Im Heidelberger Metropolink’s Commissary hat man vorausschauend bestuhlt. Wenn die beiden Percussionisten, der Osloer Ingar Zach und sein Turiner Kollege Michele Rabbia von „Enjoy Jazz“ zu einem Matineekonzert eingeladen sind, ist es gut, wenn die Zuhörer sich in den Liegestühlen zurücklehnen und die Augen schließen können. Was sich auf der Bühne an Klängen und Geräuschen entwickelt, ist nämlich zu einem guten Teil besonders wirkungsvoll, wenn die eigene Vorstellung den Gesamtsound mit Bildern im Kopf komplettiert.
Aus einer Mischung von elektronischen- und allerlei akustischen Sounds komponieren die beiden Percussionisten regelrechte Geräuschebenen mit Phasen aus langsam an- und abschwellenden, flächigen Klängen mit darüber gelegten perkussiven Effekten. Zu einem Science-Fiction-Film würden die Ad-hoc-Improvisationen der beiden Geräuschemacher bestens passen, wobei ein spielerisches Element auch nicht fehlt. Konzentriert auf das jeweils eigene Spiel und ohne Augenkontakt sind die beiden in ihrer Soundwelt. Ihre zahlreichen Instrumente lassen sich dabei klanglich nicht immer zuordnen, da fast alle Signale elektronisch verfremdet aus den hervorragend eingepegelten Lautsprechern kommen. Während Zach meistens die zwischen beiden aufgebaute Marsch-Basstrommel bedient, greift Rabbia gelegentlich auch zum Mikrofon und produziert mantrisch gesprochene Texte, die wie viele der Percussionssounds sich mithilfe kontrollierter Rückkopplung und Klangschleifen zu einer tonalen Basis vermischen. Die meisten der verschiedenen Phasen beginnen mit leisen Wisch- oder Flattergeräuschen, nehmen im Verlauf deutlich an Intensität zu, um nach einem Höhepunkt wieder abzuebben.
Für die Musik dieses Duos gibt es kaum einen passenden Überbegriff. „Experimentalpercussion“ kommt ihrem Geräuschvortrag vielleicht noch am nächsten. Da beide Musiker nur mit ihren Sounds und nicht verbal mit dem Publikum kommunizieren, ist es tatsächlich gut, gleichzeitig das eigene Kino im Kopf zu betrachten. Denn die Fantasie gehört zum Vortrag des Duos eindeutig dazu.
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