Mannheim. Handgemacht und unverfälscht geht es zu, als Singer-Songwriter Andreas Kümmert und seine Band beim Seebühnenzauber im Mannheimer Luisenpark spielen. Das Trio liefert bei seinem Konzert eine kraftvolle Mischung aus Blues-Klassikern und eigenen Songs.
Dieser Schmerz lässt einfach nicht nach: Da ist einer, der jahrelang in der Stahlmühle schuftete, unvermittelt verlassen und von zuhause rausgeschmissen worden. Völlig perplex und ungläubig fährt ihm der Blues in die Knochen, wo er bis heute steckt. Über 70 Jahre nachdem der US-Musiker Eddie Boyd seinen zum Klassiker avancierten Song „Five Long Years“ geschrieben hat, entfesselt Sänger und Gitarrist Andreas Kümmert diese verzweifelte Seelenklage des Verlassenen im Konzert neu - und zwar mit glühender Intensität. „Handmade & Live“ geht es hier zu, wie der Veranstaltungstitel verrät, also ohne Taschenspielertricks aus der Sound-Dose. Dabei geht Kümmert seine erprobte Band in der Besetzung mit Bassist Asbjörn Gärtner und Michael Germer am Schlagzeug zu Hand.
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Andreas Kümmert tritt unter Dach auf - "des Wetters dank"
Einen Moment lang ist man indes irritiert, als man die Veranstaltungsstätte betritt. Denn der Auftritt vor einigen Hundert Besucherinnen und Besuchern findet nicht wie gewohnt auf der Seebühne selbst statt, sondern auf dem festen - und überdachten - Boden vor dem Tribünen-Block B. Was den willkommenen Nebeneffekt hat, dass das Publikum dort sehr nah am Geschehen sitzt. Das sei „des Wetters dank“ so geschehen, erläutert Kümmert - als Schutz vor möglichem, zeitweilig angekündigtem Regen. „Und jetzt ist gar kein Wetter“, kommentiert der Musiker launig, und es bleibt auch im weiteren Verlauf des mit Pause über zweistündigen Abends trocken.
Extrem trocken ist auch der Sound, mit dem das Trio operiert, das mit der Jazz-Gillum-Nummer „Reefer Head Woman“ ins Programm startet. Seinen Gesang setzt Kümmert da schon ohne Anlauf unter Vollspannung, lässt dazu die leutselig-elaborierte und erfrischend schroff verzerrte Stimme seiner Stratocaster-E-Gitarre erklingen.
Applaus im Stehen: Starkes Set von Andreas Kümmert und Band beim Seebühnenzauber
Germer und Gärtner bilden dazu das druckvoll-federnde rhythmische Rückgrat. Sein eigener, munterer Boogie-Blues-Song „Hard Times“ folgt, der sich auf Kümmerts aktuellem Studioalbum „Working Class Hero“ wiederfinden lässt. Auch das poppig-eingängige „Simple Man“ fehlt nicht auf der Setlist - der erste Top-Ten-Hit, den der damalige Gewinner der TV-Casting-Show „The Voice of Germany“ 2013 landete. Ein „bisschen runter“, so Kümmert, fahren die Drei die Blues-Betriebstemperatur mit der Ballade „Something In My Heart“, und mit „Spaceships“ liefert die Band ein gefühlvoll-warmherziges Stück, das er 2021 für seinen Sohn geschrieben habe, wie der Singer-Songwriter erzählt.
Bei zwei Titeln steigt Gastsänger Jochen Thoma stimmstark mit ein, und mit dem Elten-John-Cover „Rocket Man“ geht es schließlich über Ziellinie, hinter der mit dem Blues-Klassiker „Before You Accuse Me“ als Zugabe weiter gefeiert wird. Den Applaus für dieses starke Set gibt’s im Stehen.
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