Das Rot. Das Blau. Gerahmte Flächen. Baumelnde Kreise und Quadrate, zu zweit aneinandergefügt. Titel wie „Das Innere des Steins“ oder „Stein und seine Struktur“. Woher bezieht eine Künstlerin wie Gisela Späth, die nicht nur malt, ihre Inspiration? Pauschal: aus der Natur – aber das kann fast alles bedeuten.
Rund 50 Arbeiten von ihr sind im KunstKubusGlas, dem Ausstellungsraum ihrer Kollegin Marianne Merz auf der Vogelstang, zu sehen. Einige hängen an der Rückwand, einige von der Decke herab, andere liegen schräg gekippt auf dem Boden, in einer Vitrine sind dunkle Keramikgefäße, bedeckt von unregelmäßigen hellen Rillenstrukturen: Es sind Abdrücke von Baumrinden. Auf dem Boden: Gouachen, aus tiefem Blau ragen spitzige Dreiecksformen, „Amethyst“ – die kristallinen Energien der bläulich-violetten Steine.
Dreidimensionale Arbeiten
Gisela Späth benutzt häufig Kupferdruckpapier, das in seiner Festigkeit dreidimensionale Arbeiten ermöglicht und sich für Formen mit Öffnungen und Einsätzen etwa von Drahtgittern eignet. Besonders unter Verwendung von Spachtelmasse wird das Material skulptural. Aber auch die ganz andere, hauchdünne Chinaseide regt zu reliefartigen Arbeiten an: Faltungen und Knicke geben Strukturen vor, die mit Tusche betont werden und den Eindruck geheimnisvoller skripturaler Linien erzeugen.
Die schriftähnlichen Linien, durchaus verwandt mit den Rillen der Baumrinde, gehören zu Gisela Späths subtilen – man könnte sagen: Energiefängern. Sie vermitteln das Vorhandensein verborgener Kräfte, unbekannter Denkmuster, die in leise vibrierenden Zeilen sichtbar, wenn auch nicht lesbar gemacht werden.
Was der Form zugrunde liegt
Die Auseinandersetzung mit Mozarts Musik und dem Schriftbild seines Vaters Leopold in einem Brief nach Bruchsal, sie ist charakteristisch für die Kraft von Tönen, Absichten, Wünschen, die den Formen zugrunde liegen. Eine Arbeit in Tusche auf Chinaseide: „Die Faser erzählt mein Gedicht“ – ein Gedicht steht nicht da, ein Gedicht ist in den Fasern verborgen.
Gisela Späth, Mitglied der Gedok Mannheim-Ludwighafen und des BBK Mannheim, war 2002 Gründungsmitglied des Kunstvereins Hockenheim, den sie bis 2020 leitete. Sie hat nicht nur in der Region, sondern auch in Frankreich häufig ausgestellt und ist – zusammen mit Kollegen wie Dietmar Brixy, Gerd Lind und Norbert Nüssle – bis 14. August auch in der Jubiläumsschau zum 50-jährigen Bestehen des Kunstvereins Schwetzingen vertreten.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/kultur_artikel,-kultur-gisela-spaeth-geheimnisse-hinter-den-zeilen-_arid,1977424.html