Leserbriefe Neuer Verein „Warme Stubb“

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Als ich kürzlich in der Friedrich-Ebert-Straße vorbeifuhr und an den Räumlichkeiten des sich in Auflösung befindlichen Vereines „Die Brücke e.V.“ das neue Logo des neu gegründeten Nachfolgevereines „Warme Stubb“ sah, wurde ich schmerzlich an diese wirklich schlimme Erfahrung erinnert. Die Personen im Verein sind wohl zum Großteil die gleichen wie im „alten“ Verein. Wie hieß es so schön auf der letzten Mitgliederversammlung: „Es wird alles so laufen wie immer.“

Das neue Logo ist ein Herz, das von zwei Händen getragen wird. Im Internet unkreativ zu finden unter verschiedenen Vorlagen zu Themen wie „wohltätige Zwecke, Spenden“ et cetera. Ein Herz, welches wohl Emotionalität, Empathie, Mitgefühl und Herzlichkeit suggerieren soll.

Mir hätte es fast übel werden können. Der neue Verein existiert jetzt einfach weiter – mit den Spendengeldern, die in der Vergangenheit für Menschen ohne Obdach gespendet wurden. Der neue Verein soll für einsame Menschen da sein, will sich damit wohl eine Daseinsberechtigung geben. Es ist in der Regel immer die gleiche „Stammkundschaft“, die sich dort ein günstiges Essen gönnt. Zumindest war das in der Vergangenheit so. Die Stadt wird wohl weiter die Miete und die Nebenkosten tragen - man möchte sich ja sozial und engagiert zeigen.

Ich kann mich gut an die letzte Mitgliederversammlung des ehemaligen Vereines „Die Brücke e.V.“ erinnern, bei der die Mitglieder mehrheitlich dafür gestimmt hatten, dass das hohe Vereinsvermögen in den neuen Verein übertragen werden solle. Der Vorstand schien sich mit Händen und Füßen dagegen wehren zu wollen, dass es gemäß damaliger Satzung der Lebenshilfe und dem Verein St. Thomas zugutekäme. Mit fadenscheinigen und manipulativen Argumentationen wurde agiert. Die meisten der Mitglieder konnten sowieso die gesamte – vor allem finanzielle – Historie des Vereines nicht nachvollziehen. Vor mir saßen Essensgäste, die wohl zu Mitgliedern gemacht wurden – und die nicht einmal verstanden, was der Moderator und Sitzungsleiter des Abends von sich gab. Bei den Abstimmungen hoben sie halt die Hände, weil es ja die anderen auch taten. Schlimm. Ein anderes Mitglied hatte sein Hörgerät nicht dabei, verstand also ebenfalls kein Wort an diesem Abend. Sehr schlimm, dass es in unserem Land so einfach ist, viele Menschen zu blenden und meiner Meinung nach massiv hinters Licht zu führen. Abgesegnet durch Kirchen, Stadträte und sonstige „Möchte-gern-Prominenz“. Ich kann es nicht begreifen, wie diese Menschen so unverfroren sein können und das Geld den Menschen, für die das Geld ursprünglich gespendet wurde, vorenthalten können. Man tut eiskalt so, als gäbe es keine Menschen ohne Obdach in Schwetzingen und Umgebung. Hätte dieser Verein ein klein wenig Anstand und die Vereinsvorstände ein klein wenig Charakter, würden sie von sich aus auf das Vereinsvermögen verzichten und es den tatsächlich bedürftigen Menschen zukommen lassen. Denn für diese Menschen war es bestimmt und nicht für einen neuen Verein der „einsamen Herzen“. Empathie? Gerechtigkeitsempfinden? Völlige Fehlanzeige. Man will einfach „Gras über die Sache“ wachsen lassen. Frecher geht es fast nicht mehr.

Was mich persönlich am meisten bei dieser Geschichte schockiert ist aber, wie einfach es scheint, mit wohl mehr oder weniger legalen Mitteln und raffinierten Worten, Spendengelder von einem in einen anderen Verein zu übertragen. Wenn ich hier weiter grüble, finde ich das regelrecht erschreckend. Die Mehrheiten machen es eben aus in einer Demokratie, nicht wahr?

Bitter. In der Tat.

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Von
Raquel Rempp,
Ort
Schwetzingen
Datum

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