Kunst

Heike Negenborn erinnert Landschaften - Auszeichnung in Mannheim

Eine besondere Form von Landschaftsmalerei praktiziert die Künstlerin Heike Negenborn. Dafür erhielt sie den Preis der Roland-Stiftung. Die Mannheimer Galerie Zimmermann zeigt Werke von ihr

Von 
Christel Heybrock
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Großer Bahnhof in der Galerie Peter Zimmermann – zum ersten Mal fiel eine Ausstellungseröffnung mit einer Preisvergabe zusammen: Die in Mannheim ansässige Ike und Berthold Roland-Stiftung vergab den Preis des Jahres 2024 an die Malerin Heike Negenborn. Die Auszeichnung ist mit 5000 Euro und einer Urkunde dotiert, die von der strahlenden Künstlerin aus der Hand von Stiftungsrepräsentant Oliver Roland entgegengenommen wurde.

Es ist wahrlich nicht der erste Preis, den die in Bad Neuenahr/Ahrweiler geborene Künstlerin erhielt –auch die Roland-Stiftung kann seit 2009 auf eine ansehnliche Zahl von Preisträgern zurückblicken, darunter herausragende Namen wie das Kubach-Wilmsen-Team, das Mandelring-Quartett oder Brunnenkünstler Gernot Rumpf. Einige Preisträger aus früheren Jahren waren sogar anwesend, darunter der in Ladenburg lebende Kinetik-Künstler Hans-Michael Kissel.

Annette Reich, Leiterin der Gemälde- und Skulpturensammlung der Pfalzgalerie Kaiserslautern, wies in ihrer Einführung darauf hin, wie sich ein Aspekt von „Erhabenheit“ angesichts der imposanten Größe mancher Landschaften verbindet mit Landschaft als einem ästhetischen Sehnsuchtsziel der Betrachter. Tatsächlich muss man genauer hinsehen, um die komplexe Arbeitsweise der Malerin zu erahnen. Sie kombiniert eigene Erfahrungen vor Ort mit der Tradition von Landschaftsmalerei des 17. bis 19. Jahrhunderts: Besonders eindrucksvoll sind stets niedrige Horizontlinien und hohe Himmel, in denen die Dramatik von Wolkenbildungen Platz hat. Heike Negenborns Himmel sind die eigentlichen Akteure ihrer Bilder.

Distanzierte Kühle

Färbungen, Ballungen, Wolkenbänke, sie können es nicht nur mühelos aufnehmen mit Vorgängern wie Camille Corot, Carl Blechen oder John Constable, auf die sie sich mitunter beruft, sondern sie übertreffen sie. Dass die Formen einer Landschaft mithilfe eines perspektivisch angelegten Gitternetzes präzise vermessen wurden, sieht man nicht jedem Gemälde an. Dabei setzt Negenborn sowohl die Kamera als auch Drohnen ein, um Veränderungen zu erfassen, und im Atelier kommt noch die digitale Bearbeitung hinzu. So ergeben sich Ansichten von distanzierter Kühle, die zugleich eine atemberaubende Weite und tiefe Verbundenheit mit „Natur“ an sich suggerieren.

Mit dieser Kombination von Natursehnsucht, historischer Erinnerung und präziser Konstruktion stellt Heike Negenborn eine Besonderheit dar im aktuellen Boom von Landschaftsthemen – es ist ja beinahe, als würde die Kunst noch einmal heraufbeschwören, was Menschen zielstrebig in den vergangenen zwei Jahrhunderten dem technischen Fortschritt geopfert haben und wohl weiterhin bis zur Unkenntlichkeit opfern werden – die unberührte Authentizität von Natur.

Die freilich ist auch nur mehr bedingt Thema von Negenborn. Sie evoziert zwar die Alpen und das Matterhorn, aber auch die „Rheinhessische Toskana“ und Weizenterrassen der Serie „Aragón“ in Spanien. Sie kombiniert also menschengemachte, vermessene Kulturlandschaften mit der Dynamik des Himmels. Da kann ein und dasselbe Motiv, versehen mit verschiedenen „Himmeln“, sämtliche Sehnsüchte nach Schönheit und Kraft der Elemente hervorrufen – und zugleich dem Betrachter kulturelle Distanz anmahnen.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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