Konzertkritik

Bryan Adams bringt den „Summer of ‘25“ nach Schwetzingen

Der kanadische Rockstar liefert im Schwetzinger Schlossgarten eine kraftvolle Show mit Klassikern und neuen Songs. Vom ersten Ton an herrscht Gänsehautstimmung. So war „Musik im Park“ mit der Rocklegende.

Von 
Martin Vögele
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„Straight From The Heart“: Bryan Adams rockt bei „Musik im Park“ in Schwetzingen. © cheesy.photo

Schwetzingen. Mit einem kräftigen Tritt in den Hintern legt Bryan Adams los, bildlich gesprochen, versteht sich: Mit dem Song „Kick Ass“ starten der kanadische Rockstar und seine dreiköpfige Band ihr Konzert im Schwetzinger Schlossgarten, dessen sattgrüne Rasenfläche unter den Füßen man allerdings (ebenfalls bildlich gesprochen) fast schon mit der Lupe suchen muss, so voll wie es hier ist: 7000 Besucherinnen und Besucher sind zu der Musik-im-Park-Veranstaltung erschienen: Ausverkaufter – man möge den etwas windschief platzierten Komparativ verzeihen – geht es nicht.

Bryan Adams spielt in Schwetzingen auch Lieder von seinem neuen Album „Roll With The Punches“

„Kick Ass“ ist ein noch vergleichsweise junges Adams-Lied, es stammt von „So Happy It Hurts“, dem 2022 erschienenen, bis dato letzten Album des seit über 40 Jahren international erfolgreichen Sängers und Komponisten. Doch schon Ende des Monats wird sich ein neuerlicher Langspieler in das umfassende Plattenrepertoire des Musikers einreihen, „Roll With The Punches“ wird er heißen, genauso, wie auch Adams‘ aktuelle Europa-Open-Air-Tour titelt. Übersetzt bedeutet das in etwa „Die Dinge nehmen, wie sie kommen.“ Und so, wie sie an diesem Abend kommen, nimmt man sie gern.

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Schon die zweite Nummer ist ein Klassiker: „Run To You“, und sofort darauf folgt mit dem – ad hoc vom Publikum kräftig mitgesungenen - „Somebody“ ein weiteres Signatur-Stück des 65-Jährigen, dessen eigene Stimme in unverwechselbarer, starker Manier zwischen Rock-Rauch und rauem Samt changiert. Als Instrumentalist wechselt er im Verlauf des zweistündigen Konzerts zwischen Bass, Akustik- und E-Gitarre. Begleitet wird er von Leadgitarrist Keith Scott, Schlagzeuger Pat Steward und Keyboarder Gary Breit, wobei sich die Vier als ein so eingespieltes wie leidenschaftlich aufspielendes Team erweisen.

Wir wollen gar nicht dem überstrapazierten Credo der „ehrlichen, handgemachten Musik“ das Wort reden. Aber was auf der Schlosspark-Bühne passiert, das hört man längst nicht (mehr) aller Tage: Nichts klingt dabei nach maschinell optimiertem Musikindustriestandard, sondern in ungemein erfrischender Weise nach dem organischen Sound einer Rockband oder, wenn man so will: nach ein paar Jungs, die einfach zusammen Musik machen – wenngleich sie dabei natürlich in der absoluten Topliga agieren. Zur Erinnerung: Adams hat in über 30 Ländern Nummer-eins-Hits gelandet und soll über 100 Millionen Tonträger verkauft haben.

Rocker und Fotograf

  • Der Rockmusiker Bryan Adams wurde 1959 in Kingston in der kanadischen Provinz Ontario geboren. 1980 erschien sein unbetiteltes Debütalbum. Erstmals schaffte Adams es 1983 mit seinem dritten Album „Cuts Like A Knife“ in die Top-Ten der US- sowie der kanadischen Charts. Sein Nachfolge-Langspieler „Reckless“ landete ein Jahr später in den USA auf Platz ein. Adams‘ 16. Studioalbum , „Roll With The Punches“, soll am 29. August erscheinen.
  • 1991 wurde Adams, der auch ein preisgekrönter Fotograf ist, mit dem US-Musikpreis Grammy ausgezeichnet .
  • Bei der bis zum 9. August andauernden Konzertreihe Musik im Park treten noch Zaz (6. August), James Blunt (7. August), Sean Paul (8. August) sowie Lost Frequencies (9. August) auf dem auf.
  • Infos: www.musikimpark.com.

Der Sänger und seine Band bringen einiges an neuem Album-Material zu Gehör, wie dessen Titelsong „Roll With The Punches“ oder „Make Up Your Mind“, „A Little More Understanding“ und „Never Ever Let You Down“. Daneben geht es quer durch die Song-Historie des 1959 geborenen Künstlers. Daraus wird etwa das hymnisch aufwallende „Heaven“, die Rocknummern „Cuts Like A Knife“ und „Go Down Rockin‘“, das Blues-getränkte „Take Me Back“ oder auch das poppig-eingängige „Shine A Light“ geschöpft, zu dem Tausende von Handylampen aufblitzen.

