Kunst - Die große Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg in der Staatsgalerie Stuttgart zeigt, wie Rubens zum Star wurde

Marketingstratege des Barock: Wie Rubens zum Star wurde

Von 
Monika Köhler
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Rubens’ „Hero und Leander“, um 1609 bis 1618: Hero stürzt sich in Trauer um den toten Leander ins Meer. © Staatliche Kunstsammlungen Dresden/Elke Estel

„Ich bin am fleißigsten, wenn Sie mich nichts tun sehen“, soll Peter Paul Rubens einmal zu einem Künstlerkollegen gesagt haben. Kaum vorstellbar, dass solche Worte ausgerechnet aus dem Mund eines Mannes gekommen sein sollen, der als einer der geschäftigsten Maler des 17. Jahrhunderts gilt. Doch lassen sie auch erahnen, wie wichtig dem 1577 als Sohn eines Antwerpener Juristen in Siegen geborenen Künstler neben dem Malen das Nachdenken über seine Kunst war - und über alles, was damit zusammenhängt, angefangen von den Auftraggebern über Material und Technik bis zur lukrativen Vermarktung.

Erfolg und andauernder Ruhm

Wie aber wurde Rubens berühmt? Und wie ist es zu erklären, dass er, der bereits zu Lebzeiten ein Star war, noch heute zu den bedeutendsten Künstlern des Barock zählt, fast 400 Jahre nach seinem Tod? Antworten auf genau diese reizvolle Frage zu finden, versucht die Staatsgalerie Stuttgart in der großen Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg „Becoming Famous. Peter Paul Rubens“.

Die Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart

Die Stuttgarter Ausstellung steht unter der gemeinsamen Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Seiner Majestät, dem König der Belgier.

Sie zeigt rund 90 Gemälde und Papierarbeiten aus dem eigenen Bestand der Staatsgalerie sowie Leihgaben aus international renommierten Museen und Sammlungen, darunter das „Bildnis einer Lesenden“ aus den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim.

Dass Rubens bis in unsere Tage rezipiert wird, demonstrieren in der Schau zeitgenössische Fotografien, die zur Ästhetik Rubens’ und anderer Alter Meister Stellung beziehen.

Becoming Famous. Peter Paul Rubens: Staatsgalerie Stuttgart, Konrad-Adenauer-Straße 30-32, bis 20. Februar 2022, täglich außer Montag von 10-17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr. Katalog 39,90 Euro. Telefonkontakt: 0711 470 40 0

Im Netz: www.staatsgalerie.de

Und zum großen Teil gelingt das auch. Denn Sandra-Kristin Diefenthaler von der Staatsgalerie und Gastkurator Nils Büttner, Rubens-Forscher und Professor an der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, greifen in der in Kooperation mit der Akademie und dem Rubenianum in Antwerpen konzipierten Ausstellung mit einem pädagogischen Ansatz Rubens’ frühe Jahre bis um 1620 heraus, die - für den schnellen Erfolg und andauernden Ruhm entscheidend - für manches Aha-Erlebnis sorgen. Die Einteilung in zehn Rubriken, die um die zentrale Frage kreisen, gibt Hilfestellung. Dennoch ist es für den Besucher, der die Schau als Ganzes verstehen will, nicht immer leicht, in die Rubens-Welt einzutauchen, die Verbindung zwischen Werken und der Biografie des Meisters herzustellen und den Weg des flämischen Künstlers zum Malerfürsten nachzuvollziehen, der in Europa und später darüber hinaus anerkannt war.

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Neben der Herkunft aus einer angesehenen Familie in Antwerpen gehören Talent und Ehrgeiz zu Rubens’ Grundlagen. Er studiert Latein, Literatur und die Philosophie der Antike und baut sich ein Netzwerk mit den geistigen und wirtschaftlichen Größen seiner Heimat auf. Die aus der Bibel von Tobias Stimmer kopierten Figuren um 1597 sind bereits detaillierte Körperstudien. Seine Gemälde unterscheiden sich schon jetzt kaum noch von denen seines Lehrers Otto van Veen, wie der wechselweise jenem und Rubens zugeschriebene „Herkules als Kind“ um 1598 zeigt. Auch seine frühen Bildnisse wie ein Selbstporträt um 1604/1605 verraten mit ihrer Detailgenauigkeit, der Prägnanz der Bildsprache und der in den Gesichtern sich spiegelnden Emotionen bereits die Qualität seiner Malerei. Bisher galt das Doppelbildnis „Geronima Spinola Spinola und ihre Enkelin Maria Giovanna Serra“ von 1605, in dem Rubens neben der Physiognomie auch eine psychische Ebene anspricht, als einziges Original in der Sammlung der Staatsgalerie. Mithilfe hier vorgestellter kunsttechnologischer Untersuchungen konnten darüber hinaus elf Imperatorenbildnisse als von Rubens und einer schon damals eingerichteten kleinen Werkstatt stammende Arbeiten nachgewiesen werden, was die Schau zusätzlich sehenswert macht. Prägend für Rubens waren seine Jahre in Italien ab 1600. Als Hofmaler des Herzogs von Manuta erhält er Zugang zu Adelshöfen und einflussreichen Familien in Genua. In Rom entstehen eindrucksvolle Zeichnungen nach antiken Skulpturen. Neben seinen Zeitgenossen studiert er hier die Kunst der Renaissance - das Gemälde „Hero und Leander“ um 1609 nimmt motivisch direkten Bezug auf Tintoretto.

Größter Auftrag dieser frühen Jahre ist der Hauptaltar in der Kirche Santa Maria in Valicella, zu dem eine kleine Vorstudie gezeigt wird. Zurück in Antwerpen, wird Rubens Hofmaler der Statthalter der Spanischen Niederlande. Mit einer großen Werkstatt setzt er auf arbeitsteilige Serienproduktion, fertigt Vorlagen wie die ebenfalls neu zugeschriebene weibliche Kopfstudie und beschäftigt Kupferstecher, die seine nahezu alle Bildgattungen umfassenden Werke der hohen Nachfrage wegen kopieren. Mit seinen lebendigen voluminösen Figuren wird Rubens zur Marke mit hohem Wiedererkennungswert, die jeder haben will. Bis heute.

Freie Autorin

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