Mode

Modest Fashion aus Mannheim: Designerin Meriem Lebdiri will Frauen selbst entscheiden lassen

Mit Modest Fashion – also Mode, die wenig Haut zeigt – hat sich Meriem Lebdiri einen Namen gemacht. Trotz ihres Erfolgs ist sie Mannheim treu geblieben.

Von 
Ilgin Seren Evisen
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Meriem Lebdiri hat sich mit elf Jahren für den Hijab entscheiden. „Ich wollte aber nicht unförmig aussehen“, sagt sie. © Dajana Krüger

Mannheim. „Mode ist kein Politikum“, sagt Meriem Lebdiri. Oft genug sei die 38-Jährige in der Vergangenheit von Medien vereinnahmt worden: als Stimme und Vorreiterin der sogenannten Kopftuchmode. Auch als Projektionsfläche für gesellschaftliche Debatten. Doch damit habe ihre Arbeit als Designerin wenig zu tun.

Die 1987 in Algerien geborene Lebdiri ist mit sechs Jahren nach Deutschland gekommen und in Germersheim aufgewachsen. „Mit elf entschied ich mich für den Hijab“, erklärt sie. „Ich wollte aber nicht unförmig aussehen.“ Da es damals wenig moderne Mode für bedeckte Frauen gab, habe sie sich entschieden, selbst Mode zu kreieren. Ihre Entwürfe, erklärt sie, kamen auch bei ihren Freundinnen gut an und sprachen sich herum.

Ich fühlte mich in Mannheim sofort verbunden und akzeptiert. Es gibt hier einen echten Gründergeist, das hat mich beeindruckt
Meriem Lebdiri Mannheimer Modedesignerin

Von ihrer Schwester, die in Mannheim Kommunikationsdesign studierte, habe Lebdiri von dem Gründerinnenzentrum GIG7 erfahren und die zahlreichen Angebote und Events für Gründer für sich genutzt. „Ich fühlte mich in Mannheim sofort verbunden und akzeptiert. Es gibt hier einen echten Gründergeist, das hat mich beeindruckt“, sagt sie noch heute.

Nachdem sie sich einige Jahre intensiv mit der sogenannten Modest Fashion beschäftigt hatte, präsentierte sie 2012 ihre erste Kollektion auf Facebook: Zwei Models, dasselbe Outfit – allerdings einmal mit, einmal ohne Kopftuch.

Modelabel Mizaan bereits ein Jahr nach der Gründung in den Top 10

Meriem Lebdiri will, dass Frauen – ob sie Hijab tragen oder nicht – sich an derselben Kleiderstange bedienen können. „Wenn es um Mode und Frauen geht, denken viele, sie dürfen Frauen reinreden“, stellt sie betroffen fest. Diesem Credo hielt Lebdiri entgegen: Frauen – ob mit oder ohne Hijab – sollen selbst entscheiden, wie sie sich anziehen. Modest Fashion heißt dieser Modestil und soll konservativen Frauen, die sich gerne bedeckt anziehen und wenig Haut zeigen möchten, zeitgemäße Mode ermöglichen. Der Stil bedient nicht nur die Ansprüche muslimischer, sondern auch jüdischer Frauen und auch konservativer amerikanischer Christinnen.

Meriem Lebdiri hat ihre Mode schon in London, Washington und Dubai gezeigt. © Dajana Krüger

Aus der einstigen Online-Community wurde ein Modelabel. Mizaan – arabisch für Balance – gründete sie 2014 in Germersheim, 2017 etablierte sie das Unternehmen auch in Mannheim. Mit Mizaan gehörte sie schon ein Jahr nach der Gründung zu den Top 10 der Modest Fashion Awards in London. Die Marke galt innerhalb weniger Jahre als eins der größeren deutschen Modelabels in der Branche. Sie konnte ihre Mode auch in Washington und Dubai zeigen. Dennoch entschloss sich Lebdiri 2021 dazu, ihre unternehmerischen Aktivitäten in eine andere Richtung zu lenken.

Meriem Lebdiri hat inzwischen auch eine eigene Luxusmarke gegründet. © Selma Lebdiri

Mit einer Luxusmarke, die nach ihr selbst benannt ist, schafft Lebdiri anders als zuvor keine Massenprodukte, sondern individuelle Kleidung auf Wunsch ihrer Kundinnen. In ihrem Showroom in C4,6 in der Mannheimer Innenstadt empfängt sie Kundinnen zum Termin. Stoffe für Kleidungsstücke werden gemeinsam ausgewählt. Danach nimmt sie Maß. Zwei Wochen später kann die Kundin das für sie maßgeschneiderte Produkt abholen.

Luxusprodukte sind auch in anderen Ländern stark gefragt

Die Preise liegen im höheren Segment: ab 850 Euro, der Bestseller bei 1200 Euro. Doch Lebdiri betont, sie will keinen abgehobenen Luxus. „Luxus ist, sich Zeit zu nehmen. Mit der Designerin einen Kaffee zu trinken. Gemeinsam etwas zu erschaffen, das bleibt.“ Nur was gefällt, werde gefertigt. Ihre Kundinnen kommen eigenen Angaben zufolge aus ganz Europa. CEOs, Ärztinnen, Politikerinnen – mit und ohne Hijab. „Viele Frauen wollen sich nicht mehr entscheiden zwischen Sichtbarkeit und Stil“, sagt sie.

Mannheim bleibt, so Lebdiri, Zentrum ihrer Arbeit – trotz internationaler Erfolge und Anfragen. Sie nutze aktuell lokale Geschäfte als Pop-up-Flächen, teste Vertriebskonzepte. Die meisten der Kundenanfragen aus dem Ausland stammen aktuell aus den Golfstaaten, aus Großbritannien und aus den USA. „Ein nachhaltiges deutsches Modest-Fashion-Label – das spricht viele an“, so Lebdiri. Für sie ist klar: Die Basis für ihren Erfolg liegt in Mannheim – und genau hier will sie weiter wachsen.

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