Lieber gleich ein größerer Speicher

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Zum Artikel „Lohnt sich Verkauf von Solarstrom?“ in der Ausgabe vom 1. September wird uns geschrieben:

In dem Artikel wird dazu geraten, die Batteriegröße auf Grundlage des jährlichen Stromverbrauches zu dimensionieren (eine Kilowattstunde pro 1000 Kilowattstunden Jahresverbrauch). Als Grund werden die hohen Kosten für einen Speicher angegeben. Das mag in dem einen oder anderen Fall stimmen.

Wir haben seit November 2022 eine Photovoltaikanlage in Betrieb, mit einer installierten Kapazität von 7,8 Kilowatt-Peak. Folgt man den obigen Empfehlungen, sollten die (auch ursprünglich angebotenen) fünf Kilowattstunden reichen, aber wir haben bei der Bestellung der Photovoltaikanlage (nach Bauchgefühl) den Speicher gleich auf zehn Kilowattstunden ausgelegt, das heißt, ein paar Euro mehr investiert. Dass sich das rechnet, zeigt die nachstehende Betrachtung, zu der wir interessehalber tageweise Buch geführt haben – vor und nach der Installation der Anlage.

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Unser durchschnittlicher Tagesverbrauch von Oktober bis März lag bei etwas über 14 Kilowattstunden, sank danach bis Juli auf etwas über zehn Kilowattstunden. Geht man davon aus, dass zwar der Hauptverbrauch infolge von häuslichen Aktivitäten tagsüber stattfindet, aber im Winter die Nächte lang sind – und gerade da kein Strom produziert wird, darf man ruhig einen nächtlichen Stromverbrauch von 40 bis 60 Prozent des Tagesbedarfs annehmen, also mindestens sechs Kilowattstunden. Da ein Speicher aus technischen Gründen nur bis zu einem Stand von fünf Prozent entleert werden darf, hätten wir mit einer Batterie von nominell fünf Kilowattstunden also nur 4,5 Kilowattstunden zur Verfügung – da würde somit nach dem obigen Beispiel der Akku nicht weit reichen.

Realiter hatten wir jedoch auch in der dunklen Jahreszeit an sonnigen Tagen einen Import von null Kilowattstunden. Die mitgelieferte App zeigt obendrein die Verbräuche und den Batteriestand. Daraus ist zu entnehmen, dass der Nachtverbrauch je nach Aktivität (Fernsehen, Computer, Kühl- und Gefrierschränke, Beleuchtung, Heizperiode mit Heißwasserpumpen) zwischen 250 und 550 Watt lag. Zusammen mit der Tatsache, dass an kurzen und trüben Tagen die Batterie ohnehin tagsüber nicht auf 100 Prozent kommt, reicht also eine Kapazität von effektiv 4,5 Kilowattstunden bei weitem nicht. Zu erkennen ist andererseits auch, dass an sonnigen Tagen die fünf Prozent Untergrenze oft gar nicht erreicht wurde – daher also auch kein Import nötig war.

Wie sieht das im Sommer aus? Bereits ab März genügte die Produktion an den meisten Tagen, den Speicher zu 100 Prozent zu füllen, der auch über Nacht nur selten bis auf 5 Prozent sank. Mit einem kleineren Speicher hätten wir jedoch das ganze Frühjahr über schon in den frühen Morgenstunden wieder zukaufen müssen. Erst im sehr sonnigen und damit ertragreichen Juni hätte auch ein kleiner Speicher durchgehend ausgereicht.

Der Tipp der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu den Batterien – „Sie dienen hauptsächlich dazu, einen tagsüber erzeugten Stromüberschuss am Abend, in der Nacht und am nächsten Morgen nutzbar zu machen, bis die Solarstromproduktion von Neuem beginnt“ – ist also in unserem Fall absolut zutreffend.

Wie sieht der finanzielle Aspekt aus? Hier muss man sehen, dass unser Einkaufspreis aktuell bei rund 37 Cent pro Kilowattstunde liegt; für eine verkaufte Kilowattstunde bekommen wir 8,2 Cent pro Kilowattstunde. Unschwer zu erkennen: Jede selbst produzierte Kilowattstunde, die man selbst aus dem Speicher ziehen kann, bedeutet eine Ersparnis gegenüber der zuerst (bei vollem Speicher) verkauften und dann (bei leerem Speicher) wieder bezogenen Kilowattstunde von knapp 30 Cent.

Neben dieser kleinteiligen Betrachtung hier unsere Kosten-Nutzen-Rechnung zur Investition: Der Kostenanteil für unseren Batteriespeicher machte 36 Prozent der Gesamtkosten der Anlage aus. Die App-Daten liefern auch den Anteil Strom, der in der Batterie zwischengespeichert wurde, sowie den gesamten eigenproduzierten Stromverbrauch.

Setzt man das ins Verhältnis, dann beträgt der aus der Batterie gezogene Strom je nach Monat 40 bis 56 Prozent, im Mittel über zehn Monate 47 Prozent. Dieser Anteil an der Ersparnis gegenüber externem Bezug liegt klar über den 36 Prozent Kostenanteil; die Investition in unseren Speicher hat sich demnach auf jeden Fall gelohnt.

Solange die Verbraucherpreise nicht wieder sinken (was ich eher nicht erwarte) und beziehungsweise oder die Einspeisevergütung nicht steigt, und die Preisentwicklung für Batterien weiter nach unten zeigt, ist die Dimensionierung der Speicherkapazität allein auf Basis des Jahresverbrauchs somit nicht wirklich zielführend. Wer sich für Details interessiert, kann mich gerne über die Redaktion kontaktieren.

Rolf Henn, Oftersheim