Alle Beteiligten hatten gehofft, dass es nicht wieder nötig sein würde. Weil die Pandemie in diesem Winter beherrschbar wäre und die Kultur aus ihrem Klammergriff entlassen hätte. Nun erleben wir zwar keinen Lockdown wie 2020, aber die Corona-Kulturkrise hält an. Messbar an halbierten Besucherkapazitäten und einer zunehmenden Zurückhaltung des Publikums. Beides macht rentable Veranstaltungen fast unmöglich, Letzteres kann auch die großzügigste Politik nur schlecht kompensieren. Deshalb freuen wir uns, dass das Kulturressort dieser Redaktion wie im Vorjahr Kreative aus Mannheim und der Region unterstützen kann: Denn das KulturGut-Festival geht in die zweite Runde.
Möglich gemacht hat das abermals eine Spenderin, die anonym bleiben und lediglich das Motto „Let The Music Play“ noch einmal verwirklicht sehen möchte. Mit 10 000 Euro legt sie den Sockel für eine mindestens eintägige Video-Aufzeichnung voraussichtlich Anfang Februar im Mannheimer Musikkabarett Schatzkistl von voraussichtlich 15 Kurzauftritten auf Profi-Niveau. Zusammen sollen diese ein rund zweistündiges Online-Festival ergeben. Und allen Beteiligten ist eine Grundgage von 100 Euro garantiert.
Enormes Bedürfnis, zu helfen
2020/21 traf diese Konstellation auf eine enorme Spendenbereitschaft bei unseren Leserinnen und Lesern, die alle Erwartungen übertroffen hat und für die wir uns noch einmal bedanken. Am Ende konnten 26 Kreative (auch Begleitmusikerinnen und -musiker wurden honoriert,) dank Ihrer Hilfe mit jeweils 515 Euro ein wenig besser durch die Krise kommen. Beeindruckend war das Ausmaß der Solidarität auch deshalb, weil so der große Stellenwert der Kulturszene auch durch die Bevölkerung unterstrichen wurde. Diese Anerkennung war und ist mindestens genauso wichtig wie der finanzielle Aspekt. Wichtig war aber auch, dass die Künstlerinnen und Künstler nach monatelanger Zwangspause überhaupt wieder auf einer Bühne stehen und sichtbar sein konnten.
Da die Lage in diesem Winter zwar dramatisch geblieben, aber anders gelagert ist, wurde das Konzept von KulturGut der Situation angepasst. Bei der Premiere waren überwiegend etablierte Kulturschaffende am Start: etwa ein Jazz-Ensemble um Alexandra Lehmler, dazu Keyboarder Peter Seiler, Sänger Claus Eisenmann, Gitarrist Adax Dörsam (mit Silke Hauck), Chanteuse Susan Horn sowie die Kabarettisten Frederic Hormuth, Daniel Helfrich und das Dusche-Duo Lössl/Sütsch.
Bei der zweiten Auflage setzen wir den Schwerpunkt gezielt auf die junge Generation. Weil ihre Vertreterinnen und Vertreter zurzeit am meisten unter der Situation leiden. Denn wer in den vergangenen anderthalb Jahren ein exzellentes erstes oder zweites Album veröffentlicht hat, konnte es kaum wie gewohnt an den Mann oder die Frau bringen: Auftrittsmöglichkeiten blieben Mangelware, große Festivals, d e r Anschubfaktor für Massenpopularität, fielen trotz eines regen Open-Air-Sommers fast komplett aus. Ins kuratorische Raster fallen aber nicht nur absolute Newcomer. Im Fokus stehen – grob, also nicht streng bürokratisch definiert – hochklassige Künstlerinnen und Künstler, die ihren Karrierestart in den vergangenen fünf Jahren hatten und von der Pandemie ausgebremst wurden.
