Man muss, als sich das Abschlusskonzert von Enjoy Jazz im BASF-Feierabendhaus allmählich seinem Ende nähert, noch einmal an die Worte denken, die Rainer Kern eingangs an die Besucherinnen und Besucher richtete. Als der Festivalchef zusammen mit Karin Heyl, Leiterin des Gesellschaftlichen Engagements der BASF, den Abend eröffnet, blickt er auch auf die jüngere Pandemie-Vergangenheit zurück: „Die letzten beiden Jahre waren ja weniger erfreulich für uns alle weltweit“, vor allen Dingen auch für Menschen im kunstschaffenden Gewerbe. „Und es ist sehr, sehr schön zu sehen, dass wir dieses Haus heute Abend ausverkauft haben, dass Sie alle zurückgekehrt sind als Publikum.“ Und damit zeigen würden, dass die Lust auf Kunst nach wie vor ungebrochen sei, so Kern.
Das Publikum feiert
Wer sich nun, etwa eineinhalb Stunden später, in den Reihen umblickt, erkennt: Das Publikum ist nicht nur zurückgekehrt - es feiert. Es feiert und tanzt zu diesem Abend, zur Musik der Band Super Étoile de Dakar und des Sängers, der im Zentrum Geschehens steht: Youssou N’Dour.
Das Konzert des senegalesischen „King of African Pop Music“, des „Königs der afrikanischen Popmusik“, wie N’Dour von einem seiner Mitmusiker vorgestellt wird, bildet den Abschluss des diesjährigen Enjoy-Jazz-Festivals, das Anfang Oktober begonnen und seitdem eine umwerfende Vielfalt hochkarätiger Veranstaltungen in der Metropolregion geboten hatte.
In weißem Gewand tritt N’Dour eingangs auf die Bühne und eröffnet mit unverkennbarer Stimme und dem ruhig temperierten Song „Xale Rewmi“ das Konzert. Aber schon bald wird es hitziger, impulsiver - beim hochtourigen „Li Ma Weesu“ etwa, gefolgt von dem lebensvoll-eingängigen Song „Shaking The Tree“, den der afrikanische Musiker und sein britischer Pop-Star-Kollege Peter Gabriel Ende der 1980er Jahre gemeinsam geschrieben und aufgenommen hatten.
Der heute 63-jährige N’Dour, der neben seinem künstlerischen Schaffen (er gilt als zentraler Wegbereiter der populären westafrikanischen Musikrichtung Mbalax) auch für sein soziales und politisches Engagement bekannt ist, hat im Verlauf seiner Karriere mit internationalen Künstlern wie Gabriel, dem japanischen Komponisten-Großmeister Ryuichi Sakamoto oder Wyclef Jean von der US-amerikanischen Hip-Hop-Gruppe Fugees zusammengearbeitet. Nicht zu vergessen: mit der schwedischen Sängerin Neneh Cherry, mit der er 1994 seinen größten Erfolg landete - die auf Französisch, Englisch und in der westafrikanischen Sprache Wolof eingesungene Ballade „7 Seconds“. Das Publikum im Feierabendhaus stimmt hier ebenso beherzt in den Refrain mit ein wie beim hymnischen Hit „Birima“.
Überhaupt: Schon früh stehen und tanzen vielen Besucherinnen und Besucher an den Seiten und auf den Emporen des bestuhlten Saals, und diese Bewegungswelle, dieser musikalische Energiefluss dehnt sich im weiteren Konzertverlauf bis in die zentralen Sitzreihen aus.
Dafür ist natürlich auch wesentlich die so Besetzungs-starke wie buchstäblich mitreißend aufspielende Band verantwortlich. Neben Saxofon und Bass gibt es zwei Keyboards und drei Gitarren; das Schlagwerk ist gleich vierfach besetzt, mit drei Perkussionisten (darunter Assane Thiam, der die Tama, die westafrikanische Talking Drum spielt) und einem Schlagzeuger. Hinzu kommen eine Sängerin und ein Sänger sowie Tänzer Moussa Sonko, der mit expressiver Körperkunst-Sprache und in wechselnden Kostümen agiert - unter anderem in den grün-gelb-roten-Landesfarben des Senegal. Später werden auch immer wieder Menschen aus dem Saal zum Tanzen auf die Bühne gebeten - oder sie stoßen von selbst dazu: eine überaus einnehmende Konzertdynamik.
Raumgreifende Stimme
Nach „New Africa“, das N’Dour mir kraftvoller, raumgreifender Stimme, nur begleitet vom Schlagzeug und einem Keyboard singt, geht es in die Zugaben-reiche Konzerverlängerung, in der unter anderem die Stücke „I Love You“ und „Happy“ Glanzpunkte setzen.
Das ist kein Jazzkonzert im engeren Sinn, aber es lässt zum Programmabschluss gleichwohl noch einmal exemplarisch aufleuchten, was eine Schlüsselqualität dieses Festivals markiert: Mit offenem Blick in die Welt zu schauen und sein Publikum live (im besten Sinne von: lebendig) mit den musikalischen Positionen und Pulsschlägen zu verbinden, die dort zu finden sind. Und einen dadurch reicher gehen zu lassen, als man gekommen ist.
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