Pilgerstadt für Rock’n’Roller

Vor 60 Jahren stürzte Buddy Holly mit dem Flugzeug ab. Bis heute gilt der 3. Februar deshalb als der Tag, an dem die Musik starb. In seiner Heimatstadt Lubbock lebt der Rock’n’Roller mit der markanten Brille weiter.

Von 
Pia Hoffmann
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Die Hornbrille war sein Markenzeichen: Am Sonntag, 3. Februar, jährt sich der Todestag von Buddy Holly zum 60. Mal. © Hoffmann

In seinen Grabstein sind Notenlinien und eine E-Gitarre gemeißelt. Daneben liegt eine Sonnenbrille, die ein Fan anstelle von Blumen mitgebracht hat. Buddy Hollys Hornbrille ist zum Markenzeichen geworden. „Viele Leute lassen auf dem Grab Gegenstände liegen“, erzählt die Tourismussprecherin von Lubbock, Katherine White. „Mal einen Golfball, ein Fähnchen oder ein Gitarrenplektrum, aber meistens sind es Brillen.“

Die letzte Ruhestätte des Sängers auf dem City of Lubbock Friedhof ist unscheinbar: heller Marmor auf verdorrtem Gras. „Das spiegelt seinen Charakter wieder“, erläutert die junge Frau. „Buddy Holly war zwar ein außergewöhnlicher Mann, aber immer zugänglich.“ Und so ist auch sein Grab von der Straße aus für jeden erreichbar. Zum 60. Todestag des Rock’n’Roll Pioniers, der eher aussah wie ein biederer Bankangestellter, werden Tausende Musikfans in der kleinen Stadt im Westen von Texas erwartet, wo staubige Cowboys zwischen geschniegelten Geschäftsleuten herumlaufen und die Kulturszene blüht.

Brille das einzige Fundstück

Anlaufstelle für die meisten Touristen ist das Buddy Holly Center in der Crickets Avenue, die nach der Band des Superstars benannt ist. Vor dem Eingang liegt ein riesengroßes zerkratztes Brillengestell wie zufällig weggeworfen im Sand. Die Symbolkraft lässt viele Besucher erschaudern, denn die blutverschmierte Brille des Sängers war einer der wenigen Gegenstände, die 1959 an der Absturzstelle geborgen wurden. Mehrere Jahre war sie in Polizeigewahrsam. Jetzt ist sie das bedeutendste Ausstellungsstück im Museum. „Wir mussten nur ein Scharnier ersetzen; ansonsten war die Brille heil“, berichtet der Bildungsbeauftragte des Museums, Sebastian Forbush.

Während seiner Wintertournee mit The Big Bopper und Ritchie Valens hatte Buddy Holly am 3. Februar 1959 ein Privatflugzeug gechartert, da sein Tourbus im Schnee steckengeblieben war. Fünf Minuten nach dem Start in Clear Lake, Iowa, stürzte die Maschine in dichtem Schneetreiben ab. Alle drei Musikstars und der Pilot waren sofort tot. Don McLean schrieb mit „American Pie“ ein Lied über diesen Tag und nannte ihn „The Day the Music Died“, auf deutsch: Der Tag, an dem die Musik starb. Buddy Holly wurde nur 22 Jahre alt. In seiner kurzen Karriere hatte er 25 Hits, darunter „Peggy Sue“, „That’ll Be the Day“ und „Oh Boy!“. Die Original-Singles sind im Buddy Holly Center zu sehen, wie auch seine Hoeffner Gitarren und die berühmte Fender Stratocaster. Die ersten Gitarren hatte ihm sein ältester Bruder Larry geschenkt, der noch in Lubbock lebt.

Tim Collins von der Lubbock Performing Arts Association ist mit Larry Holley befreundet. Der Familienname schreibt sich mit „e“, auch wenn Buddy den Buchstaben aus seinem Künstlernamen gestrichen hatte. „Larry, Buddy und ich haben ursprünglich mit Keramikfliesen gehandelt“, erzählt Collins. „Larry ist jetzt 93 Jahre alt und nimmt immer noch an unseren Gedenkveranstaltungen teil.“ Auch Buddys Witwe Maria Elena und seine Nichten und Neffen unterstützen die Gemeindeaktivitäten.

