Fernweh im Schilderwald

Von Los Angeles über Dubai nach Hongkong, mit Zwischenstopps in Oberanschissing und Unterkaka – im Fernweh-Park im oberfränkischen Oberkotzau reisen Besucher anhand von originalen Orts- und Straßenschildern kosten- und risikolos durch die ganze Welt.

Von 
Pia Hoffmann
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Mit Schildern aus aller Welt, aber auch lustigen Ortsnamen aus Deutschland lockt der Fernweh-Park die Besucher ins Fichtelgebirge. © Hoffmann

Arabische Schriftzeichen entführen ins märchenhafte Abu Dhabi. Das wappenförmige Ortsschild von Beverly Hills versprüht Glamour. Dazwischen warnen gelbe Rauten und Dreiecke vor Elchen, Alligatoren oder Kängurus. Wer im Urlaub einmal unter einem der markanten Schilder gestanden hat, fühlt sich sofort dorthin zurückversetzt. Andere Wegweiser beflügeln, befremden, erstaunen oder machen neugierig. Der Fernweh-Park in Oberkotzau vereint Schilder aus der ganzen Welt auf einem Fleck – und weckt bei Besuchern die Reiselust.

Den ersten Hinweis auf den skurrilen Schilderwald gibt der braun-weiße Wegweiser an der Autobahn. Eine gute Beschilderung ist schließlich das Aushängeschild für Parkinitiator Klaus Beer, der seit mehr als 40 Jahren als Dokumentarfilmer die Welt bereist. Bei Dreharbeiten in Kanada kam ihm die Idee für den Fernweh-Park. „In dem kleinen Ort Watson Lake an der Grenze zu Alaska stieß ich auf den Sign Post Forest, einen Wald mit 70 000 Schildern aus aller Herren Länder. Das war so etwas Tolles, das musste ich einfach nach Deutschland bringen.“

4000 Tafeln weisen den Weg

Bislang hat der Weltenbummler rund 4000 Metalltafeln zusammengetragen. Viele davon hat er selbst auf seinen Reisen ergattert, aber er freut sich auch über Schilder, die Besucher mitbringen. Je exotischer desto besser. Deutsche Ortsschilder hat Klaus Beer mehr als er aufhängen kann, aber vor allem aus Afrika sucht er noch Beiträge.

„Jeder Urlauber hat bei uns die Möglichkeit, seine Traumreise unvergesslich zu machen“, sagt er. „Wir hängen das Schild nicht einfach nur im Park auf, sondern machen ein Fotoshooting und bringen eine Story auf unserer Webseite. Häufig werden in der Zeitung der Stadt, aus der das Schild stammt, noch weitere Artikel veröffentlicht.“

Auf den ersten Blick wirkt das Schilderchaos verwirrend. Da hängen Sydney, Prag und Teheran untereinander, und auch Paris, Acapulco und Hongkong teilen sich einen Pfosten. Doch hinter dem bunten Panorama im Eingangsbereich führen thematisch geordnete Wege sternförmig in alle Richtungen. Links geht es durch Australien und Neuseeland, dahinter liegt die Asien-Ecke mit Blechtafeln aus Indien, Nepal, Thailand, Iran, Sri Lanka und China, und auch ein paar afrikanische Souvenirs sind zu sehen.

Am besten repräsentiert ist Beers Lieblingsstraße, die Route 66. Zwei Pfostenreihen leiten Besucher quer durch die USA und Europa. „Die Wegweiser aus Bagdad und Aleppo sind allerdings nicht echt“, gibt Klaus Beer zu. „Die haben wir hier originalgetreu nachbauen lassen, denn aufgrund der Kriegswirren kommt man derzeit nicht dorthin.“

Im hinteren Teil des Parks hängen deutsche Ortsschilder mit lustigen Aufschriften wie Schabernack, Jux oder Hotzenplotz, aber auch mit geschmackvollen Namen wie Linsengericht, Knoblauch, Büchsenschinken und Wassersuppe. Wer in Deutschland auf Reisen geht, könnte von der Gemeinde Welt in Nordfriesland über Weitewelt bei Bad Segeberg starten und Städte wie Troja an der Müritz und Rom in Mecklenburg-Vorpommern besuchen.

