Altlußheim. Wie viele Geschosse sollen Gebäude in einem bestimmten Gebiet im Ort haben? Wie hoch darf dort das Dach maximal sein und welche Form soll es haben? Ist es zulässig, in zweiter Reihe – also hinter den Häusern in erster Reihe direkt an einer Straße – zu bauen und falls ja, in welchem Umfang? All das und mehr regeln Kommunen im Bebauungsplan. Gibt es für ein bestimmtes Areal kein solches Regelwerk, ist die entscheidende Frage, ob sich ein Bauvorhaben in die Umgebung einfügt – sprich, ob es in die jeweilige Nachbarschaft passt. Dieses Einfügungsgebot erschien Gemeinderat und Verwaltung in Altlußheim nicht ausreichend, um die Entwicklung des Gebiets zwischen der Wilhelm-Busch-, Friedrich-, Haupt- und Hockenheimer Straße im Sinne der Kommune zu lenken. Deshalb brachten sie für das Quartier einen Bebauungsplan auf den Weg.
Dieser soll allen Hauseigentümern und künftigen Bauherren klare Regeln an die Hand geben und Rechtssicherheit schaffen. Sobald eigens beauftragte Experten einen Entwurf hierfür angefertigt hatten, erfolgte die Offenlage. Dabei konnten Behörden, Versorgungsträger und Bürger Anregungen und Einwände geltend machen. Bei der folgenden Abwägung befand der Rat darüber, ob er den Entwurf entsprechend anpassen oder an der vorhandenen Version festhalten wollte. Da es zu inhaltlichen Änderungen kam, musste der überarbeitete Entwurf nochmals in die Offenlage. Mit den hierbei eingegangenen Stellungnahmen befassten sich die Vertreter von CDU, FWV, Grünen und SPD nun in der Sitzung am Dienstag, in der Daniel Hofmann vom Planungsbüro WSW & Partner die einzelnen Punkte erläuterte.
Das Baurechtsamt hatte lediglich redaktionelle Änderungen vorgeschlagen sowie einige Klarstellungen angeregt. „Etwa, dass beim Abriss eines Hauses in erster Reihe für ein Gebäude in zweiter Reihe weiter Bestandsschutz besteht und dieses nicht ebenfalls abgerissen werden muss“, nannte der Fachmann ein Beispiel. Denn so hätte sich die Regelung interpretieren lassen, dass Voraussetzung für ein Haus in zweiter Reihe stets eines in erster Reihe ist. Damit habe die Gemeinde verhindern wollen, dass in dem Quartier irgendwann nur noch in Gebäude in zweiter Reihe stehen und die erste frei ist.
Experte: Geduldet bedeutet nicht genehmigt
Erneut Thema war das Anwesen Friedrichstraße 11. Die Eigentümer des Gebäudes in zweiter Reihe, einer zur Wohnung ausgebauten früheren Scheune, sahen sich durch die Bestimmungen im angestrebten Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt. Denen zufolge wäre ihr Haus nämlich zu hoch und müsste bei Sanierungsarbeiten zurückgebaut werden. Außerdem waren sie nicht damit einverstanden, dass anstelle der bisher zwei Wohneinheiten in Zukunft nur noch eine zulässig sein soll. Sie verwiesen auf den Bestandsschutz, der auf entsprechenden Genehmigungen beruhe. Dem hielt Hofmann entgegen, den zuständigen Behörden lägen keine Genehmigungen für den Ausbau und die Nutzungsänderung vor, nur eine zurückgezogene Bauvoranfrage. Daher sei das Gebäude in seiner jetzigen Form nicht genehmigt, vielmehr handle es sich um einen geduldeten Rechtsverstoß. Entsprechend gelte der Bestandsschutz nur für die ursprünglich genehmigte Scheune.
Das bedeutet laut Hofmann: Bei Arbeiten, die ausschließlich dem Erhalt dienen, darf das Haus so bleiben, wie es ist. Bei wesentlichen Änderungen der Bausubstanz oder gar einem Neubau müssten dagegen die Vorgaben des Bebauungsplans befolgt werden. Mehr als eine Wohneinheit in zweiter Reihe wolle die Kommune nicht erlauben, damit die Wohndichte im Quartier und in Folge die Verkehrsbelastung nicht überhandnimmt.
Der Bebauungsplan werde der Ordnung und Klarheit dienen, sagte Ursula Kirschner (FWV). Darüber sei ihre Fraktion froh. Christdemokrat Kay Schweikert pflichtete ihr bei, das Regelwerk bedeute zudem Sachlichkeit. Auch seien viele der Vorgaben vor allem für den vorderen Teil der Grundstücke sinnvoll, dennoch könne die CDU-Fraktion dem Regelwerk nicht zustimmen. „Denn was wir im hinteren Bereich machen, ist städtebaulich weder sozial noch ökologisch sinnvoll“, erklärte er.
Eine zweite Wohnung zuzulassen, hätte nichts am Umfang der versiegelten Fläche geändert. Stattdessen werde so verhindert, dass dringend benötigter Wohnraum entsteht. Holger O. Porath (Grüne) betonte, die verschiedenen Aspekte seien in stundenlangen Sitzungen besprochen und abgewogen worden. Der vorliegende Entwurf sei maßvoll. Einen Bebauungsplan für ein schon besiedeltes Gebiet zu erstellen, sei immer eine große Herausforderung, fand Richard Schmitt (SPD). Die Begrenzung auf eine Wohneinheit stelle keine soziale Überlastung dar. „Die Ampel ist auf Grün gestellt: Niemann muss bauen, jeder kann bauen.“
Gegen die Stimmen der CDU-Vertreter beschloss der Rat schließlich den Bebauungsplan als Satzung.
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