Als wäre er noch am Leben

Die Einwohner von Lubbock begegnen dem berühmten Sohn der Stadt auf Schritt und Tritt, ob sie in der Buddy Holly Avenue einkaufen, sich am Buddy Holly Denkmal treffen oder im Buddy Holly Park spazieren gehen. „Die Leute hier haben noch immer eine enge Verbindung zu Buddy und sprechen oft über ihn“, sagt Tim Collins. „In Lubbock ist er noch am Leben.“

Hier stehen auch noch das Gebäude, in dem Buddy geboren wurde, das Haus, in dem er aufwuchs und das Gebäude, in dem er Maria Elena heiratete. „Es sind bescheidene Häuschen mit kleiner Veranda und einer Garage im typischen West-Texas-Stil“, erläutert Katherine White. „Hier kann man heute noch nachempfinden, wie er sich damals gefühlt hat.“

Besucher können auch Holzarbeiten besichtigen, die der Sänger hergestellt hat, etwa einen Schreibtisch, in dessen Schublade noch alte Gitarrengurte liegen. Das Haus seines Drummers Jerry Alison wurde so restauriert, wie es in den 1950er Jahren aussah, als er mit den Crickets hier übte und Songs schrieb. Das Schlagzeug in Jerrys Zimmer sieht aus, als hätten die Jungs nur eine kurze Pause eingelegt.

In der Lubbock High School, wo Buddy als Charles Hardin Holley bis 1955 zur Schule ging, sind seine Zeugnisse, Schularbeiten und Werke aus dem Kunstunterricht ausgestellt. „Wie viele Kinder in Texas malte er am liebsten Pferde und Cowboys“, weiß Sebastian Forbush. Der schmächtige Junge war ein durchschnittlicher Schüler, der sich besonders im Englischunterricht schwer tat.

Plaketten markieren seine ehemaligen Klassenzimmer; vor der Aula hängt eine große Erinnerungstafel. „Darauf stehen alle, die auf der Schulbühne aufgetreten sind – auch Buddy Holly“, sagt Katherine White stolz. Schon mit 13 Jahren hatten Buddy und sein Freund Bob Montgomery ihre eigene Radiosendung beim örtlichen Hörfunksender KDAV, der heute KRFE heißt. Das schäbige kleine Studiogebäude vor den Toren Lubbocks ist bei internationalen Musikfans ein beliebtes Fotomotiv.

Damit das Erbe von Buddy Holly auch in künftigen Generationen überlebt, wird jetzt in Lubbock für 150 Millionen Dollar die „Buddy Holly Hall of Performing Arts & Sciences“ gebaut. Bis zur Eröffnung 2020 sollen in dem Kulturzentrum neben einer Konzerthalle, einem Theater und einem Restaurant auch Räume für das Symphonieorchester, das Ballett und lokale Künstler entstehen. Konzerte, Musikfestivals und Songwriter-Camps sollen vor allem die Jugend anziehen.

Kurz vor seinem Tod hatte Buddy Holly ähnlich bedeutsame Baupläne für seine Heimatstadt. „Er wollte einen großen Studiokomplex in Lubbock errichten“, erzählt Tim Collins. „Das Land hatte er bereits gekauft und von einem lokalen Architekten Zeichnungen anfertigen lassen.“ Wäre Buddy Holly am Leben geblieben, wäre Lubbock vielleicht heute genauso bekannt wie Nashville oder Los Angeles.

Reise-Tipps

Anreise: Von Frankfurt aus fliegt etwa American Airlines ab rund 370 Euro über Dallas/Fort Worth nach Lubbock. Die Reise dauert inklusive Zwischenstopp etwa 13 Stunden.

Essen & Trinken: La Diosa Cellars ist ein gemütliches Restaurant mit Wohnzimmer-Ambiente (ladiosacellars.com). Das Grillrestaurant Evie Mae’s Pit Barbeque serviert texanische Spezialitäten (eviemaesbbq.com). Im La Sirena hat sich auf lateinamerikanische Gerichte spezialisiert (lasirenacocina.us).

Weitere Aktivitäten: Das National Ranching Heritage Center ist ein Freiland-Museum, das die Geschichte der nordamerikanischen Ranch- und Cowboykultur erzählt (www.depts.ttu.edu/nrhc). Das American Windmill Museum ist das größte Windmühlenmuseum der Welt (windmill.com). The Louise Hopkins Underwood Center for the Arts zeigt Kunst aus Lubbock (lhuca.org).

Weitere Auskünfte: visitlubbock.org, traveltexas.com

 

Freie Autorin Reisejournalistin mit Lieblingsreisezielen Anna Maria Island/Florida, Algarve/Portugal, Maadhoo/Malediven, Yorkshire Dales/England. Studium Anglistik, Germanistik und Medienwissenschaft mit Abschluss Magister Artium. Freie Journalistin bei Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV. Redakteurin und Moderatorin der Reisesendung Holiday bei Radio Regenbogen und der Sendung Musical Highlights bei Klassik Radio. Großbritannien-Korrespondentin in London für dpa/RUFA. Redakteurin bei B & B Medien, Inhaberin Redaktionsbüro Mediatravels.

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