Mannheim. Man darf schon staunen, wie viel künstlerischer Lebensreichtum in nominell nur 21 Lebensjahre passt. So alt ist der Pianist, Komponist und Sänger Ilja Ruf, der an der Mannheimer Popakademie studiert und vor kurzem den Nachwuchspreis des JazzBaltica-Festivals erhalten hat. Es ist beileibe nicht seine erste Auszeichnung. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er sein (sehr gutes!) Solo-Debütalbum „Ilja_19“, zuvor hatte er bereits mit seinem Klarinetten-Trio einen Langspieler herausgebracht, in dem es um den von Klezmer, Jazz, Tango und eigenen Stücken umrankten Mozart ging.
Um sich in dieser vielfältigen Vita nicht zu verlaufen, empfiehlt es sich vielleicht, ganz an den Anfang zu gehen. Zum Frühling 2001, als Ilja Ruf in Reutlingen geboren wurde, wo er aber nur wenige Jahre lebte, um dann in Scharbeutz bei Lübeck aufzuwachsen. Sein Vater ist Musiker, erzählt Ruf im Gespräch mit dieser Redaktion. Er probierte die Instrumente aus, die es im Haus gab, und ebenso sehr habe ihn das Musikhören an sich so begeistert, „dass ich das auch selber machen wollte“, berichtet er. „Ich habe mir nie wirklich die Frage gestellt, ob ich mir vorstellen kann, das später zu machen. Es ist ehrlich gesagt einfach so passiert. Und ich habe nie aufgehört“, lacht Ruf.
Ilja Ruf
- Ilja Ruf wurde 2001 in Reutlingen geboren. Seit Herbst 2020 studiert er Popmusikdesign B.A. (Bachelor) an der Popakademie Baden-Württemberg.
- Ruf spielt (bzw. spielte) im Ilja Ruf Trio, im Trio ClariNoir, im Hanse Jazz Quintet, im Jaurena Ruf Quintet, der Vox Mandala Band, dem LandesJugendJazzOrchester Schleswig-Holstein, der MHL Bigband der Musikhochschule sowie in der Big Band des Ostsee Gymnasiums Timmendorfer Strand.
- Der Pianist, Komponist und Sänger wurde unter anderem bereits mit dem Steinway Förderpreis Jazz Hamburg (2017), dem Jazz-Förder-Preis des Kulturforums Schleswig-Holstein (2019), dem Lübecker Jazzpreis (2021) und zuletzt mit dem mit 3000 Euro dotierten IB.SH-JazzAward des Festivals JazzBaltica auszeichnet, das (seit 2018) in Timmendorfer Strand ausgerichtet wird.
- Auch die NDR Big Band hat schon von Ruf im Zuge einer Kompositions-Ausschreibung verfasste Stücke aufgeführt.
- Weitere Infos gibt es unter www.iljaruf.com.
Pop wegen der Lust am Singen
Ab etwa fünf hatte er (zunächst klassischen) Klavierunterricht, dann folgte die Klarinette, irgendwann probierte er auch das Saxofon und am Piano den Jazz aus. Die Popmusik kam dazu, „als ich dann auch Lust hatte, zu singen“, rekapituliert Ruf, woraufhin er zusätzlich Gesangsunterricht nahm.
Später begann er ein Studium als Jungstudent an der Musikhochschule Lübeck, Hauptfach Jazzklavier, Nebenfach Gesang, das er parallel zum Abitur am Ostsee-Gymnasium Timmendorfer-Strand abschloss.
Danach stand er vor der Wahl, eine Jazzhochschule oder die Mannheimer Popakademie zu besuchen. Ruf folgte seinem „Bauchgefühl“ und entschied sich für Letztere, wo er im Herbst 2020 sein Popmusikdesign-Studium begann. Zwischenzeitlich nahm er vor den Corona-Hintergrund eine Urlaubsemester-Auszeit, in der er viel komponierte, übte und schrieb.
Im Frühjahr 2021 erschien das „Ilja_19“-Album, auf dem er „eine Art Sammlung“ kreierte, „auch aus Musikrichtungen, die mich schon immer inspiriert haben“, wie der junge Sänger, Komponist und Instrumentalist erzählt. Gewissermaßen so, wie andere nach dem Abitur ein Fotoalbum mit Erinnerungen erstellten, dokumentiert er hier Songs, die in unterschiedlichen Lebensphasen entstanden waren.
Er entdecke immer wieder neue Musik, die ihm begeistert, entgegnet Ilja Ruf auf die Frage nach musikalischen Vorbildern. Gerade sei es wieder Stevie Wonder, ein Held, „was einfach das Songschreiben angeht“, sei auch Paul McCartney. Ebenso nennt er Elton John und daneben Jazzmusiker wie den großen Pianisten Oscar Peterson oder Jamie Cullum und dessen Kunstfertigkeit, „Jazz und Pop zu verbinden.“
Wenn Ruf für größere Besetzungen wie Big Bands oder Orchester komponiert, schaut er sich auch gern Partituren von Mozart, Beethoven oder Stravinsky an. Zusammengefasst sind seine Interessen und Inspirationen „ganz breit gefächert, und ich finde, aus jedem Genre kann man sich so viel rausholen. Das ist ja das Tolle an Musik, dass überall alles rumschwirrt“, sagt er.
Auf Tour mit Nils Landgren
In seinem 2013 gegründeten Klarinetten-Trio ClariNoir, das im Februar 2020 das Album „Mozart On The Road“ veröffentlichte, musiziert er zusammen mit seinem Bruder Ivo sowie Nikolai Gast, die beide klassische Klarinette studieren. Bereits seit der fünften Klasse spielt Ruf überdies in der Big Band des Gymnasiums Timmendorfer-Strand (OGT Big Band), erst Klarinette, dann Saxofon und zum Schluss Klavier. Jedes Jahr trat das Ensemble zum „Pre-Opening“ der Jazz Baltica auf dem Timmendorfer Platz auf, unter anderem auch zusammen mit Star-Posaunist Nils Landgren, den die Band obendrein auf einer Japan-Tour begleitete.
Dieses Mal, vor dem Hintergrund seiner Auszeichnung mit dem IB.SH-JazzAward, gab der Pianist zudem mit seinem Ilja Ruf Trio (mit Bassist Niklas Müller und Schlagzeuger Hannes Pries) das Festival-Eröffnungskonzert.
„Ilja 19“ sei ja „eine bunte Mischung“ von Musikrichtungen, erklärt er mit Blick auf bevorstehende Vorhaben. „Ich hab Lust das bisschen mehr zu splitten“, sprich: ein Jazzalbum zu machen, daneben auch einige Popsongs in vollem Band-Ornat aufzunehmen. Überdies plant er, weitere Big-Band-Stücke zu schreiben und diese zu einem „passenden Programm zu formen.“ Und auch mit dem Trio ClariNoir will er sich ein neues Projekt überlegen. „Da kommt auf jeden Fall einiges auf mich zu, auf das ich mich auch freue“, lacht Ruf. Und wir wiederum sind sehr sicher, dass das die Ergebnisse dieser Unternehmungen auch künftige Hörerinnen und Hörer überaus erfreuen werden.
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