Mannheim. Die mit Zusatzstühlen vollgepackte Alte Feuerwache ist restlos ausverkauft, die Anzahl der Besucherinnen und Besucher wird mit 450 angegeben. Allzu überraschend ist das nicht: Heinz Strunk, der „König von Makaber“ (wie der offizielle Titel der Veranstaltung verspricht), hält Hof in Mannheim. Lesen.Hören-Chefin Insa Wilke lässt sich nur zu Anfang blicken und erläutert: „Keine Lesung, sondern eine Show“ sei zu erwarten. Dann verlässt sie rasch das Rampenlicht, eine Moderatorin wird an diesem Abend nicht benötigt.
Kurz darauf erscheint der König selbst und setzt noch einen drauf - indem er „eine Elefanten-Show“ verspricht. Und das schon deshalb, weil Strunks aktuelles Buch aus 30 in Format und Inhalt äußerst unterschiedlichen Erzählungen in diese Richtung zeigt: Es heißt „Der gelbe Elefant“. Bevölkert wird es von den Strunk-typischen Loser-Typen, die vom Autor nur höchst selten aufgemuntert werden, dann indessen mit dem schönen Motto: „Wenn das Leben eine Kopfnuss gibt, mache daraus eine gebrannte Mandel.“
Love-Story als Comic
Meistens sitzen diese Typen freilich bloß in Lübeck in dem griechischen Lokal „Taverna Bacchus“, wo der „Schweiß von 1000 Tonnen Gyros“ die Tapeten anfeuchtet und das Gemüse offenbar „in einem Hundenapf gedünstet“ worden ist. An letzterem Malheur ist die Bestellerin nicht unschuldig: Sie hätte eben statt Gemüse Fleisch verlangen sollen, falls die kleine Anspielung auf Strunks ersten Erfolgsroman gestattet ist.
Der Blick des Autors auf seine Figuren, denen häufig „eine Laus über die Fettleber“ zu krabbeln scheint, gerät im neuen Band bisweilen gnadenlos. Er denunziert sie fast. Doch er beobachtet auch ziemlich treffend und weiß bildhafte Vergleiche anzustellen: „Seine Augenbrauen zappeln wie an einem Angelhaken“, heißt es dann. Oder das Schweigen zwischen den Figuren wird so toxisch, dass es sich „wie Nervengas“ verhält.
Und „reine“ Texte sind bei Strunk ja ohnehin nur Teil der Show, in Mannheim flimmert auf der Leinwand hinter ihm auch eine rührende Geschichte. Eine Love-Story als Comic, zwischen dem Himalaya-gereiften Käselinchen, einem Edelparmesan, und einem schnöden Industriekäse. Da müssen Standesschranken überwunden werden. Und die Tyrannei der Schimmelkäse-Mafia.
Neuer Roman angekündigt
Außerdem gibt es natürlich noch Heinz Strunk, den Musiker und Sänger. Zu gewollt proletenhaftem Dumpf-Beat gibt er Sauf-Parolen aus oder skandiert „Sag’s auf Emoji!“. Wer sich in der Feuerwache denkt, dass damit auch die nächste Ballermann-Saisoneröffnung zu bestreiten wäre, liegt goldrichtig. Strunk sagt es zwei Lieder später selbst. Aber bisweilen setzt er eben auch zu Höhenflügen an, er gilt ja spätestens seit seinem Buch über Fritz Honka, den berühmten Serienmörder, als seriöser, Feuilleton- und Buchpreis-kompatibler Autor. Was darf man von seinem nächsten Streich erwarten, einem zweiten „Zauberberg“ nach Thomas Mann? Er kündigt den Roman in Mannheim jedenfalls schon an. Für den November.
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