Das Thema Geothermie beschäftigt die Menschen in der Region. Hier der Zwischenbericht eines Geschädigten fünf Monate nach der seismischen 3-D-Messung der Firma Geohardt:
Die letzten fünf Monate waren sehr nervenaufreibend, zeitaufwendig, aber auch erfolgreich. Die Ängste und Sorgen der Bürger sind weiterhin massiv gestiegen, aber auch deren Aufbegehren. Ich selbst hätte mich sehr gefreut, wenn die zuvor sehr stark propagierten „sicheren und risikolosen 3-D-Messungen“, wie versprochen, erfolgt wären und eine risikolose Energiequelle nebst Wind und Solar et cetera erschlossen hätte werden können.
Laut SZ-Artikel vom 26. Mai „MVV und EnBW geben Zwischenbericht zu Geothermie-Messungen in der Region“ wurden aber bislang 127 Schäden gemeldet. In zwei Fällen wurden nachweislich stärkere Schallwellen in den Untergrund geschickt, als erlaubt. Die hierdurch entstandenen Schäden sind sicher den tiefengeologischen Untersuchungen zuzuordnen (Aussage Herr Wolf von Geohardt).
Wie hoch ist hierbei die Dunkelziffer? Bei 40 Prozent der Fälle, das heißt, in über 50 Schadensmeldungen kann ein direkter Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. „Stichwort Umkehr der Beweislast“ und bei den restlichen 40 Prozent der Fälle habe sich ein komplexes Schadensbild ergeben, das nach fünf Monaten noch immer in Klärung ist. Lediglich 19 Prozent der Fälle hat Geohardt aussortiert.
Unabhängig, ob Pro oder Contra zu Geothermie beziehungsweise Lithiumförderung, ist für mich eine solche Schadensbilanz inakzeptabel. Wir befinden uns hier in einem tektonischen Erdbebengebiet und somit kamen die 127 Schadensfälle auch nicht überraschend. Wer wird nach all diesen Vorfällen sein Eigentum und die daraus resultierenden gesundheitliche Risiken – beispielsweise verseuchtes Trinkwasser – solch einer Technik weiterhin vorbehaltlos anvertrauen wollen?
Am 24. Mai lud Geohardt zu einer öffentlichen Online-Informationsveranstaltung via Webex ein. „Während der Vorträge können die teilnehmenden weiterführende Fragen und Kommentare in den Chat schreiben, die im Anschluss nach Themen geordnet beantwortet werden. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme. Gerne können Sie den Link weiterleiten und die Veranstaltung aktiv bewerben“, so stand es in der offiziellen Einladung. Große Worte und auf den ersten Blick eine gute Sache, dachte ich mir. Interessant und soll verlorenes Vertrauen schaffen.
Als ich der Veranstaltung beiwohnen wollte, wurde nach unzähligen ergebnislosen Anmeldeversuchen mit meinem Namen „Engelfried“ auf verschiedenen Endgeräten folgende Meldung angezeigt: „Der Gastgeber hat Sie von diesem Meeting ausgeschlossen.“
Die Geothermie, insbesondere die Förderung von Lithium, ist in unserer Region mittlerweile zu einem Milliardengeschäft in Aktien ohne physischen Gegenwert angewachsen. Im Abstand von wenigen Kilometern soll der Schatz aus vier bis fünf Kilometer Tiefe gefördert werden – aber nicht im „Micky-Maus- Format“ – siehe Bruchsal. Und „was nicht sein darf, ist auch nicht geschehen“. Bedenken, Kritik oder und im schlimmsten Falle „Bad News“ passen daher absolut nicht in das Konzept der Profiteure. Dass es auch anders geht, zeigte der Haßlocher Bürgermeister Tobias Meyer (CDU) mit seinem klaren Statement. „Lithiumförderung – Nicht mit mir!“
Nun zu meinem konkreten Fall. Der Gutachter im Auftrag von Geohardt war bereits dreimal vor Ort. Die Bestandsaufnahme ist aber lange noch nicht abgeschlossen, da sich immer wieder neue Risse bilden und das komplette Schadensausmaß noch unbekannt ist. Es wird auch nicht mehr ausgeschlossen, dass sich das Anwesen gesetzt hat und daher zeitnah Untersuchungen auf Kosten Geohardts erfolgen werden. Hier könne aber auch mitverantwortlich sein, dass das Haus auf Lehm gebaut sei und sich das Gebäude durch Austrocknung des Untergrunds insgesamt gesetzt haben könnte, so der Gutachter.