Großartige Musik veröffentlicht
Bis jetzt stehen einige Teilnehmerinnen fest: Songwriterin Alex Mayr hat mit „Park“ ein hinreißendes Indie-Popalbum veröffentlicht, das von „Rolling Stone“ bis Deutschlandfunk gefeiert wurde. Das aber noch mehr Fans hätte gewinnen können ohne Corona-Einschränkungen. Wie sehr die Popakademikerin auch „fremdes“ Publikum in den Bann ziehen kann, zeigte sie im September beim Maifeld Derby.
Ähnliches gelang Julia Nagele alias Listentojules etwa bei Palatia Jazz mit ihrem ambitionierten Nachhaltigkeitspop. Wie Mayr hat sie Wurzeln in der Quadratestadt geschlagen, nach Abschlüssen an Popakademie sowie Musikhochschule, und demonstrierte auf ihrer starken EP „Listen 2 Sessions“ wie integrativ sie in der jungen Szene zwischen Jazz und Pop wirken kann.
Der Dritte im Bunde singt außer Konkurrenz, nicht nur wegen seiner fast einzigartigen Tieftöner-Stimme: Ex-Flourishless-Sänger Paul Gerlinger verzichtet aufgrund seines verlässlichen Ziviljobs auf Spenden, hat als Künstler aber trotzdem massiv unter den mangelnden Auftritten zu leiden. Denn auch ihm ist mit der EP „Gut allein“ extrem hörenswertes Material gelungen, das sehr viel mehr Öffentlichkeit verdient.
Jazz-Combo um Gabriele Maurer
Alle Kreativen spielen jeweils bis zu acht Minuten im Schatzkistl. Man wird sehen, ob sich wie im Vorjahr wieder spannende Kollaborationen ergeben. Im Jazz-Bereich liegen sie nahe. Hier kooperiert das KulturGut-Festival im Schatzkistl mit dem (fast) benachbarten Club Ella & Louis. Das heißt, in Kooperation mit dessen Chef Thomas Siffling haben wir ein Jazz-Quartett zusammengestellt, das in verschiedenen Konstellationen auftreten kann: mit den Sängerinnen Gabriele Maurer, die auch als Saxofonistin reüssiert, und Jil Pappert, Bassistin Shana Moehrke sowie Philipp Weyand am Piano. „Die Idee, Unterstützung auf junge Leute zu konzentrieren, passt perfekt in die Zeit“, findet Siffling.
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden bis Ende Januar mit Porträts im Kulturteil vorgestellt. Spenden sind ab sofort über das Kulturnetz Mannheim Rhein-Neckar möglich und können auf Wunsch quittiert werden.
Unter der Leitung von Kulturnetz-Chef Peter Baltruschat, der auch Vorschläge zum Programm beigetragen hat, wird das Schatzkistl-Team um Martin Heiler wieder den Ablauf organisieren. Großzügigkeit kann sich nicht nur ideell lohnen: Wenn es die Pandemie-Situation zur Zeit der Aufzeichnung zulässt, verlosen wir unter den Spendenden einige Plätze für die kleine Gala mit hoffentlich großer Wirkung. Dabei bestimmt natürlich die reibungslose Aufzeichnung der Videos den Ablauf – aber hochkarätige Live-Auftritte sind garantiert!
Info: Video des ersten Festivals im Leben-Portal unserer Homepage.
Spenden über Kulturnetz
- Gespendet werden kann ab sofort. Beträge in jeder Höhe bitte an den Verein KulturNetz Mannheim Rhein-Neckar mit dem Betreff „KulturGut“
- Die Bankverbindung: Sparkasse Rhein Neckar Nord, IBAN: DE51 6705 0505 0038 9769 82.
- Die Aufzeichnung ist für Anfang Februar im Mannheimer Schatzkistl geplant.
- Wenn es die Pandemielage zulässt, werden unter den Spenderinnen und Spendern bis zu fünf mal zwei Plätze im Schatzkistl verlost.
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