Diesem Moment haben die rund 5500 Besucherinnen und Besucher in der SAP-Arena fast zweieinhalb Jahre lang entgegengefiebert: Endlich können sie die Band Santiano im Rahmen ihrer „Wenn die Kälte kommt – Die große Arena-Tour zum neuen Album“ wieder live auf der Bühne begrüßen. Bei ihrem Auftritt am Sonntag haben die fünf Shanty-Rocker neues Liedmaterial sowie Klassiker aus den vergangenen zehn Jahren mit an Bord. Damit sorgten die Nordlichter für ein Wechselbad der Gefühle und zahlreiche Gänsehautmomente. Spezialeffekte wie gezielt eingesetzte Pyrotechnik gehören dazu. Auf der großen Leinwand flimmern immer wieder Videos, die die Songs visuell perfekt umrahmen. Eisklumpen dekorieren die Bühne, zudem lässt das Quintett Papierschnee auf die vorderen Plätze herabrieseln.
Bereits der erste Song bringt eine gute Portion Dramatik: Mit dem melancholischen „Wenn die Kälte kommt“ eröffnen Hans-Timm „Timsen“ Hinrichsen, Axel Stosberg, Björn Both, Andreas Fahnert und Peter David „Pete“ Sage das Konzert. Voller Schwung sticht die Band aus Schleswig-Holstein in See – und nimmt das Publikum mit auf eine Reise ins ewige Eis. Man spürt, dass die fünf Männer unbändige Lust haben, vor ihren Fans aufzutreten. Die Musiker bieten nicht nur stimmlich ein akustisches Vergnügen; auch instrumental ziehen sie die Zuhörer in ihren Bann. Stosberg spielt Percussion und Mundharmonika, Hinrichsen und Both begeistern mit Bass und Gitarre. Gitarrist Fahnert und Violinenspieler Sage komplettieren die Band. Ein Akkordeonspieler sowie ein Schlagzeuger unterstützen die Gruppe zusätzlich.
Ihrer Sehnsucht nach der Seefahrt, dem Meer und der Freiheit sind Santiano treu geblieben. Die eingängigen Seemannslieder mit einem ordentlichen Schuss Rock, Pop-Elementen und tiefsinnigen Lyrics verleihen ein wohliges Gefühl von Hoffnung auf Neuanfänge und Zuversicht. Wer mit Santiano an Bord geht, wird an sein Ziel gelangen. Lieder wie das sentimentale „Wie du liebst“ oder das temporeiche „Liekedeeler“ gehen direkt ins Herz.
Auf der stürmischen Seefahrt passieren die Musiker Irland, dem „Land of Green“, bei dem Sage die Leadstimme singt und die Geige akustisch in den Vordergrund rückt. Bevor sie ihren Hit „Lieder der Freiheit“ aus dem Jahr 2015, das auf der Melodie von Mike Oldfields „To France“ basiert, singen, geht Both auf den Angriff auf die Ukraine ein. Es sei in Ordnung, ein Gefühl der Unzufriedenheit zu haben, betont er. Gleichzeitig warnt er vor Spaltung. „Was wir hier brauchen, in Deutschland und Europa, ist Zusammenhalt“, betont er.
Mit der Ballade „Garten Eden“, ihrer Version von „Scarborough Fair“ und „Ein Leben lang“ lassen die Sänger auch die leisen, bittersüßen Töne zu. Jubelstürme lösen nicht zuletzt frühere Songs wie „Gott muss ein Seemann sein“ und „Santiano“ aus. Die Zeit der Pandemie sei für sie eine Flaute gewesen, betont Both. Erfreut sei die Band, dass die Fans noch immer da sind, sagt er gerührt, bevor die Gruppe die Dankeshymne „Wir für euch, ihr für uns“ vorstellt. Auch ihre Version von Nathan Evans’ Überraschungshit „Wellermann“ kommt an. Nach ihrem mehr als zweistündigen Gig erreicht die Band unter viel Applaus wieder sicher den heimischen Hafen.
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