Wasser marsch!

In Zentralflorida locken glasklare Quellteiche, verwunschene Flussarme und ganze Seenketten zu Wassersport und Familienurlaub jenseits der Strände.

Von 
Martin Wein
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Mit einem wendigen Zwei-Personen-Katamaran kann man in den Sonnenuntergang schippern. © Martin Wein

„Ganz Florida ist wie ein tropfnasser Schwamm“, sagt Jessica Heller. Der Kalkstein unter dem US-Bundesstaat sei von Klüften durchzogen und vollgesogen mit einer gigantischen Grundwasserblase. An Dutzenden Stellen sprudeln natürliche Quellteiche aus dem Boden. So viele sind es, dass man das Exemplar in Downtown Ocala achtlos in einen breiten Abwasserschacht unter einem asphaltierten Parkplatz gefasst hat. 1883 brannte das Städtchen beim Erntedankfest nahezu komplett ab, kaum dass es nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg wieder aufgeblüht war. Nach diesem traumatischen Ereignis möchte die örtliche Feuerwehr immer Löschwasser zur Hand haben.

Andernorts auf der riesigen Landzunge bieten die Quellen landschaftliche Höhepunkte, die mancher einem Strandurlaub an den Küsten vorzieht. Eine Erkundungstour des Hinterlandes beginnt in Orlando. Schon eine halbe Autostunde nördlich des Flughafens liegt Winter Park. Regengeplagte Industrielle aus den Neuengland-Staaten ließen sich hier Mitte des 19. Jahrhunderts den ersten geplanten Erholungsort in Florida anlegen. An den Hauptstraßen wurden statt Alltagsgeschäften und Verwaltungsgebäuden Galerien und Museen gebaut. Noch heute wirkt die aufgeräumte North Park Avenue wie ein Vorbild für die Main Street USA im nahen Disney World.

Die eigentliche Attraktion aber ist die Kette angelegter Seen, durch die Skipper Pete sein flottes Pontonboot steuert. „Unsere Touren sind seit 1938 der älteste noch angebotene Ausflug im Staat“, nuschelt der Rentner unter seinem breitkrempigen Sonnenhut. Auf der einstündigen Runde zeigt er den Passagieren das vermögende Rollins College mit eigenem Kunstmuseum und mehreren Bootshäusern ebenso wie ein Privatanwesen mit 10 000 Quadratmeter Wohnfläche. Schmale Kanäle verbinden den zentralen Lake Osceola mit seinen Nachbarn Lake Virginia und Lake Maitland.

Eine Dreiviertelstunde weiter nordwestlich liegt Mount Dora am gleichnamigen See. In dem Erholungsort für Pensionäre findet sich neben einem deutschen Restaurant, einem Waffenladen und einer Bäckerei für Hunde auch ein Vermieter wendiger Zwei-Personen-Katamarane. Die tuckern entweder mit sieben oder rasen mit 45 Kilometern pro Stunde über die Seenkette, die von hier aus über den St. John’s River bis St. Augustine am Atlantik befahrbar ist. Damit die Boote auch bei Seitenwind über die Wellen pflügen können, wählt man zwangsläufig den Turbogang und bekommt eine Ganzkörperdusche kostenlos dazu. Zum Glück ist das Wasser der flachen Seen warm und hat wie fast überall Badequalität. Nur zu nah an den Schilfgürtel sollte man sich auf der zweistündigen Tour nicht heranwagen. Dort wohnen Alligatorenmütter, die bei dreisten Eindringlingen kiebig werden.

Davor muss man an den Alexander Springs im Ocala National Forest keine Angst haben. Das „Schwimmloch“ mitten im Wald, wie die Einheimischen es nennen, wird von Bademeistern überwacht. Mit konstant 22 Grad Celsius warmem, azurblauem Wasser ist die Badebucht an einem gemächlichen Fluss der perfekte Ersatz für jeden überchlorten Hotelpool.

Problemlos kann man im ungewöhnlich klaren Wasser zu einem tiefen Kalktrichter mit der eigentlichen Quelle hinabtauchen oder einfach den Ottern am anderen Ufer der Bucht beim Spielen im Flachwasser zuschauen.

Mit einem Kajak geht es wenig später vom KP Hole State Park bei Dunnellon den Rainbow River entlang. Während amerikanische Besucher sich fast ausschließlich in breiten Gummireifen flussabwärts treiben lassen, können Kanuten in der Gegenrichtung in einen schmalen Seitenarm abbiegen. Schildkröten sonnen sich auf Baumstümpfen am Ufer. Reiher und Ibisse warten auf Fische. Das Wasser wird immer flacher und schimmert grün über dem Sandboden. Unter Ästen und Lianen hindurch schlängelt man sich durch einen regelrechten Dschungel. Wer sich im Dickicht der Luftwurzeln und Baumstümpfe verfängt, steigt einfach aus und zieht das Kajak heraus. Erst nach etlichen Biegungen endet die Natur unvermittelt an einem Zaun mit Metallgittertor, als läge dahinter das Raptoren-Gehege von „Jurassic Park“.

Florida

Anreise

Lufthansa fliegt ab Frankfurt nach Orlando (www.lufthansa.com). Ein Coronatest wird bei Einreise nicht mehr verlangt.

Unterkunft

Lakeside Inn Mt. Dora, historisches Hotel in mehreren Holzhäusern mit schönem Pool am See. Der Klassiker ist ein Sundowner auf der luftigen Veranda. DZ ab 142 Euro, www.lakeside-inn.com.

The Alfond Inn Winter Park, stilsicheres 4-Sterne-Haus mit viel moderner Kunst im Besitz des Rollins College, DZ ab ca. 215 Euro, www.thealfondinn.com.

Aktivitäten

Geführte Bootstour in Winter Park, täglich zwischen 10 und 16 Uhr, 1 Stunde kostet 15 Euro, für Kinder 7,85 Euro, www.scenicboattours.com.

Mit dem 2er-Katamaran ganzjährig in den Sonnenuntergang, 2 Stunden geführte Tour ab 156 Euro, keine Vorkenntnisse erforderlich, www.catboattour.com.

KP Hole Park mit Verleih von Gummireifen und Booten ab 7,85 Euro pro Stunde, zusätzlicher Eintritt, keine Einwegflaschen erlaubt www.thekphole.com.

Alexander Springs Recreation Area, 7,85 Euro bzw. an Wochenenden 10,75 Euro Eintritt, www.fs.usda.gov/recarea/florida/recarea/?recid=83546.

Allgemeine Informationen

www.visitflorida.com; www.visitlakefl.com; www.ocalamarion.com. MWE

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