So war‘s das Open Air auf der Festwiese

LaBrassBanda ziehen 3000 Fans in Ladenburg die Lederhosen an

Stefan Dettls furiose Band verwandelt mit Moop Mama x Älice und Dis M im Vorprogramm die Festwiese in eine große Tanzfläche.

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
Lebensfreude pur in Ladenburg: LaBrassBanda um Sänger Stefan Dettl begeistern auf der Festwiese. © Proßwitz Markus

Ladenburg. Ein Dreierpack aus Bayern beschert rund 3000 Fans auf der Ladenburger Festwiese ein Fest der Lebensfreude mit einem Hauch von Hippie-Feeling. Nach dem freundlich groovenden Münchner Trio Dis M am frühen Abend stimmen die zehnköpfige Marching-Brass-Band Moop Mama (ebenfalls aus der bayerischen Landeshauptstadt) und ihre neue Front-Rapperin Älice das Publikum stimmig auf die Hauptattraktion ein: LaBrassBanda. Die größtenteils aus virtuosen Konservatoriumsbesuchern bestehende Band zieht Ladenburg endgültig die Lederhosen an – mit unglaublicher Energie, ungeheurer Spielfreude und ohne ein einziges gängiges Blasmusik-Klischee.

Sänger Stefan Dettl lobt die in der Tat hervorragend klingende Anlage und die große Bühne fast direkt am Neckar über den grünen Klee: „Unser Techniker konnte es kaum glauben.“ Veranstalter Dennis Gissel von DeMi Promotion zeigt sich auf Nachfrage glücklich mit der Resonanz. Kein Wunder: Der Abend war organisatorisch und verkehrstechnisch ein entspanntes und gelungenes Aufwärmprogramm für das Open Air der Fantastischen Vier am Samstagabend, zu dem rund 10.000 Besucherinnen und Besucher erwartet werden. Dazu kommt: Mehr Fans haben LaBrassBanda in der Region bisher noch nicht angezogen. Ähnliche viele waren es 2023 beim Zeltfestival in Mannheim, als sich die Bayern die Headliner-Position mit Seiler & Speer sowie dem zugkräftigen Lokalmatador Gringo Mayer teilten.

Musikalisch kann bei Dettl und Co. alles passieren – nur keine Langeweile

Warum funktionieren diese acht meist barfuß und in Lederhosen spielenden Musiker so gut – und vor allem so schnell, dass die Masse sofort nach der Pfeife, äh Trompete, von Dettl tanzt? Das liegt vor allem am Gesamtcharisma dieser Band vom Chiemsee, die wie auf Knopfdruck mitreißende, ausschließlich positive Energie verströmt. Es braucht drei Takte – und alle auf der Festwiese bewegen sich und haben ein Lächeln im Gesicht. Mindestens.

Eigentlich war keine Abkühlung nötig: Trotzdem verpasst Sänger Stefan Dettl seinem Bassisten Fabian Jungreithmayr eine kleine Wasserdusche. © Proßwitz Markus

Dazu kommt beeindruckende Musikalität: Bei Stefan Dettl (Trompete, Gesang), Manuel Winbeck (Posaune), der frisch zur Band gestoßene Gitarrist Michael Wagner, Bassist Fabian Jungreithmayr, Matthias Hoffmann (Tuba), Schlagzeuger Manuel da Coll sowie die kongenialen Trompeter Jörg Hartl und Korbinian Weber (seit 2013) kann auf der Bühne alles passieren – nur keine Langeweile. Sie mischen Blasmusik, etwas distinguierter: Brass, in vielen Spielarten mit Jazz, Funk, Techno, Rock, Reggae, Punk, Polka – gekrönt von mitunter sehr eingängigen Pop-Refrains im urigen Dialekt.