Und wenn wir schon von einem Lichtermeer sprechen: Natürlich fehlt „(Everything I Do) I Do It For You“ nicht, jene überlebensgroße Ballade aus dem „Robin Hood“-Filmsoundtrack von 1991, in der man so etwas wie den Inbegriff aller epischen Liebeslieder sehen darf. „When Your’re Gone“ singt Adams solo zur Akustikgitarre, wobei „solo“ streng genommen ein irreführender Begriff ist - schließlich mischt das Publikum auch hier äußerst stimmkräftig mit.

Stilsicherer Bühnenauftritt von Bryan Adams mit seiner Band: Die Show wird auf den Videoleinwänden vorwiegend in Schwarzweiß begleitet. © cheesy.photo

Der Rock-‘n‘-Roll-Titel „You Belong To me“ wird alsbald mit einem munteren „Blue Suede Shoes“-Einschub zusätzlich ausgefedert. Es sei dies ein „Dance song“, merkt Adams launig an, und als solcher brauche er „Dance moves“ seitens des Publikums, sprich: Man möge mittanzen, respektive die T-Shirts ausziehen und über dem Kopf schwenken. Eine Ermunterung, der tatsächlich viele Fans beherzt nachkommen. Mit „Twist And Shout“ und „Can’t Take My Eyes Off You“ finden sich später zudem zwei komplette Coverversionen auf der Setlist wieder.

Adams zeigt sich stimmgewaltig, publikumsnah und stilvoll

Adams zeigt sich auch visuell in veritablem Rock-‘n‘-Roll-Ornat: Die Haare streng zurückgekämmt, ganz in Schwarz, mit hochgekrempeltem Kurzarmhemd und Jeans. Als stilsicher erweist sich indes nur der Bühnenauftritt der Musiker, sondern ebenso, wie dieser – vorwiegend in Schwarzweiß und allenthalben von Animationen flankiert – auf die Videowände übertragen wird.

Was nicht weiter verwundert, schließlich ist der Kanadier seit den 90ern auch als Fotograf international überaus erfolgreich und wurde dafür mehrfach mit Preisen und der Aufnahme in die britische Royal Photographic Society ausgezeichnet. Die Ausstellung „#SHOTBYADAMS“ mit rund 80 seiner Werke, auf denen berühmte Persönlichkeiten aus Musik, Film, Mode und Kunst zu sehen sind, wurde gerade erst im bayerischen Amberg eröffnet. Und wo wir schon bei Nebenschauplätzen sind: Wer dieser Tage über Freiluftkonzerte redet, muss nach den jüngsten Wolkenbüchen natürlich auch über das Wetter sprechen; und jenes zeigt sich heuer von zuvorkommender Seite: kein Regentropfen fällt.

Bryan Adams in Schwetzingen - der „Summer of 25“ wird in Erinnerung bleiben, findet unser Kritiker © cheesy.photo

Aber zurück zum Live-Geschehen: Beim 1983er-Song „This Time“ läuft ein neu gemastertes Video auf der zentralen Digitalwand. Man sieht darin den jungen Bryan Adams und denkt unwillkürlich zurück an das Cover seines Albums „Reckless“, das im Jahr darauf seinen Karrieredurchbruch markierte, und auf dem einem das schwarzweiße Konterfei des Künstler entgegenblickte (in unserem Fall noch von einer Musikkassette).

Als „Unbekümmert“ lässt sich der Titel ins Deutsche übersetzen, und so klang die Musik damals auch: nach jugendlicher Sorgenfreiheit, nach Rock ohne Reue. Zumal Adams mit dem „Reckless“-Titel „Summer of ‘69“ einen der Rockklassiker schlechthin geschaffen hatte: Praktisch jeder und jede konnte (und kann es auch noch heute, wie sich beim Konzert erweist) das Stück mitsingen. Es ist einer der vielleicht zwei Dutzend Songs, die man unbedingt ins Repertoire der ersten eigenen Coverband packte und über die Jahrzehnte hinweg eine sichere Bank für jeden Classic-Rock-DJ geblieben.

Als in Schwetzingen die ersten „Summer of ‘69“-Gitarrenakkorde erklingen, merkt man, wie gleichsam eine Freudenwelle durchs Publikum läuft, fast, als würden sich Tausende Einzelbiografien kollektiv mit diesem einen Stück verbinden, das einen über die Jahre immer wieder begleitet hat – und das hier nun in einer ausgedehnte Version präsentiert wird. Ganz am Ende tritt Adams dann noch einmal allein nach vorne auf die Bühne, um auf der Akustikgitarre „Straight From The Heart“ und „All For Love“ zu spielen: Ein Abschiedsgruß, der – wie das ganze Konzert – aus tiefen Herzen zu kommen scheint. Man wird diesen „Summer of 25“-Abend lange in Erinnerung behalten.

Freier Autor

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