumeyer und Mimi Onuoha bilden diesen Umstand auf unterschiedlichste Weise ab.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen