Auf den ersten Blick ist der Betrachter angesichts der aktuellen Studioausstellung in der Kunsthalle Mannheim etwas irritiert. Sind es Möbelstücke, die von der fernöstlichen Dependenz eines hier allzu bekannten skandinavischen Einrichtungshauses stammen, die entsprechend der in Asien vorherrschenden Mode und Sitzgewohnheit passend umgestaltet wurden? Das Kunstwerk, und auch sein Titel: „8 Chairs (Adolescent Fabrications)“ verleiten zu solchen Annahmen.
Doch da sich dieses Werk in der Mannheimer Kunsthalle befindet und noch dazu von einer Kunststiftung, nämlich der des Heidelberger Unternehmers und Kunstsammlers Rainer Wild, als preiswürdig empfunden wurde, kann man auf jeden Fall davon ausgehen, dass mehr dahintersteckt. In der Tat erweist sich der Autor dieser raumgreifenden Installation, Yong Xiang Li, als ein Grenzgänger, der sogar die Nähe zum Design nicht scheut.
Für Yong Xiang Li ist ein Bild kein isoliertes Objekt, das flach an der Wand hängt, sondern es lässt sich als ein Element innerhalb eines größeren Zusammenhangs begreifen. Mit seinen in Mannheim ausgestellten Arbeiten, die er „Sculptural Paintings“ nennt, mischt er die herkömmliche Gattungsdefinition in der Kunst auf und schafft einen neuen Kontext, der jenseits klar umrissener Festschreibungen liegt.
Bei der Auswahl der einzelnen Elemente hält sich Yong Xiang Li ebenso wenig an ein vorgefertigtes Schema. Man erkennt auf den Tafeln unterschiedliche Bemalungen, zum Beispiel gebogene dunkelgrüne Bambusrohre vor einem strahlendblauen Himmel, wodurch ein starker Farbkontrast entsteht. Die anderen Tafeln tragen unterschiedliche Malereien mit dezenten Blautönen oder Schachbrettmustern. Teilweise entsprechen sie geometrisch aufgebauten Konstruktionen, wie man sie von der konkreten Kunst her kennt, teilweise informellen Malereien. Was auffällt: Der Betrachter, will er das Kunstwerk erfassen, ist gezwungen, seinen Standpunkt zu ändern, in die Hocke zu gehen, vielleicht sogar sich vor das Kunstwerk zu legen, um dessen Heterogenität zu erfassen.
Yong Xiang Li, 1991 in Changsha geboren, arbeitet und lebt in Berlin. Bevor er nach Frankfurt ging, um dort ein Kunststudium als Meisterschüler von Judith Hopf an der Städelschule abzuschließen, hat er in London Graphik Design und Moving Image studiert. Diese Doppelbegabung griff auch der Kurator, Gunnar Saecker, in seiner Laudatio anlässlich der Vergabe des mit 5000 Euro dotierten Preises auf. Demnach möchte der Künstler sowohl durch den Inhalt als auch den formalen Aufbau seiner Werke deutlich machen, dass es ganz unterschiedliche Perspektiven gibt, die Welt zu sehen.
Der Rückgriff auf die Zahl Acht setzt auch eine gewisse Beziehung zur horizontal liegenden Acht als Symbol der Unendlichkeit. In dieser Form hat sich der Künstler auch selbst via Selbstbildnis in sein Werk eingebracht: Als liegend gemaltes Selbstporträt, was aber wirklich nur zu sehen ist, wenn man vor dem Kunstwerk buchstäblich in die Knie geht.
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