Metropolregion. Berlin, Köln, Leipzig - und Wiesloch. Pride-Demonstrationen sind in Deutschlands Großstädten längst ein feststehender Termin. Das Team von Dorfpride bringt sie auch in kleinere Städte im Rhein-Neckar-Kreis - an diesem Samstag, 29. Juli 2023, nach Wiesloch. Mit der Demonstration will das Team auf die Situation von queeren Menschen auf dem Land aufmerksam machen - und fordert mehr Angebote.
„Queere Menschen fühlen sich auf dem Land oft allein“, sagt Susanne Hun vom Dorfpride-Orga-Team. Sie sind einem schwierigen Dilemma ausgesetzt. Outen sie sich, gelten sie oft als „der bunte Hund“ im Dorf. „Die Sichtbarkeit von queeren Menschen ist auf dem Land oft höher“, sagt Hun.
Dorfpride will queeres Leben auf dem Dorf sichtbar machen
Als junge Erwachsene ziehen viele von ihnen weg aus ihrer Heimat in größere Städte. Dort sind sie oft auch weniger Diskriminierung ausgesetzt. Und es gibt Clubs, Partys, Beratungsstellen und Gruppen für queere Menschen - Orte und Räume, an denen sie in positiver Weise gesehen und willkommen sind.
„Wir im Orgateam erinnern uns alle an unsere Jugend und wie es war, als wir noch keinen Führerschein hatten“, sagt Hun. Queeren Jugendlichen bleibt dann oft nur das Internet als Rückzugsraum. Zwischen Feuerwehrfest und Turnverein haben sie in ihrem Ort oft keinen Raum, an dem sie ihre Identität ausleben können.
Queere Menschen fühlen sich auf dem Land oft allein.
Auch dafür, dass queere Menschen auf dem Land in positiver Weise sichtbar werden, demonstriert die Dorfpride. Hun erzählt, dass das in den vergangenen drei Jahren bei der Dorfpride in Mühlhausen, Oftersheim und Ladenburg gut funktioniert habe. Teilnehmende seien auf das Orgateam zugekommen und hätten gesagt: „Endlich fühle ich mich gesehen.“
Denn das Team der Dorfpride will auch zeigen: Queere Menschen leben nicht nur in den großen Städten, sondern sie haben auch auf dem Dorf ein Zuhause. Dass queere Menschen aus dem Dorf wegziehen, müsse nicht sein und könne auch nicht im Interesse einer Gemeinde liegen, heißt es auf der Internetseite der Dorfpride.
Dorfpride in Wiesloch: Das sind die politischen Forderungen
Deshalb stellt die Dorfpride konkrete politische Forderungen. Konkret fordern das Team und die Demonstrierenden im Rhein-Neckar-Kreis:
- Gezieltes Vorgehen gegen Gewalt an queeren Menschen und Präventionsarbeit im gesamten Rhein-Neckar-Kreis.
- Die Einrichtung von kostenlosen Beratungsstellen für queere Menschen – und zwar überall, nicht nur in den großen Städten.
- Das Etablieren von "safer spaces", also Treffpunkte und Orte für queere Menschen – und zwar in jedem Dorf.
- Die Einrichtung von queerer Jugendarbeit, um queeren jungen Menschen Sicherheit, Zuversicht und Empowerment zu bieten. Dazu zählen zum Beispiel queere Jugendclubs.
- Weiterbildung und Sensibilisierung in Bezug auf queere Themen für Lehrkräfte, Beschäftige in der Verwaltung und andere relevante Stellen, um die Ungleichbehandlung von queeren Menschen überhaupt erst verstehen zu können und dann dementsprechend handeln zu können.
Dorfpride findet bereits zum vierten Mal im Rhein-Neckar-Kreis statt
Die Idee zur Dorfpride hatte das Team Anfang Juli 2020 nach Anfeindungen gegen die trans Frau und Winzerin Simona Maier, die in Mühlhausen geboren und aufgewachsen ist. „Gegen den Hass wollten wir eine bunte Demonstration setzen“, sagt Hun. Vier Wochen später, am 2. August 2020, fand die erste Dorfpride statt. Rund 500 Menschen liefen damals mit. Seitdem fand jedes Jahr ein CSD in klein im Rhein-Neckar-Kreis statt. Im vergangenen Jahr in Ladenburg waren bereits rund 1500 Personen dabei.
Wo die Demonstration stattfindet, entscheidet das Team gemeinsam mit der Community. Mit der Online-Umfrage „Deutschland sucht das Superdorf“ sammeln sie Vorschläge. Dann prüft das Team nochmal, ob der Ort geeignet ist. „Menschen müssen dort auch hinkommen“, sagt Hun. Und die Vereine und Institutionen vor Ort werden einbezogen.
Programm der Dorfpride: Was am Samstag geplant ist
Auch in diesem Jahr erhält das Team Unterstützung von den Verantwortlichen vor Ort. Los geht es um 14 Uhr mit einem "Meet and Greet" am Adenauerplatz in Wiesloch. Dann zieht die Demo nach einer Kundgebung durch die Stadt. Um 15 Uhr wird am Rathaus mit Oberbürgermeister Dirk Elkemann die Regenbogenflagge gehisst. Um 18 Uhr endet die Demo und es gibt eine Afterparty im Kapitol.
Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises unterstützt die Ziele der Dorfpride. „Rund sieben bis zehn Prozent der Menschen in Deutschland verstehen sich als queer. Diese Zahl verdeutlicht, wie wichtig die Akzeptanz von Vielfalt für unser gesellschaftliches Zusammenleben ist“, so Landrat Stefan Dallinger. Aus Solidarität sollen daher vor dem Hauptgebäude des Landratsamts in Heidelberg die Regenbogenflaggen wehen.
Programm der Dorfpride in Wiesloch
- 13 – 14 Uhr Meet and Greet am Adenauerplatz Wiesloch
- 14 – 14:45 Uhr Startkundgebung am Adenauerplatz Wiesloch
- 14:45 – 15:30 Uhr Demozug durch den Ortskern mit Hissen der Regenbogenflagge am Rathaus
- 15:30 – 18 Uhr Kundgebung am Schillerpark Wiesloch
- ab 18 Uhr Afterparty im Kapitol Wiesloch
Susanne Hun freut sich auf die Demonstration und lädt alle Menschen, ob queer oder nicht, ein, nach Wiesloch zu kommen: „Hingehen, Mitlaufen, sich für die Rechte queerer Menschen einzusetzen und ein Zeichen setzen.“
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