Bereits im Februar sollte eine Überprüfung des Daches erfolgen, da sich im Bereich der Mittelpfette ein Riss zeigte, der von unten vor vier Monaten frisch aussah. Es sei wichtig, sich die Auflagersituation anzusehen und die Lagesicherheit festzustellen. „Bitte unterbreiten Sie Herrn Engelfried für diese Arbeiten ein Angebot (Kostenschätzung). Nach erfolgter Arbeit geht auch die Rechnung an Herrn Engelfried.“ (Auszug Mail 03/2023) – bis zum heutigen Tag ist diese wichtige Überprüfung nicht erfolgt. Gilt abzuwarten, ob und wann die Dach- beziehungsweise Bodengrunduntersuchung erfolgt.
Der Schadenregulierer meiner Gebäudeversicherung war nach meinem fordernden Anruf tags darauf ebenfalls vor Ort. Zu Kommentaren wie beispielsweise: „Kaum erkennbare Schäden, nur optische Mängel ohne Wertverlust“ et cetera, stellt sich mir die Frage, was eine Gebäudeversicherung zu sehr hohen Kosten „inklusive unbenannter Gefahren“ im Schadensfall am Ende des Tages tatsächlich wert ist. Insbesondere die älteren Bürger unserer Stadt, die sich laut eigener Aussage nicht mehr selbst wehren könnten, und mich daher kontaktierten sowie um Hilfe baten, erhalten nach meiner Erfahrung bis dato leider nur sehr wenig bis gar nichts. Diese Personengruppe hat unser Land, mit deren Hände Arbeit zu Ansehen und Wohlstand geführt und jetzt?
Schadensregulierung geht aber auch anders! Am 28. April sind Monika Steidl (CDU), die Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) und Dr. Andre Baumann (Grüne) mit Pressesprecher Patrick Alberti und auf Bitten eines Journalisten (nicht von der Schwetzinger Zeitung!) bei mir vor Ort gewesen. Dr. Baumann bekam wie alle Anwesende volle Akteneinsicht inklusive zahlreicher, mit Datum versehenener Vorher- und Nachher-Bilder, die aufgrund diverser Sanierungsmaßnahmen nach dem Tode meiner geliebten Mutter entstanden sind. Daraufhin schlug er vor, „die Schadensregulierung von Mann zu Mann zu regeln“. Ich habe dieses Angebot, das in einem Rechtsstaat nichts zu suchen hat, vehement abgelehnt. Wer einen Schaden verursacht, muss in einem Rechtsstaat für diesen Schaden ohne Wenn und Aber dafür aufkommen. Einige Anwesende waren über diese Aussage ebenfalls schockiert und äußerten sich entsprechend.
Zudem fordere ich seit Monaten die Herausgabe des von Geohardt vor der Vibrationsmessung erstellten Videomaterials sowie deren Dokumentation, wann, wo und wie stark (erlaubt oder unerlaubt) in meinem Umfeld gemessen wurde. Dr. Baumann versprach mir an diesem Tage, sich dafür einzusetzen, dass mir diese Aufnahmen zur Verfügung gestellt werden. Seitdem sind weitere sechs Wochen ins Land gezogen. Kein Wort von Dr. Baumann, auch nicht von den Geohardt-Verantwortlichen. Ich warte noch immer auf die Herausgabe der geforderten Unterlagen und Dr. Baumann, ebenso wie unsere Landesregierung, lehnt eine Landesbürgschaft zum Schutz unserer Bürger weiterhin ab.
Ich danke der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung insbesondere, um die nach eigener Aussage mit der Situation völlig überforderten Menschen, mit diesem Leserbrief abholen zu dürfen. Ebenso der steigenden Anzahl engagierter mutiger Bürgerinnen und Bürger, die sich zum Wohle unserer, meiner Heimatstadt, einsetzen.
Volker Engelfried, Schwetzingen
Zum Leserbrief „Gibt es eine bessere Alternative als Geothermie?“ (SZ vom 10. Juni) wird uns geschrieben:
Liebe Linh Ngo, Ihr Leserbrief beschreibt einige „Hiobsbotschaften“, die Sie für unsere Zukunft erwarten. Auch die Feststellung, dass Geothermie unser Retter sein soll, basiert auf Aussagen, welche die Firma Geohardt bei ihren zahlreichen Infoveranstaltungen – zum Beispiel in Oftersheim und in Schwetzingen – und in einer perfekt geplanten Online-Veranstaltung am 24. Mai präsentiert hat. Die dazugehörige aufwendig und teuer produzierte Hochglanzbroschüre der Firma will uns veranschaulichen, dass Tiefengeothermie die Lösung ist.
Wünschenswert wäre, Leserbriefschreiber ernstzunehmen und selbst auch einmal zu recherchieren. Einfach einen Leserbrief überfliegen, ohne sich sachlich mit dem Inhalt zu beschäftigen, wäre in Ihrem Falle sinnvoller gewesen.