Tierfreunde können eine Fahrt nach Katzenhirn, Affendorf, Ratte oder Grüner Esel planen. In den Osterferien bietet sich ein Ausflug nach Hühnergeschrei oder Ostereistedt an, zu Weihnachten nach Nikolausdorf oder Heiligenland – mit einem weiten Bogen um Fegefeuer und Hölle.

Ein paar Schritte weiter stehen Parkbesucher kopfschüttelnd vor den Ortsschildern von Petting, Fucking, Sexau, Poppendorf, Busenberg, Tittenkofen und Wixhausen. Schmunzeln macht sich vor den Ortstafeln aus Pissen, Strullendorf, Grossmuss, Meinkot, Unterkaka und Oberanschissing breit. Ja, es gibt sogar Orte, die Oberhäslich, Blödesheim und Deppenhausen heißen. Der Standort des Fernweh-Parks im Fichtelgebirge, Oberkotzau, hat es mit seinem Namen 1954 sogar in ein Micky Maus Heft geschafft.

Das meistgeklaute Ortsschild ist das von Fucking. An allen vier Ortseinfahrten dort mussten Tafeln angeschweißt und an Befestigungsstangen einbetoniert werden, um Souvenirjägern Einhalt zu gebieten. „Bitte schrauben Sie Schilder nicht einfach ab!“, warnt Beer. „Am besten fragen Sie beim Bürgermeister nach.“

Doch Beer führt mehr im Schilde als nur Amüsieren. „Der Fernweh-Park ist nicht nur buntes Blech auf Holz“, sagt er. „Es ist ein multikulturelles und völkerverbindendes Friedensprojekt. Wir haben den Park ganz bewusst am 9.11.1999, exakt 10 Jahre nach dem Mauerfall, errichtet als Zeichen für Völkerverständigung, grenzenlose Freiheit und gegen Fremdenhass.“

Reise-Tipps



  • Die Lage: Der Fernweh-Park liegt in Oberkotzau, 8 Kilometer entfernt von Hof in Oberfranken im Fichtelgebirge.
  • Der Park: Der Park ist ganzjährig rund um die Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Gruppen können Führungen buchen. Für einen Rundgang sollte man eine Stunde einplanen. Zum Park gehört ein Amphitheater mit Showbühne für Open-Air-Veranstaltungen.
  • Umgebung: Der Park ist Teil des Summaparks mit Stellplätzen für Camper und Wohnmobile. Das Gelände liegt mitten in der Natur am Bachlauf der Schwesnitz mit Kieselstrand und Liegewiese
  • Anschrift: Fernweh-Park, Fabrikstraße 11, 95145 Oberkotzau, www.fernweh-park.de
  • Kontakt: Markt Oberkotzau (Rathaus), Tel. +49 9286 941-10, E-Mail: post@fernweh-park.de, für Schilderübergaben und Führungen: Klaus Beer, Tel. +49 9281 94427, E-Mail: k.beer@signsoffame.de

 

Freie Autorin Reisejournalistin mit Lieblingsreisezielen Anna Maria Island/Florida, Algarve/Portugal, Maadhoo/Malediven, Yorkshire Dales/England. Studium Anglistik, Germanistik und Medienwissenschaft mit Abschluss Magister Artium. Freie Journalistin bei Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV. Redakteurin und Moderatorin der Reisesendung Holiday bei Radio Regenbogen und der Sendung Musical Highlights bei Klassik Radio. Großbritannien-Korrespondentin in London für dpa/RUFA. Redakteurin bei B & B Medien, Inhaberin Redaktionsbüro Mediatravels.

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