Mannheim. Man kann es ein bisschen symbolisch lesen, dass Musikerin Mine an einem Samstagabend auf der Mannheimer Bundesgartenschau auftritt, der in eine ungemein Sternschnuppen-reiche Nacht münden wird. Damit ist freilich nicht das Element des Verglühens in der Atmosphäre gemeint, sondern das Außergewöhnliche und Strahlende ihrer Musik, die gleichsam einen glitzernden Schweif ans Firmament pinnt: Klang, Gestus und Bewegung gehen bei ihr eine Symbiose ein, wie es in jenen besonderen Momenten der Fall ist, wenn Pop über das rein Musikalische hinaus ins Kunstvolle weist. Man könnte vielleicht sagen: Mine macht Perseiden-Pop.
Master an der Popakademie
Ein Konzert der Wahlberlinerin Mine - bürgerlich Jasmin Stocker - in Mannheim ist immer auch eine Rückkehr an einen Ort, der ihrer Karriere wichtige Impulse gegeben haben dürfte. Etwa damals, vor zehn Jahren, als sie zum Abschluss ihres Masterstudiums an der Popakademie ein erinnerungswürdiges Orchesterkonzert im Capitol gab.
In Orchesterbegleitung hat sie auch gerade erst wieder einige Konzerte gespielt, auf der Buga aber tritt Mine mit ihrer Band auf: Popakademiker und Indie-Singer/Songwriter Martin Haller (der zudem seinen eigenen Song „Bitter“ singt) an Gitarre und Tasten, Vroni Frisch an Bass und Gesang, Winfried Rimbach-Sator am Keyboard und Tilman Ruetz am Schlagzeug. Die Sängerin, Komponistin, Produzentin und Multiinstrumentalistin (80 Instrumente habe sie mittlerweile, verrät Mine) agiert ihrerseits an Tasten, Loopstation und Trommel.
Dem Augenschein nach haben sich zu Beginn sicherlich über 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer auf dem - heuer unbestuhlten - Konzertareal vor der Spinelli-Hauptbühne und den umliegenden Grünflächen versammelt. Mit „Unfall“ und „Hinüber“ erlebt das Publikum hier eingangs eine eindrückliche, zwischen klagendem Klang einer singenden Säge und vereint-wuchtigem Schlagwerkgewitter packend changierende Bestandsaufnahme zur (Schief-)Lage der Welt.
Mehr als 1000 Zuhörende
„S/W“ und der French-House-Abräumer „Elefant“ servieren dagegen erstklassigen Elektropop. Das so prägnant wie filigran gearbeitete Indie-jazzige Frühwerk „Hinterher“ versetzt einen in jene Mikroeuphorie, wie es veritable Song-Klassiker manchmal tun; „Ich weiß es nicht“ ist dagegen eine ganz neue, fein gewobene Ballade.
Den intensivsten, kalt ins Herz schneidenden Moment markiert das sich wild gegen den Tod aufbäumende „Du kommst nicht vorbei“, den leichtesten, verspieltesten liefert in der Zugabe „Eiscreme“. Mines Ankündigung eines neuen Albums („Baum“ soll es heißen und sei „das beste, was ich jemals gemacht habe“, wie die Sängerin sagt) ist mit diesem formidablen Auftritt im Rücken nicht nur eine Information, sondern ein Grund zur Freude. Damit kommt sie dann im nächsten Frühjahr auch wieder nach Mannheim, in die Alte Feuerwache. Also vormerken.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/kultur_artikel,-kultur-wie-saengerin-mine-auf-der-mannheimer-buga-perseiden-pop-spielt-_arid,2115102.html