Mannheim. Nachdem sein Planet in ein Schwarzes Loch gezogen wurde, begibt sich T auf eine gefährliche Reise, um Aries, die er liebt und die mit der Heimat verschlungen wurde, zu suchen: „Sound Everywhere In The Universe“ ist eine fantastische Erzählung über die menschliche Existenz, Trauer und Wiedergeburt. Pat To Yan, Hausautor am Mannheimer Nationaltheater, inszeniert sein Stück auch selbst.
Herr Yan, hat das Genre der Science-Fiction in Ihrem Leben eine große Rolle gespielt? Als Leser und Autor?
Pat To Yan: Ja, tatsächlich. Im Alter von etwa elf Jahren hat meine Faszination für Science-Fiction begonnen. Mein Lieblingsautor war Isaac Asimov, seine „Foundation“-Trilogie hat mich sehr beeinflusst, denke ich. Es gibt tatsächlich eine Menge Übersetzungen von guten Science-Fiction-Werken in Hongkong und ich las eines nach dem anderen. Außerdem war ich von Sci-Fi-Filmen wie der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie fasziniert. Dann fing ich langsam an, mich für Magischen Realismus zu interessieren, für Haruki Murakami oder Gabriel García Márquez. Als ich begann, meine Lesegewohnheiten zu entwickeln, mochte ich also nicht unbedingt die realistische oder naturalistische Tradition. Ich las und schaute zwar auch davon viel, aber meine Favoriten waren diese Art von seltsamen Sachen. Ich glaube, sie haben meiner Vorstellungskraft mehr Raum gegeben und sie erweitert.
Science-Fiction ist oft ein Mittel, um uns etwas über das Heute zu erzählen, indem wir in die Zukunft schauen. Und um uns etwas über unser Inneres zu sagen, indem wir hinaus in den Weltraum schauen, würden Sie da zustimmen?
Yan: Ja, ich stimme völlig zu. In der Science-Fiction geht es immer um das Hier und Jetzt. Sci-Fi-Filme und auch -bücher berühren etwas Universelles. Das ist auch der Ausgangspunkt meiner Arbeit an diesem Stück. Dort frage ich nach Veränderung, ich frage: Wenn es eine Katastrophe gibt - was für eine es auch immer sein mag, Covid, Krieg oder anderes - wie gehen wir damit um? Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass es danach zu einer Veränderung kommt? Wie gut wird sie werden?
Pat To Yan
- Der Dramatiker, Regisseur und Lehrbeauftragte Pat To Yan wurde 1975 in Hongkong geboren. Er studierte dort Englische Literatur und Soziologie sowie Szenisches Schreiben an der Londoner Royal Holloway University. In der Spielzeit 2021/2022 ist er Hausautor am Mannheimer Nationaltheater.
- Die Premiere der Uraufführung von „Sound Everywhere In The Universe“ wird heute, 25. März, 20 Uhr, im Studio Werkhaus gefeiert. Weitere Termine und Karten gibt es unter nationaltheater-mannheim.de.
- Yan schreibt zudem das Libretto für das von Malin Bång komponierte Stück „The Damned and the Saved“, eine Koproduktion von Oper und Schauspiel des Nationaltheaters mit der Münchener Biennale. Premiere in Mannheim ist am 16. Juni, die Uraufführung erfolgt zuvor am 15. Mai in der Münchner Muffathalle.
„Sound Everywhere In The Universe“ ist der dritte und letzte Teil Ihrer „Posthuman Journey“-Trilogie, nach „Eine kurze Chronik des künftigen China“ und „Eine posthumane Geschichte“. Was verbindet diese?
Yan: Ich glaube, es gibt zwei Elemente, das eine ist die Reise: In jedem Stück müssen die Figuren ein vorbestimmtes Schicksal vollenden. Sie müssen auf diese Reise gehen. Das andere Element ist die sogenannte „near future“, das bedeutet, dass etwas sehr bald geschieht. Es bedeutet, dass wir jetzt absehen können, welche Effekte die Gegenwart auf diese nahe Zukunft haben wird. Ich habe in den Stücken über die Perspektiven der Hongkong-China-Beziehungen nachgedacht, über die Probleme mit der Bio- und der Informationstechnologie und wie eine zukünftige Welt aussehen mag. Und in diesem geht es um eine Weltraumreise.
Diese Reise führt die Figur T auf der Suche nach seiner verlorenen Liebe um ein schwarzes Loch herum. Wie setzt man das auf der Bühne in Bilder um?
Yan: Theater ist eine andere Art von Erzählen. Es ist nicht wie Hollywood, wo man eine Menge Geld ausgeben kann, um etwas sehr Reales zu kreieren. Im Theater ist weniger mehr. Das bedeutet, dass es wichtig ist, die Vorstellungskraft des Publikums anzuregen. In der traditionellen chinesischen Malerei wird die Landschaft üblicherweise sehr groß und die abgebildete Person sehr klein dargestellt. Ich wollte dieses Gefühl eines großen Universums in der Black Box kreieren.
Sie schreiben meist auf Englisch …
Yan: Ich kann sowohl auf Englisch, Hochchinesisch und auf Kantonesisch schreiben, Kantonesisch ist meine Muttersprache. Auf Englisch zu schreiben, habe ich während meines Studiums in England begonnen, ich musste als Abschlussarbeit ein Stück auf Englisch verfassen - das war „Eine kurze Chronik des künftigen China“. Ich bin schon mehrfach nach dem Unterschied gefragt worden, auf Englisch oder Chinesisch zu schreiben. Ich sage dann, dass es zwei völlig verschiedene Stücke werden würden. Professor Lehmann (Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann) sagte einmal in etwa, dass die Schriftsprache eine Antwort auf die Tradition und Kultur dieser Sprache ist. Und dann verstand ich, wenn ich die englische Sprache benutze, trete ich auch in Konversation mit der englischen Kultur und Tradition. Deshalb wird es anders sein.
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