Glosse "Übrigens" Was vom Leben zurückbleibt

Wir alle hinterlassen nach unserem Tod Erinnertes und Spuren. Eine Glosse zum Start des Podcasts "WeiterLeben"

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Agnes Polewka
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Übrigens sind in Mannheim im Jahr 2022 nach Angaben der Stadt 4038 Sterbefälle standesamtlich beurkundet worden. 3054 Männer und Frauen, die hier starben, lebten auch in Mannheim. Die anderen wohnten an anderen Orten, aber starben hier, etwa in Mannheimer Krankenhäusern.

Fast alle Mannheimerinnen und Mannheimer, die hier gestorben sind, wurden auch hier zu Grabe getragen. Die meisten von ihnen haben eine Feuerbestattung gewählt - damit ist Mannheim kein Sonderfall, in vielen deutschen Städten entscheiden sich Menschen mehr und mehr für ein Urnengrab, die meisten von ihnen noch zu Lebzeiten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Angehörigen sollen weniger zu tun haben, christliche Werte und Traditionen sind den Menschen im Laufe ihres Lebens abhanden gekommen, vielleicht gab es sie darin auch nie. Oder sie ängstigt die Vorstellung, in die Erde herabgelassen zu werden, um dort zu verwesen, während die, die um sie weinen, am Grabesrand stehen. Und zum letzten Mal in dieser Konstellation zusammenkommen, verbunden durch diesen einen Menschen, der gestorben ist.

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Doch neben der Ruhestätte bleibt noch anderes zurück. Ein Teil dieser Toten hinterlässt etwas Materielles: ein Haus, eine Wohnung oder mehrere. Einen Ehering oder ein Buch, das vielleicht nie zu Ende gelesen wurde. Und sie alle - und das gilt auch für mich und für Sie, wenn unsere Zeit gekommen ist - hinterlassen etwas, das man nicht sehen kann, und das sich auch in keine feste Form pressen lässt: Erinnertes und Spuren.

Diese Spur, sie kann ein Satz sein, den eine Mutter zu ihrer Tochter gesagt hat - und der in deren Leben einen Unterschied gemacht hat. Sie kann aber auch ein bestimmtes Lied sein, zu dem ein Paar tanzte und das zum Soundtrack eines besonderen Moments wurde, der sich tief eingebrannt hat. Oder ein Duft, der Geruch von frisch gebackenem Brot, der aus der Küche der Großmutter strömte und viele Jahre später noch für ein wohlig-warmes Gefühl sorgt.

Diese Spur kann ein Mensch aber auch hinterlassen haben, ohne dass er es merkte, indem er einen Fremden ermunterte weiterzumachen, als er auf dem Weihnachtsmarkt etwas Selbstgenähtes kaufte. Oder als dieser Mensch einem anderen zulächelte, in einem hoffnungslosen Moment, ihn auf einen Kaffee einlud, im richtigen Moment die Arme ausbreitete.

Und so besteht vieles in unserem Leben aus etwas Flüchtigem, das vielleicht doch beständiger ist, als wir dachten.

Vielleicht finden Sie eine solche Spur auch in ihrem Leben? Oder auch zwei, vielleicht auch viele mehr, die geblieben sind?

Redaktion

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