Energie

Solaranlagen für Mehrparteienhäuser

Steuerliche und bürokratische Hürden stehen oft im Weg, wenn Eigentümer für Mehrfamilienhäuser Solaranlagen anschaffen wollen – möglich ist es dennoch

Von 
Katja Fischer
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Sieht man eher selten: Solaranlagen auf dem Dach von Wohnungseigentümer-gemeinschaften, denn darüber müssten mehrere Parteien abstimmen und sich zudem über die Verwendung des Stroms einigen. © Jens Kalaene/dpa

Bonn/Freiburg. Worüber im Einfamilienhaus wenige Köpfe entscheiden, müssen im Mehrparteienhaus mehr Menschen abstimmen. Zum Beispiel beim Thema Solaranlage. Doch unmöglich ist eine Installation deswegen nicht.

Denn während viele Eigenheimbesitzer längst eine Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Hauses haben, sind die meisten Dächer von Mehrfamilienhäusern mit mehreren Eigentümern noch unbelegt. Als Grund werden oft steuerliche und bürokratische Hürden genannt. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, wie auch Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) mit überschaubarem Aufwand vom selbst erzeugten Sonnenstrom profitieren können.

Mit Leitfaden zur Solaranlage

Die Energieagentur Regio Freiburg hat in einem Leitfaden mehrere Wege zusammengefasst, wie WEG Solarenergie für sich nutzen können. „Darin werden verschiedene Betriebskonzepte vorgestellt – vom Mieterstrom über die Allgemeinstromversorgung bis hin zu Einzelanlagen und Volleinspeisung des erzeugten Stromes“, sagt Johannes Jung von der Energieagentur. Neben der Beschreibung der einzelnen Konzepte finden Interessenten auch konkrete Schritte, die bei der Planung und Umsetzung gegangen werden müssen.

Einfache Mehrheit reicht

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Frederick Mersi
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„Die verschiedenen Betriebskonzepte haben unterschiedliche rechtliche und steuerliche Konsequenzen“, sagt Rechtsanwalt Michael Nack vom Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE). Grundsätzlich sei die Installation einer PV-Anlage auf dem Gemeinschaftsdach eine bauliche Veränderung, die eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit einfacher Mehrheit beschließen kann.

Nur diejenigen WEG-Mitglieder, die für die Installation stimmen, müssen später auch die Kosten tragen. Es sei denn, die Maßnahme amortisiert sich oder es wird bei der Beschlussfassung die doppelt qualifizierte Mehrheit (mehr als zwei Drittel der Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile) erreicht. Dann müssen alle Eigentümer die Kosten mittragen, in der Regel aufgeteilt nach den Miteigentumsanteilen.

Eigentümer entscheiden

Doch welches Betriebskonzept kommt überhaupt infrage? Besonders naheliegend: Die WEG installiert gemeinsam eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. „Die Eigentümer müssen vorher überlegen, ob sie die Anlage selbst betreiben wollen oder einen Dienstleister damit beauftragen wollen“, sagt Michael Nack.

Außerdem ist es wichtig zu entscheiden, ob mit der Anlage nur der Allgemeinstrom der Wohnanlage, also zum Beispiel für Aufzug und Treppenbeleuchtung erzeugt werden oder ob der Strom auch in den Wohnungen genutzt werden soll. Auch über die eventuelle Belieferung von E-Ladestationen sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen.

Steuerliche Hürden

„Die Planung und Vorbereitung einer Gemeinschaftsanlage ist ziemlich zeitintensiv, denn es muss in der Gemeinschaft Überzeugungsarbeit geleistet werden, damit die notwendigen Mehrheiten auch zustande kommen“, so Nack. Den verbindlichen Beschluss kann ausschließlich die Eigentümerversammlung fassen, die üblicherweise nur einmal im Jahr stattfindet.

Und es gibt noch eine zweite Hürde: In Mehrfamilienhäusern ist die sogenannte Personenidentität nicht gegeben. Wenn die WEG den Strom produziert und verkauft, wird sie rechtlich einem Stromversorgungsunternehmen gleichgestellt und auch steuerlich so behandelt. Das wäre beim sogenannten Mieterstrommodell der Fall, bei dem die Bewohner den Strom für ihre Wohnungen von der WEG beziehen. Dieses Problem verunsichert viele WEG.

Wollen WEG diese bürokratische Hürde umgehen, können sie sich für ein Betriebsmodell entscheiden, bei dem nicht die Eigentümer oder Mieter den Strom beziehen, sondern die Gemeinschaft selbst.

Beim Betriebsmodell Allgemeinstrom produziert die WEG als Gemeinschaft den Solarstrom, verbraucht ihn dann auch selbst in gemeinschaftlichem Eigentum wie Aufzügen, Treppenhausbeleuchtung oder Gemeinschaftsräumen. Damit verkauft sie ihren Strom nicht und gilt auch nicht als Unternehmen. Das macht es in den meisten Fällen bedeutend leichter.

Volleinspeisung als Ausweg

Das einfachste Konzept für den Betrieb einer PV-Anlage ist die Volleinspeisung. Dabei wird der gesamte von der PV-Anlage erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist. „Zwar fällt hier der eigene PV-Stromverbrauch im Gebäude weg, aber der Strom bringt der WEG Geld ein“, sagt Johannes Jung. Allerdings fungiere die Wohnungseigentümergemeinschaft dann ebenfalls als Unternehmen. Damit das Modell wirtschaftlich ist, müssen sich Anschaffungs- und Instandhaltungskosten für die PV-Anlage im Laufe der Zeit durch die Einspeisevergütung amortisieren. „Die Volleinspeisung ist auch eine Option, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft sich noch nicht für ein Betriebskonzept entscheiden kann, aber schon eine PV-Anlage installieren will,“ betont Jung. Denn der Umstieg auf den Eigenverbrauch des Stroms sei später jederzeit möglich.

Einzelanlagen eine Option

Findet sich keine Mehrheit, um die PV-Anlage als Gemeinschaftsanlage der WEG zu installieren und zu betreiben, bleibt die Option der Einzelanlagen. „Dabei verpachtet die Wohnungseigentümergemeinschaft an einzelne Mitglieder Flächen auf dem Gemeinschaftsdach“, sagt Michael Nack. Einzelne Wohnungseigentümer werden Pächter, installieren ihre persönliche PV-Anlage und nutzen den dadurch erzeugten Strom in ihrer Wohnung. „Die Wohnungseigentümergemeinschaft tritt hier lediglich als Verpächter auf. Voraussetzung ist ein Beschluss der Eigentümerversammlung über die Verpachtung der Dachfläche.“ dpa

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