Mannheim. Plötzlich ging alles schnell: Am 23. März empfing das vegane Restaurant „Schön Klar“ im Mannheimer Jungbusch zum letzten Mal seine Gäste. Am Freitag, knapp drei Wochen später, zieht bereits neues Leben in die Beilstraße 29 ein – es eröffnet die Café-Bar „Lume“, die auch Restaurant sein will. Karim Skeirek, zuständig für das Marketing in den sozialen Medien, muss kurz überlegen, was die größte Herausforderung des neuen Gastro-Betriebs werden könnte – bis er sich ganz optimistisch wagt: Er rechnet nicht nur mit einem Ansturm, sondern nennt es auch gleich als Herausforderung, diesem gerecht zu werden.
Mit einem „Monopol auf ein Frühstückscafé“ will er punkten – denn neben Bäckereien sieht er die Café-Bar „Lume“ als derzeit einzige Möglichkeit, im Jungbusch bereits ab acht Uhr morgens zu frühstücken. Karim Skeirek ist überzeugt, damit eine Lücke in dem abendlich geprägten Viertel zu schließen. Er will für im Jungbusch wohnende Studenten auch eine Alternative zu den Frühstücksbuffets in den Quadraten sein.
Das sieht auch Eray Kaptan so, Sohn der Familie, die die Vision für das Café bereits seit mehr als zwei Jahren hegt. Betrieben wird das Café von Familie Kaptan. Karim Skeirek übernimmt den Social-Media-Auftritt – und Termine wie das Vor-Ort-Interview mit dem „MM“. Dabei berichtet Skeirek: Kurzfristig schlug Familie Kaptan zu, als sie über ein Immobilien-Portal von der frei gewordenen Fläche erfuhren – trotz der Miete von über 3000 Euro monatlich, die schon der vorherige Betreiber zahlte.
Café Lume im Jungbusch: Mit Fokus auf vegetarische Küche sollen Preise sinken
Dennoch ist es vor allem der Preis der Gerichte, den die neuen Betreiber im Vergleich zum „Schön Klar“ senken möchten. Statt auf teure vegane Ersatzprodukte zu setzen, für die das Vorgängerlokal bekannt war, soll der Fokus stärker auf vegetarischer Küche liegen, ergänzt um einzelne Fleischgerichte. Unter der Woche soll die Café-Bar bis 20 Uhr öffnen, am Wochenende bis 22 Uhr, um auch Publikum abzugreifen, das an alkoholischen Getränken interessiert ist.
Ich halte persönlich gar nichts von einem Festlegen auf nur vegan.
Ade also zum rein veganen Restaurant – auch wenn das „Lume“ mit Angeboten wie Avocado-Broten oder Bulgur-Salat weiterhin für die bisherige Stammkundschaft attraktiv bleiben will. Auch ein veganer Flammkuchen bleibt auf der Speisekarte stehen, neben einer Lauch-Käse-Variante und dem Klassiker mit Speck und Zwiebeln. „Ich halte persönlich gar nichts von einem Festlegen auf nur vegan“, sagt Karim Skeirek. „Wir wollen niemanden ausschließen.“ Mit seiner großen Küche könne das Café „Lume“ tagsüber auch einen Restaurantbetrieb gut stemmen.
Das sagt der „Schön Klar“-Inhaber zum aus des veganen Cafés
Das „Schön Klar“ – dessen zweite Filiale am Hauptbahnhof ebenfalls schließt – ist derweil eines von mehreren veganen Angeboten, das nach kürzerer Zeit wieder aus Mannheims Stadtbild verschwindet. Das steht exemplarisch für eine großstädtische Gastronomie-Szene, in der Vielfalt zwar gefragt ist, Spezialisierung jedoch mitunter Risiken birgt.
Christian Ehrhardt, der neben dem ehemaligen „Schön Klar“ auch die Bar „Filmriss“ im Jungbusch betreibt – diese wird nicht schließen –, sieht die Verantwortung für das Ende seiner veganen Restaurants ausschließlich beim Staat: „Die politische Lage lässt Gastronomie in Deutschland nicht mehr wirklich zu“, meint er. Gleichzeitig bestätigt er aber, dass sein Geschäft im „Filmriss“ weiter gut laufe. Von der SPD fühle er sich belogen, die Ende 2023 erst versprach, dass die reduzierte Mehrwertsteuer in der Gastronomie bleibe, um sie dann doch auf 19 Prozent zu erhöhen.
Die Koalition aus Union und SPD, die seit Mittwoch steht, hat nun angekündigt, die Gastro-Mehrwertsteuer wieder auf sieben Prozent zu senken – für Ehrhardt kommt das zu spät. 2024 habe er im „Schön Klar“ nur Minus gemacht und „es kommt fast so rüber, als wäre das gewollt“, behauptet er, um seiner Wut Ausdruck zu verleihen.
Dass die volle Spezialisierung auf vegane Gerichte auch Teil des Scheiterns sein könnte, will Ehrhardt erst verneinen: „Vor Corona lief es ja auch besser.“ Doch auch ihm ist klar, dass in Zeiten gestiegener Inflation die Preissensibilität der Kundschaft zunimmt, was auch teure vegane Produkte betrifft. „Der Staat will ja auch nicht, dass man vegan ist“, spinnt Erhardt seine Verantwortungszuschreibungen weiter. Denn auf Kuhmilch gelte ein ermäßigter Steuersatz, auf Hafermilch nicht.
Wo? Wann? Mehr?
- Wo? Beilstraße 29, 68159 Mannheim
- Wann? Eröffnung am 11.04.2025
- Mehr? @lumejungbusch
Am Entschluss, beide „Schön Klar“-Filialen zu schließen, dürfte aber auch eine persönliche Veränderung von Christian Ehrhardt mitgewirkt haben: Bald schon wird er mit dem Camper durch Portugal reisen.
Die Café-Bar „Lume“ startet jetzt mit einer anderen kulinarischen Ausrichtung. Wie das neue Konzept langfristig im Viertel ankommt – nämlich Frühstück, Restaurant, Café und gleich auch Bar unter urban-stilvollem Ambiente zu vereinen –, bleibt abzuwarten. Der Jungbusch unterliegt gastronomisch und sozial nicht selten mancher Veränderung – und damit auch einer Offenheit. Wer hier neu aufmacht, muss aber nicht nur neben altbewährten Größen einen Platz finden, sondern sich auch gegen die in Mannheim zunehmende Fluktuation in diesem Segment behaupten.
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