Tiefengeothermie im Oberrheingraben ist in keiner Weise sinnvoll. Wenn wir nach Insheim oder Landau schauen, müssen wir erkennen, dass Tiefengeothermie im Oberrheingraben (Erdbebenzone) nicht funktionieren kann, da keines der bestehenden Werke ohne Probleme läuft. Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm hat es bei einer Diskussionsveranstaltung am 15. Mai in Plankstadt auf den Punkt gebracht: „Wenn Tiefengeothermie so ungefährlich wäre, wie behauptet, dann dürfte eine Bürgschaft doch kein Problem sein, oder?“ Eine Landesbürgschaft wird aber weiterhin abgelehnt.
Geohardt geht es um Geld, Vulkan Energie um Lithiumabbau und das noch größere Geld. Sollte das Große und Ganze scheitern, dann haftet eine GmbH. Professor Inga Moeck antwortet auf die Frage der Angst vor Grundwasserverseuchung am 25. April: „... was wir fördern, ist heißes Wasser ... weder brennbar noch explosiv ...“. Dazu hat Professor Dr. Thomas Kohl vom KIT eine ganz andere Meinung: „Was da rauskommt, ist eine übelriechende, braune Giftbrühe.“ (Die Rheinpfalz vom 29. August 2013). Bei einer Podiumsdiskussion am 31. Mai der FDP sagte genau dieser Professor auch, „dass sich Schäden nicht vermeiden lassen.“
Jeder sollte Daten und Fakten recherchieren, um sich dann eine eigene Meinung zu bilden. Wir Kritiker haben leider nicht die finanziellen Mittel, um solche Veranstaltungen durchzuführen, wie Geohardt.
Dennoch sind wir sehr dankbar für das Drucken unserer Leserbriefe in voller Länge. Zusätzlich gibt es verschiedene Bürgerinitiativen, welche es ermöglichen dort Informationen zu erhalten. Auch Schwetzinger Bürger haben eine BI gegründet und gehen mit einer eigenen Homepage demnächst online.
Liebe Linh Ngo, Sie schreiben, wir „vergessen die Sachlichkeit der Diskussion“. Bisher haben leider noch keine sachlichen Diskussionen stattgefunden, sondern nur einseitige Veranstaltungen der Firma Geohardt, in der keinerlei Diskussion erlaubt war.
Beate Heid, Schwetzingen
Ebenfalls zum Thema Geothermie wird uns geschrieben:
Die Frage habe ich in den vergangenen Monaten den unterschiedlichsten Wissenschaftlern gestellt, die auf diesem Gebiet tätig sind, und größtenteils bei Veranstaltungen in der Region teilgenommen hatten. Insbesondere hatte ich sie gefragt, ob es bei der Realisation und dem Betrieb vieler Anlagen im Oberrheingraben mit Abständen von fünf bis zehn Kilometer zu einer erhöhten Erdbebengefahr kommen kann, weil sie sich zum Beispiel gegenseitig im Untergrund negativ beeinflussen können. Die Antworten waren ernüchternd: Entweder erhielt ich gar keine Antwort auf eine schriftliche Anfrage, eine ausweichende Antwort, die mit meiner ursprünglichen Frage rein gar nichts zu tun hatte, oder die Antwort, dass es eine Frage ist, welche Risiken der Mensch in Kauf nehmen will, um seinen Energiebedarf zu decken. Und letztlich sei es eher eine gesellschaftspolitische Frage als eine wissenschaftliche.
Politik und Betreiber verweisen in der Regel auf die Wissenschaft beziehungsweise auf Studien von unterschiedlichen Institutionen. Doch wurde tatsächlich schon mal wissenschaftlich untersucht, welche Folgen die vielen Geothermievorhaben im Oberrheingraben haben?
Für mich sind viele Fragen noch ungeklärt. Insbesondere, da unter Schwetzingen und den angrenzenden Gemeinden im Untergrund Störungen und Verwerfungen existieren, die eine Erdbebengefahr bergen. Wenn sich durch viele unterschiedliche Geothermievorhaben die Spannungsverhältnisse im Untergrund wesentlich verändern, möchte ich mir nicht ausmalen, was dies in unserer Region für Folgen haben könnte.
Sind wir als Bürger bereit, dieses Risiko einzugehen, oder gibt es nicht bessere Alternativen zur Tiefengeothermie? In vielen Leserbriefen an die Schwetzinger Zeitung wurden bereits Alternativen aufgeführt.
Ich bin gespannt, welche Alternativen der kommunale Wärmeplan für Schwetzingen beinhaltet, der im Juli der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Eine rege Teilnahme bei der Informationsveranstaltung und späteren Online-Kommentierung der Maßnahmen für die Wärmewende wäre wünschenswert, da es ja um unsere aller Zukunft geht.
Frank Pschihoda, Schwetzingen