Metropolregion. Ein Weinkeller voller edler Tropfen – doch die Flaschen bleiben zu. Was früher ein täglicher Genuss war, ist heute nur noch Dekoration. Doch nicht etwa, weil der Wein zu schade wäre, sondern weil dessen Besitzer es nicht mehr darf. Eine Krankheit hat ihn gezwungen, auf Alkohol zu verzichten. Doch sich ganz den Edeltropfen zu entsagen, war keine Option. Und so klingelt er nun monatlich an der Tür von Goodvines und kauft seinen Wein. Einen Wein, der alles hat – nur keinen Alkohol.
Er ist nicht der Einzige. Immer mehr Menschen setzen auf die alkoholfreien Alternativen des Heidelberger Unternehmens. Sei es aus gesundheitlichen Gründen, während der Schwangerschaft oder weil sie einfach bewusster genießen möchten. Für den Gründer Jörn Walkling steht dabei eines fest: Sein Angebot ist keine Kampfansage an den klassischen Wein, sondern eine Ergänzung für alle, die nicht immer Alkohol trinken können, wollen oder dürfen.
Eigentlich wollte er Weinschorle produzieren
Walkling selbst ist eher zufällig auf den alkoholfreien Wein gestoßen. Anfangs wollte er mit einem Freund eine eigene Weinschorle auf den Markt bringen. Als sie deswegen einen potenziellen Abfüller besuchten, verarbeitete dieser gerade alkoholfreien Wein. Walkling durfte probieren. Danach war er sich sicher: Das könne man besser machen. Nach über einem halben Jahr im Weinlabor brachte er mit seinen Geschäftspartnern ihren ersten alkoholfreien Wein auf den Markt, ein Riesling. Seit 2018 wächst das Weinportfolio jährlich.
Walkling setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit den Winzern. Er kauft deren Weine, um diesen den Alkohol entziehen zu lassen. Seine bisherigen Weine stammen aus der Pfalz, Rheinhessen und Spanien. Sein nächster wird allerdings aus der Region kommen. Goodvines arbeitet dafür mit dem Heidelberger Weingut Clauer zusammen, um einen gemeinsamen alkoholfreien Scheublanc, eine Mischung aus Scheurebe und Sauvignon Blanc, auf den Markt zu bringen.
Es ist kein Weinersatz, sondern eine Erweiterung
„Alkoholfreier Wein ist kein veganes Schnitzel“, sagt Jörn Walkling. Er betont, dass es hier nicht darum gehe, ein völlig neues Ersatzprodukt zu schaffen, das nichts mehr mit dem Original zu tun habe – wie es bei Fleischalternativen oft der Fall ist.
Stattdessen bleibt das Grundprodukt dasselbe: echter Wein, der bereits vergoren ist und seine typischen Aromen entwickeln konnte. Erst danach wird ihm der Alkohol entzogen, ohne dass der Charakter des Weins verloren geht.
Wie entalkoholisiert man Wein?
Wie man Alkohol aus Wein entfernt, ist schon seit über hundert Jahren bekannt. Doch erst in den 1980ern wurde das Patent für diese Technik freigegeben. In den letzten zehn Jahren habe man die Technik dann so weit verbessert, dass die Weine ihren Geschmack behalten. Die Entalkoholisierung geschieht im Vakuum. Unter diesen Bedingungen siedet der Alkohol bei 27° Celsius aus dem Wein. Die Aromen werden so geschont. Die noch im Alkohol vorhandenen Aromen werden durch einen Membranfilter oder spezielle Harze zurückgewonnen.
Walkling ist überzeugt: „Alkoholfreier Wein hat Zukunft. Denn Wein ist ein tolles Produkt. Man kann ihn nur nicht immer aufgrund des Alkohols trinken.“
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