Der neue Film

Macao-Drama: Colin Farrells Spiel mit Täuschung und Schuld

Edward Bergers neuer Film „Ballad of a Small Player“ entführt ins Spielerparadies Macao und liefert mit Colin Farrell ein fesselndes Drama um Täuschung und Schuld.

Von 
Gebhard Hölzl
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Versucht verzweifelt, seine Pechsträhne loszuwerden: Colin Farrell als Lord Doyle in Edward Bergers Film „Ballad of a Small Player“. © -/Netflix/dpa

Unauffällig hat sich Edward Berger, 1970 in Wolfsburg geboren, als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent in der internationalen Filmwelt etabliert. Bis 1994 studierte er an der Tisch School of Arts der New York University Regie, arbeitete danach bei der Firma Good Machine, die unter anderem Werke von Ang Lee und Todd Haynes produziert hat. Der endgültige Durchbruch gelang ihm mit der mit vier Oscars prämierten Adaption von Erich Maria Remarques (Anti-)Kriegsroman „Im Westen nichts Neues“ (2022), zuletzt begeisterte sein (Kirchen-)Thriller „Konklave“ – Intrigen erschüttern die Wahl des neuen Papstes – Publikum und Kritik gleichermaßen.

Ins Spielermilieu hat sich der Filmemacher aktuell begeben, sich erneut einer literarischen Vorlage bedient. „Ballad of a Small Player“ fußt auf dem Roman von Lawrence Osborne, die Adaption besorgte Rowan Joffe („28 Weeks Later“). Die Netflix-Produktion lief zu gemischten Rezensionen auf Filmfestivals wie Toronto, nach kurzer Kinoauswertung kann die Arbeit ab dem 29. Oktober gestreamt werden.

Colin Farrell als exzentrischer Hochstapler

Der Film führt ins asiatische Zocker-Paradies Macao, Gegenentwurf zum US-amerikanischen Las Vegas. Dorthin hat sich Lord Doyle (Colin Farrell) geflüchtet. Der Adelstitel ist Bluff, in Wahrheit ist Mr. Reilly Sohn eines einfachen Staubsaugervertreters.

Mit in England ergaunertem Geld ist er geflohen, um sich in Fernost eine neue Existenz aufzubauen. Elegant, exzentrisch, gewandet, das Oberlippenbärtchen sorgfältig gestutzt. Mal steckt er im grünen Samtanzug, mal trägt er zur grauen Hose knallrotes Jackett. Alles nur Tarnung. Ein Verlierer. Längst ist er mittellos, schwitzt unaufhörlich. Hetzt von Spieltisch zu Spieltisch. Irgendwann muss seine Pechsträhne vorbei sein. Doch die neun Punkte, die beim Baccara den Gewinn garantieren, sammeln die Mitspieler mit ihren Karten. So ist er ständig auf der Flucht. Vor dem Hotelpersonal, vor allen Leuten, von denen er sich Geld geborgt hat …

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Da taucht die undurchsichtige Cynthia auf – das ätherische Schauspieler-Chamäleon Tilda Swinton, hier einmal schlampig gekleidet, roter Wuschelkopf, die Augen hinter unvorteilhafter Brille versteckt. Aus Großbritannien angereist, gilt es den falschen Fünfziger auf Wunsch ihrer Auftraggeber zur Kasse zu bitten. Da soll die Casino-Angestellte und Geldverleiherin in Person von Fala Chen („Irma Vep“) helfen, die eine Schwäche für den glücklosen Zocker hat. Es kommt, wie es die Regeln des (Sub-)Genres bedingen, zum großen Showdown am Spieltisch – während es in Wahrheit um Schuld und Sühne, Buße, Vergebung und Selbstfindung geht.

Eindringliches Sounddesign, überraschungsarmer Plot

In eine fiebrige, irrlichternde (Großstadt-)Welt entführt Berger mit Kameramann James Friend, in ein Pandämonium, das Volker Bertelsmann mit seiner Musik perfekt akzentuiert. Hinzu kommt ein eindringliches Sounddesign, bei dem einem etwa das Knirschen der hellbraunen Lederhandschuhe, die Doyle am Spieltisch trägt, durch Mark und Bein geht. Mit Farrell („The Lobster“) in Hochform – wie stets, wenn er gut geführt wird. Merkwürdig blass bleibt Swinton („Snowpiercer“), was wohl am eher wendungs- und überraschungsarmen Plot liegt. Egal. Denn bereits die Schauwerte üben ungeheure Sogkraft aus. Ganz wie das Glücksspiel auf Glücksspieler.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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