Barockfest

Winter in Schwetzingen: Berliner Lautten Compagney im Schloss

Von 
Hans-Günter Fischer
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Cornelius Uhle (Bariton, links) und Hanna Zumsande (Sopran). © Susanne Reichardt

Wer sich in ein altes Schloss zurückversetze, „ohne selbst dort sein zu müssen“, habe es nicht schlecht getroffen, findet Wolfgang Katschner. Und er muss es wissen: Mit seiner Berliner Lautten Compagney geht Katschner schon jahrzehntelang auf solche Zeitreisen. Das Gastspiel beim Winter in Schwetzingen im Rokokotheater führt nach Weißenfels (heute zu Sachsen-Anhalt zählend). Johann Philipp Krieger war dort 48 Jahre lang Kapellmeister und Komponist, er schrieb im späten 17. Jahrhundert, kurz vor der Epoche Bachs des Großen, deutsche Singspiele – die größtenteils nicht mehr erhalten sind.

Es existierten lediglich „Best-Of-Drucke“ der Arien, die im Grunde schlichte Strophenlieder seien, sagt der Chef der Lautten Compagney. Es handelt sich um keine neue Ausgrabung alter Musik, schon 1995 hat die Compagney eine CD mit Werken Kriegers aufgenommen. „Zwei lebende Mitspieler“ bei dieser Unternehmung seien noch in Schwetzingen dabei, flachst Katschner. Wie fast immer, haben die geübten Patchwork-Musiker die Vorlagen aus den diversen Singspielen zu einem launigen Pasticcio arrangiert: Unter dem Motto „Lieben und geliebet werden“ sind „kleine Beziehungsstorys“ zu verfolgen.

Angereichert mit meist heiteren Erkenntnissen und offensivem Augenzwinkern. Aufgetischt von einer Sängerin und einem Sänger, die bei der Premiere 1995 zweifellos noch nicht dabei waren: Hanna Zumsande und Cornelius Uhle. Erstere verkörpert mit gut fokussiertem, textverständlichem Sopran und vorbildlich natürlichen Verzierungen die Melancholische. „Das Glück ist wie der Mond“, glaubt sie zu wissen: manchmal zu-, aber vor allem abnehmend. Ihr Partner gibt den Wissenden, Erfahrenen, den Draufgänger und Waidmann: „Jagen bringt die schönste Lust“, erklärt Cornelius Uhle (übrigens mehr Bass als Bariton). Er meint damit wohl auch das zweibeinige Wild. Im späten 17. Jahrhundert war das ziemlich anzüglich.

Und einen echten, wirklich wunderschönen Ohrwurm gibt es auch, Hanna Zumsande seufzt darin in bittersüßen Tönen: „Einsamkeit, du Qual der Herzen“ (aus dem Singspiel „Procris“). Routiniert im guten Sinn, bisweilen sogar inspiriert, gerät das Spiel der Lautten Compagney. In kurzen Ausschnitten aus den Sonaten Johann Philipp Kriegers gibt es an der ersten Geige – mit dem elegant phrasierenden Andreas Pfaff – noch einen dritten „Sänger“.

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