Kabarett - Nektarios Vlachopoulos zeigt sein neues Programm in der Alten Feuerwache – und das Publikum tobt vor Lachen

Über Widersprüche des Lebens

Von 
Sandra König
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Ihm sitzt der Schalk im Nacken: Nektarios Vlachopoulos. © Marvin Ruppert

Entertainer, Philosoph, Sexsymbol – so deklariert sich Nektarios Vlachopoulos gerne. In der Alten Feuerwache hat er am Wochenende die Premiere seines neuen Programms „Ein ganz klares Jein!“ gefeiert: mit intelligenter Stand-up-Comedy, verteufelt guten Texten und kabarettistischen Glanzlichtern.

Schon zum Einstieg in sein zweites abendfüllendes Format steckt der „ehemalige Deutschlehrer mit griechischem Integrationshintergrund“ ratzfatz sein Terrain ab: Er kann blödeln, er kann charmant sein, er kann den Klugscheißer raushängen lassen. Und er kann auch Poesie verfassen.

Vlachopoulos durchwandert philosophisch-anthropologische Fragen ebenso mühelos wie Kunstgeschichte und die Romanreihe „50 Shades of Grey“ auf Schwäbisch (ein nachhaltiger Liebestöter!). Er seziert Gesellschaftsphänomene wie den Thermomix und stets griffbereite Urlaubsfotos in der Hosentasche. Er nimmt typisch deutsche Rucksack-Touristen („Deine Jack-Wolfskin-Jacke und dein Northface-Rucksack sagen: Heil Hitler, wo geht’s hier zum Puff nach Barcelona!“) und sich selbst auseinander.

Auch ernste Momente

Immer wieder gelingt es ihm, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, allein durchs Erzählen von realen Begebenheiten, die Widersprüche des Lebens aufzudecken. Da bekommen die Parteien ebenso ihr Fett weg wie die allgegenwärtige Anforderung, immer und jederzeit zu funktionieren. „Du brauchst keinen richtigen Grund, um glücklich zu sein“, plädiert Vlachopoulos in einem ernsten Moment (die es immer wieder gibt), um dann vorzuschlagen: „Frag einen Zeugen Jehovas, ob er fünf Minuten Zeit für dich hat. Oder renn auf einen Hundebesitzer zu und rufe: Keine Angst, ich will nur spielen!“ Solche Ideen hat er reihenweise anzubieten.

Das Publikum in der gut gefüllten Alten Feuerwache tobt vor Lachen; kein Wunder, dass der Slam-Poet ohne Zugabe nicht gehen darf. Und mit dieser, seiner „Vokaltragödie von Anna, Elke, Iris, Anna und Ulf“ , in der auch alle Diphthonge (also Doppelvokal-Laute wie in „leise“) in bester Ernst-Jandl-Manier vorkommen, setzt er noch mal eins drauf.

Weil Vlachopoulos in Heidelberg studiert hat, gelingt es ihm mühelos, Lokalkolorit in seine Gags einfließen zu lassen. Er kennt Mannheim und die Stadtteile ebenso wie Ludwigshafen – ein gefundenes Fressen für gekonnte Seitenhiebe hier und da, die das altersmäßig bunt gemischte Publikum mit Johlen und Zwischenapplaus goutiert.

Halsbrecherisches Tempo

Nicht alles, was Vlachopoulos an diesem Abend bringt, ist unbedingt niveauvoll. Es darf auch mal flach sein, unfertig, roh. Was ihm nie durchgeht, ist platte Albernheit. Nicht umsonst sahnt der 32-Jährige seit 2011 einen Preis nach dem anderen ab. Was er in seinen in mitunter halsbrecherischem Tempo vorgetragenen Texten raushaut, ist ein humoristischer Schlag auf den Solarplexus eines jeden populistischen Selbstbildnisses, ein Plädoyer für Vielfalt und Toleranz und ein Loblied auf die Schönheit der Worte.

Vlachopoulos ist ein Sprachakrobat, ein Virtuose der gut gewählten Pointen. Entertainer? Klar. Slam-Poet? Vom Feinsten. Sexsymbol? Vielleicht auch das. Auf alle Fälle ein echter Könner seines Fachs.

Erfolgreicher Wortakrobat

Nektarios Vlachopoulos, geboren 1986 in Bretten, studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. Einen Namen gemacht hat er sich als Slam-Poet. Er spricht und inszeniert also eigene Texte in einer Art Performance.

Seit 2008 tritt er in Deutschland. Österreich und der Schweiz auf. 2011 gewann er bei den deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften in Hamburg den Meistertitel im Einzelwettbewerb.

Seit 2016 präsentiert er eigene, abendfüllende Solo-Programme.

Freie Autorin

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