Mehr zum Thema

Interview

LaBrassBanda: „Ladenburg passt perfekt zu uns“

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren
Interview

Provinz in der Provinz: „Ladenburg war ein Riesengeschenk“

Veröffentlicht
Von
Jörg-Peter Klotz
Mehr erfahren

Verblüffend ist dabei vor allem die enorme Präzision der fünf meist wild tanzenden Bläser: Sie können ansatzlos zwischen mehrstimmigen Läufen und hymnischen, aber enorm druckvollen Passagen wechseln. Um dann wieder im Stil großer Funk-Bands messerscharf akzentuierte, kurze Rhythmen zu setzen. Das elektrisiert die Zuhörenden durchgängig – und treibt die aufsteigende Kälte an diesem recht frischen Sommerabend aus den Knochen.

Stimmiges Vorprogramm: Die Münchner Brass-Band Moop Mama mit ihrer neuen Rapperin Älice. © Proßwitz Markus

Dazu kommt, dass die Show an diesem Abend fast nur aus Uptempo-Nummern besteht: „Ich hoffe, wir überfordern euch nicht“, sagt der stets um Achtsamkeit bemühte Dettl, „wir haben nur 90 Minuten. Deshalb kommen die krassesten Nummern hintereinander.“ Gemeint sind Kracher wie „Discobauer“, „Danzn“ und das ultrarasante „Autobahn“. Mehrfach fragt der Bandleader: „Braucht‘s a ruhige Nummer?“ Die Antwort ist immer gleich und sehr laut: „Nein!“ Auch Karin, die direkt vor der Bühne ihr 100. LaBrassBanda-Konzert begeht, will offenbar das volle Brett. Denn Dettl räumt ihr – wie dem gesamten Publikum - bei Songauswahl, Tempowechseln und Wiederholungen („Ruft einfach Rewind!“) Mitspracherecht ein. „Wir ham kein Computer auf der Bühne – ihr könnt langweilige Nummern abkürzen.“ Und umgekehrt. Die Fans wollen natürlich nur mehr – vor allem von „Nackert“, dem ewigen Höhepunkt jeder LaBrassBanda-Show.

„Das lassen wir uns von den Menschenhassern nicht kaputt machen!“

Das macht den Auftritt natürlich noch authentischer, in Zeiten, in denen sogar Bands wie AC/DC sekundengenau dem Takt ihrer gigantischen Bühnenshow folgen müssen und kaum die Möglichkeit haben, spontan das Programm zu ändern. Auch in puncto positiver Lebenseinstellung und politischer Haltung macht diese Band keine Kompromisse: Es gibt kleine Anleitungen zur Selbstliebe, die Tanzen laut Dettl erleichtere, und einen Fokus auf das Konzert als Vehikel eines Gemeinschaftsgefühls, bis hin zu Umarmungen im Publikum. „Das lassen wir uns von den Menschenhassern nicht kaputt machen!“, bringt Dettl die Botschaft auf den Punkt.

Die Kulisse rund um den Ladenburger Wasserturm inspiriert LaBrassBanda spürbar. © Proßwitz Markus

Zu „Holland“ wird trotzdem – achtsam – Pogo getanzt. Und sogar das Metal-Ritual Wall Of Death wird kurz angedeutet. Es kann alles passieren, nur keine längere Atempause. Nicht mal vor der Zugabe. „Wir spielen durch!“ Und wie! Das Gemeinschaftsgefühl auf der Bühne zeigt sich auch daran, dass jeder Instrumentalist auch einzeln Klasse und Einfallsreichtum zeigen kann. Das gipfelt in einem Rock-Exzess nach „Kaffee vs. Bier“, bei dem zunächst Gitarrist Michi Wagner ein episches Solo zelebriert, um dann mit der Rhythmussektion fast die Bühne abzureißen. Jetzt herrscht Euphorie pur: „So soll ein Festival sein!“, ruft Dettl und bezieht Veranstalter und das Ambiente am Ladenburger Wasserturm mit ein: „Dass man einen Turm sieht und einen Fluss.“ Nach „Eisbär“ und „Ujemama“, bei denen die Dampframme noch einmal auf fein ziselierte Musikanten-Kunst trifft, geht es beseelt nach Hause.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke